Samstag, 22. September 2018
18! - Na und? 82 sind mehr!!!
Die braune Seuche scheint sich unaufhaltsam auszubreiten. 18 % für die AfD, wenn an diesem Sonntag Bundestagswahl wäre. Die Koalitionsparteien der Regierung tun gut daran, ihr Bündnis nicht platzen zu lassen, sonst haben wir den Wirsing-Salat mit brauner Sauce, den 82 % von uns gar nicht wollen.

Und hier, auf blogger.de wettern die ideologisierten Menschenhasser um die Wette, fischen mit markigen Blog-Titeln nach Lesern und warten mit alternativen Fakten auf. Natürlich wähnen sie sich genauso auf der richtigen Seite wie diejenigen, die gegen sie argumentieren.
Sie schreiben scheinbar sachlich, entlarven sich aber selbst, wenn sie sich dann doch nicht mehr bremsen können und ihre wüsten Beschimpfungen heraus rotzen, aber vor allem, wenn sie auf die Frage, was ihnen denn an unserer Demokratie wichtig sei oder ob sie am Ende etwas ganz Anderes wollen, die Antwort schuldig bleiben.

Ich habe Angst vor der dreisten, einschüchternden Gewalt, marodierender Schläger, dicht gefolgt von denen, die sie benutzen, um sich schließlich ihrer zu entledigen, wie auch in der Vergangenheit bereits geschehen, wenn sie ihr Ziel mit Hilfe skrupelloser Finanzriesen erreicht haben.

Was hilft denn gegen diese Angst?
Arsch hoch und Maul aufreißen!
Sich mit allen solidarisieren, die das auch nicht wollen!
Unbedingt zusammenhalten!
Und sich die Haltung der unbedingten Menschlichkeit bewahren,
„Denn alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat.“ (1. Johannes 5,4)

Als ich den Wochenspruch für diese kommende Woche gelesen habe, musste ich zunächst die Nase rümpfen. Wir sind doch nicht in Hogwarts. Mit ein bisschen religiöser Magie, bringt man keinen ideologisch Verirrten zu Verstand und keinen in sich erstarrten Rechtsradikalen in die Defensive. Aber ohne Glaube wird das erst recht nichts. Man muss schon wissen, wo man hin will und wohin nicht. Man muss schon überzeugt davon sein, dass man das rechte Denken überwinden kann, mit Vernunft, Liebe und Vertrauen. Wir sind immer noch 82 %, vergessen wir das nicht!

Und ich glaube fest daran, dass ich kein Opfer linksradikaler Gehirnwäsche bin – höchstens eine in archaische Vorstellungen zurück fallende Religionspsychotikerin, wenn ich sage: Gott ist bestimmt auf unserer Seite!

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Achtzehn ist ja schon irgendwie symptomatisch, denkt man an den ersten und achten Buchstaben.

Andererseits weiß ich nicht mehr, welche Höhenflüge die NPD zu ihren Hochglanzzeiten erreichte, nun, wohl nicht im Bundestag, aber in den verschiedenen Landtagen.
Oder die Republikaner.
Und war das nicht VOR der Maueröffnung?

Abgesehen davon, glaube ich leider nicht an Liebe und Vertrauen in der breiten Masse, insofern bleibt eine gewisse Spannung und Anspannung und vielleicht sogar Angst.
Wobei mich Angst aggressiv macht und mir insofern somit zumindest soweit hilft, dass ich nicht bereit bin nachzugeben.

Alles in Allem ist nicht entscheidend woran wir glauben oder worum wir hoffen, sondern wie wir handeln.
Insofern sehe ich eine deutliche Nähe zur Weimarer Republik und es liegt an jedem Einzelnen, ob sich Geschichte unter anderem Namen wiederholt.

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Ja, auf unsere Handlungen kommt es an,
da hast Du vollkommen Recht. Und der Vergleich mit der Weimarer Zeit ist beängstigend angemessen. Der Unterschied besteht m.E. darin, dass unsere Generation sich in der Schule gründlich mit den Schrecken der Nazizeit und ihren Ursachen auseinandersetzen musste, das bringt eine andere Wachsamkeit und eine entschiedenere Haltung mit sich. Man mus nicht einfach nur abwarten und glauben, dass die von allein wieder verschwinden oder dass die Politiker im deutschen Bundestag es schon richten. Aber auf gar keinen Fall darf man wie die Schlange vor dem Kaninchen kapitulieren, sich nicht von der Angst lähmen lassen. Wut kann ja ein guter Ansporn sein, sich denen entgegen zu stellen, solange das Gehirn eingeschaltet bleibt, aber da mache ich mir bei Dir keine Sorgen. Ein bisschen Empathie hilft aber auch. So mancher, der unbedacht rechte Parolen raushaut, ist leicht vom Gegenteil zu überzeugen, sind nicht alle vollkommen ideologisiert, nicht einmal 18 Prozent. Ja klar, und die Zahlensymbolik ist mir auch aufgefallen. Als alte Mystikerin sehe ich hier, sie sind mit dem Teufel im Bunde, har har har ;-)
Also sage ich doch, Gott ist auf unsrerer Seite.

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Der Unterschied besteht m.E. darin, dass unsere Generation sich in der Schule gründlich mit den Schrecken der Nazizeit und ihren Ursachen auseinandersetzen musste, das bringt eine andere Wachsamkeit und eine entschiedenere Haltung mit sich.

Alles eine Frage der Dosis. Meine Geschwister-Scholl-Schule hat das seinerzeit mit dem NS-Gedenken derart auf die Spitze getrieben, dass sich einige Mitschüler grad aus Trotz und Provokation Richtung rechts radikalisierten. Dem glaubte man dann mit noch mehr Informationsveranstaltungen und Projekttagen beikommen zu müssen, was nur den Effekt hatte, dass auch die linksliberale Mehrheit von dem Thema irgendwann die Schnauze gestrichen voll hatte - und der harte Kern der Rechten war damit sowieso nicht mehr zu erreichen.

Will sagen, ein Allheilmittel war und ist diese Gedenkkultur auch nicht. Aber wenn ich höre, dass dieser Themenkomplex in der Schule heute nur noch hinter ferner liefen behandelt wird, finde ich das schon bedenklich.

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@ Mark
Über Ihren Kommentar habe ich gestern noch eine Weile nachgedacht. Als ich in der Oberstufe war - Mitte der 80er - haben wir als SV-AG mit den Geschichts- und Sowi-Lehrerinnen und -Lehrern unserer Schule eine Veranstaltung zum 40. Jahrestages des Kriegsendes auf die Beine gestellt. Wir haben die Filme "Die Entnazifizierung auf dem Papier" und "Wotans Erben" gezeigt und anschließend mit den 8. - 10. Klassen diskutiert. Dort fiel genau dieses Argument: "Wir können es nicht mehr hören, irgendwann muss doch mal gut sein, wir haben das doch damals nicht gemacht usw."
Die Geschichtslehrerin stellte nach der Diskussion erschüttert fest, dass die Jugendlichen großkotzig verlautbarten, gründlich informiert zu sein, sich dabei aber durch erschreckende Unwissenheit auszeichneten.

In meiner Klasse dagegen - ich betone, das waren weder Linke, noch Antifaschisten, noch besonders politisch interessierte, mehr so spießige Bürgersöhnchen und -Töchterchen - gab es nie solche Bemerkungen, da herrschte Betroffenheit, eine gewisse Neugier und eine große Klarheit beim Thema Hitlerfaschismus und der Haltung, dass so etwas niemals wieder passieren darf.

Ich glaube nicht, dass es an einer zu großer Dosis liegt, denn wir wurden so intensiv mit dieser Geschichte konfrontiert, dass ich noch heute das Gefühl habe, selbst dabei gewesen zu sein. Es könnte an den Methoden liegen, vielleicht hatten wir einfach großes Glück mit unseren Geschichtslehrern. Die waren klar, aber kein bisschen moralinsauer oder betroffenheitsheischend. Ist ja bei dem Thema auch nicht nötig, war ja alles mehr als schrecklich.

Und vielleicht hatte es auch gar nichts mit der Schule zu tun, sondern mit den ersten Anzeichen einer zunehmend in Dekadenz versinkenden Gesellschaft, in der jeder für sich allein kämpft und am Ende für sich allein stirbt. Empathie stört da nur, genauso wie schwierige und düstere Themen. Symptomatisch finde ich dafür die sogenannte Neue Deutsche Welle, ursprünglich ein zufälliger Durchbruch interessanter, deutschsprachiger Musiker (Ideal, BAP, Joachim Witt...), was dann aber schnell umschlug in Blödel-Party-Hits auf après Ski- oder Ballerman-Niveau, der Gipfel war dann der Rasersong "Ich will Spaß" - der war ein Sprachrohr der neuen Generation.

Die Ursachen für die Radikalisierung von jungen Menschen sind so vielschichtig, es gibt da wohl nicht die eine Erklärung, so dass man einfach nur an der richtigen Stellle den Hebel ansetzen muss. Wenn man Glück hat, findet man heraus, wo das Problem liegt und kann dagegen halten. Wenn man Pech hat, werden unheilbare Orks aus ihnen. Beten und hoffen wir, dass wir überwiegend Glück haben.

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Guter Punkt,
die Darreichungsform ist mindestens genauso entscheidend wie die Dosis. Wobei ich unseren Lehrern - gerade den engagierteren unter ihnen - diesbezüglich kaum Defizite vorwerfen kann. Es ist halt so, wie der Publizist Johannes Gross in jenen Jahren zu Recht festgestellt hatte, dass mit jedem Jahr Abstand zum Kriegsende der Widerstand gegen das Dritte Reich wächst. Sprich, diese ganze Gedenkkiste war schon so durchritualisiert, selbst den Minderbemitteltsten unter den Mitschülern war immer klar, was an Antworten und Reaktionen erwartet wird. Von daher war es für manchen kritischen Geist eigentlich ein ziemlicher no-brainer, mit der Herde unreflektiert blökend auf der vermeintlich richtigen Seite zu stehen, wo es einen nichts kostet.

Ich will meine schulischen Erfahrungen aber nicht übergeneralisieren, meine Gesamtschule war - gerade auch im Vergleich zu den traditionelleren Innenstadt-Gymnasien - schon ein recht spezielles Biotop, in dem ziemlich linksstehende Leute von SDAJ bis hin zu bekennenden Marxisten-Leninisten den Ton angaben. Das mag Radikalisierungstendenzen am anderen Ende des Spektrums mitbegünstigt haben.

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Ich bin mir sicher, dass es eine zu hohe Dosis gibt, die genau das Gegenteil von dem erreicht, was das eigentliche Ziel ist. Ich finde es bezeichnend, dass es in Ostdeutschland mehr Nazis als in Westdeutschland gibt. Antifaschismus stand im Osten auf dem Lehrplan und wurde darüber hinaus ständig und überall verkündet. Als ich in der zehnten Klasse eine Klassenreise nach Berlin machte und dort dann das erste Mal in Ostberlin war, fielen mir die vielen Gedenktafeln auf, auf denen antifaschistischen Kämpfern gedacht wurde. Nach einer Weile wirkte dies auf mich befremdend, denn irgendwann las man die Tafeln überhaupt nicht mehr und es trat somit das Gegenteil der Intention ein, die Menschen auf Etwas aufmerksam zu machen.

Ich bin eine große Anhängerin der Stolpersteine und ich bleibe sehr oft stehen, um deren Inschrift zu lesen. Im wahrsten Sinne des Wortes „stolpert“ man über die Steine. Und dies liegt meines Erachtens gerade daran, dass man eben nicht damit überflutet somit regelrecht zum Lesen gezwungen wird.

Eine zu hohe Dosis hat oftmals eine Abwehrreaktion zur Folge. Und gerade Jugendliche wehren sich gegen das, was ihnen als Norm aufgedrängt wird.

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@behrens
Da gebe ich Ihnen Recht, was den Widerstand Jugendlicher gegen Anordnungen zum Denken betrifft. Kann sein, dass es in der DDR zu viel verordneten Antifaschismus gab. Ich vermute aber auch, dass es zu platt rübergebracht wurde. Kritisches und eigenständiges Denken war ja nicht erwünscht. Die Menschen wurden im Totalitarismus erzogen. Und von einigen Eliten abgesehen war der Bildungssektor in der DDR ja auch nicht so hilfreich. Allein, dass es so Herausforderungs-reduzierte Berufe gab wie beispielsweise Traktorist - das machten im Westen schon Sechsjährige.
Wenn das Thema fesselnd erzählt wird, wenn eine echte Auseinandersetzung mit der Frage stattfindet: Wie hätte ich mich in der Situation verhalten? Was hat die Menschen dazu gebracht, sich in so ein verbrecherisches System einzufügen usw., dann bleibt es auch spannend, wenn das Thema immer wieder auf den Tisch kommt. Aber das plumpe Eintrichtern von formelhaften "Wahrheiten" führt unweigerlich zu Abwehr und Zuwendung zum Gegenteil.
Na ja und dann kommt im Osten vielleicht noch dazu, dass es da eh kaum Menschen mit Migrationshintergrund gibt und in solchen Gegenden sind die Ängste erfahrungsgemäß größer, weil man fürchtet, was unbekannt ist und dann kommt noch dazu, dass es Gegenden in dieser Welt gibt, die traditionell etwas konservativer und fremdenfeindlicher sind als andere.

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