Mittwoch, 8. Mai 2024
Kurz vorm Abflug
Assoziieren Sie einmal zu den 5 folgen Begriffen:

Zeugen, empfangen, Geist, heilig, Kraft. Etwa so:

Zeugen:
sehen, hören, berichten, aussagen, Wahrheit, Beweis, Ehrlichkeit, Mut, Anklage, Verteidigung, Zeugnis, Zeitzeugen, der letzte Zeuge, Zeugenstand

empfangen:
bekommen, kriegen, aufnehmen, Schwangerschaft, Geschenk, eindringen, annehmen, bereit sein, auf Empfang, Aufmerksamkeit, Wertschätzung.

Geist:
Seele, Gefühle, Kopf, Verstand, Intelligenz, Gespenst, Körperlosigkeit, Leichtigkeit, unfassbar, allgegenwärtig, Licht, Luft, wehen, Hauch.

Heilig:
göttlich, wertvoll, wichtig, bedeutsam, Engel, Segen, Salbung, Rituale, Kraftorte, Tempel, Baum, Hain, Steine, Öl, Weihrauch, Allerheiligen, Verehrung, Devotionalien, Reliquien, Würde, Respekt

Kraft:
Stärke, Macht, Energie, Muskeln, Geistkraft, Bewegung, Wirkung, Leben, Gesundheit

"Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein." Apostelgeschichte 1,8

Diese Worte hat Jesus laut der Apostelgeschichte zu seinen Jüngern gesprochen, kurz bevor er vor ihren Augen verschwand. Mich interessiert nicht, ob sich diese Situation tatsächlich so ereignet hat, sondern vielmehr, worin die theologische Intention der Erzählung besteht.

Der Anführer lässt die wenig selbstbewussten Freunde zurück und muntert sie auf: Ihr werdet auch ohne mich klarkommen, denn ihr werdet von einem Geist erfasst, der euch innere Stärke verleiht und dann werdet ihr das, was ich euch erklärt habe weiter tragen und überall erzählen, was ihr mit mir erlebt habt, so bleibe ich dann für immer bei euch.

Wie es sich wohl anfühlt, wenn man von diesem Geist ergriffen wird? Was löst das aus? In alten Zeiten glaubten Menschen, dass dieser göttliche Geist geradezu Zauberkräfte verleiht: Man konnte dann böse Geister austreiben, Krankheiten heilen, sogar Tote zurück ins Leben holen.
Vernunftbegabte, moderne Menschen glauben so etwas nicht. Also steckt nichts für uns in diesem Bild?

Vielleicht doch. Es gibt Situationen, die sich so anfühlen, als wenn auf einmal eine besondere Energie Besitz von einem ergreift. Man fängt deswegen nicht an, verrückt zu spielen, man ist nur besonders angerührt. So etwas passiert zum Beispiel in Gemeinschaft, bei Naturerfahrungen oder in der Meditation. Und das verleiht Stärke, Mut und Selbstwirksamkeit. Man hat dann das Potential, über sich hinauszuwachsen, zumindest für einen Augenblick.

Ich denke dass jede:r der/die bereit ist, das zuzulassen, das hin und wieder erleben wird.

Genießen Sie den Feiertag :-)

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Samstag, 13. April 2024
Vater Abraham hat keine Söhne
Kennen Sie „A Handmaids Tale“ (Der Report der Magd) von Margaret Atwood? Dienerinnen empfangen und gebären Kinder von ihrem Herren und liegen dabei im Schoß der Herrin, damit es deren legitimes Kind ist, weil die Herrin nicht selbst gebären kann oder will. Eine ekelhafte Dystopie, die ihre Wurzeln vielleicht in der folgenden Geschichte hat:
https://www.bibleserver.com/LUT/1.Mose16%2C1-16
Schauen wir einmal hin: Sarai wird einfach nicht schwanger und in ihrer Verzweiflung wählt sie für ihren Mann eine Zweitfrau aus, die für sie beide ein Kind zur Welt bringen soll.
Vielleicht hat sie Angst wegen ihrer Kinderlosigkeit verstoßen zu werden oder sie erträgt es nicht, dass sie ihrem Mann seinen sehnlichsten Herzenswunsch nicht erfüllen kann oder sie fürchtet sich davor selbst ohne Nachkommen zu bleiben, denn das galt in der jüdischen Tradition als Verurteilung zum ewigen Tod.
Zweifelsohne nutzt sie ihre Machtposition aus, die Magd hat keine Wahl, muss sich den Anordnungen fügen, das wird umso deutlicher in dem Ausspruch Abrams: Sie ist deine Magd, du bist ihre Herrin, mach mit ihr was du willst. Wie ekelhaft.

Der Plan geht auf und die Dienerin wird schwanger. Doch nun geschieht etwas außerplanmäßiges: Die Schwangere wird sich ihrerseits ihrer Macht aufgrund der veränderten Umstände bewusst. Sie ist die Fruchtbare, die den Stammbaum Abrams errichtet, ihre Herrin wird zur Nebendarstellerin und sie kann es sich nicht verkneifen, ihren Triumph sichtbar auszukosten.

Aber hier ist der Konkurrenzkampf noch nicht zu Ende. Sarai zieht andere Saiten auf, noch ist sie hier die Herrin und sie verlangt von Abram, dass er ordnend eingreift. Der wiederum wünscht nicht mit solchen Frauenangelegenheiten behelligt zu werden und erlaubt seiner Gattin, mit der Sklavin zu verfahren wie es ihr gefällt. Sie beginnt, sie zu demütigen. Vermutlich hat sie ihr die unangenehmsten Arbeiten zugewiesen, sie beleidigt, verhöhnt und mit Strafe gedroht, wenn sie wieder frech wird.
Niemand hält so etwas lange aus, also ergreift Hagar die Flucht.

Doch an einem Brunnen in der Wüste spricht ein Engel zu der mehrfach gedemütigten, verheißt ihr einen Sohn, der es allen zeigen und sich von niemandem auf seinen Platz verweisen lassen wird. Ein Sohn mit zahlreichen Nachkommen, Ruhm und Ehre für die gedemütigte Hagar.
Aber der Engel übt auch Kritik: Sie hat die Eskalation provoziert. Sie wurde ausgenutzt, aber das gibt ihr nicht das Recht ebenfalls zu verletzen und zu demütigen. Sie soll zurückkehren, sich entschuldigen, sich unterordnen. Sie ist nicht beleidigt oder wütend, sie beschließt es so zu sehen, dass sie bei allen Erniedrigungen und Ausgrenzungen, die sie in ihrem Leben erfahren haben mag, von einem niemals übersehen wird: von dem Gott, zu dem auch Abram und Sarai beten.

Hagar kehrt zurück in der Gewissheit, dass ihre Stunde kommen wird. Ob wirklich jemand mit ihr ein Gespräch geführt hat, vielleicht, weil er sie allein und weinend an dem Brunnen angetroffen hat, oder ob sie sich das Ganze gründlich durch den Kopf gehen ließ und die Entscheidung traf, es noch einmal zu versuchen, ist dabei nicht so wichtig. Die Demütigungen und Konflikte haben sich später wiederholt und am Ende floh sie mit ihrem zwölfjährigen Sohn, um sich an einem anderen Ort mit ihm gemeinsam eine Existenz aufzubauen. Eine zweite Vertreibung aber auch eine Erfolgsgeschichte.

Was ich aus dieser Geschichte filtere, ist die ausgleichende Gerechtigkeit, die das Leben so oft bereit hält, ganz egal, welche Entscheidungen einzelne Menschen treffen, dass Geduld sich lohnt und dass es immer besser ist, Konflikte nicht zu provozieren und erst recht nicht, sie eskalieren zu lassen.
Aber auch, dass von Menschen erdachte Hierarchien dem Leben und dem Lauf der Welt egal sind. Sie bedeuten gar nichts. Es ist wichtig, in Übereinstimmung mit den eigenen Werten zu leben, das zu tun, was einem möglich ist und das möglichst gut. Alles andere findet sich.

Darüber hinaus sollte man weiterhin gegen Unrecht aufbegehren, sich gegen Unterdrückung wehren, für Schwache eintreten und Despoten vom Thron stoßen – vorausgesetzt, man ist dazu in der Lage und es handelt sich um den passenden Zeitpunkt.

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Freitag, 5. April 2024
Gehirn bitte einschalten!
Verschwörungstheorien, Fake News, alternative Fakten…
Wollen Sie das? Sicher nicht. Der Jünger Thomas in der folgenden Geschichte, hielt auch nichts von manipulierten Wahrheiten:

https://www.bibleserver.com/NG%C3%9C/Johannes20%2C19-29

Eigentlich ein grundsympathischer Mann. Er hält sich an Fakten, nicht an Wunschträume. Er will sich nicht hinters Licht führen lassen. Seine Freunde hält er für naive Spinner, die die Realität nicht ertragen und sich deshalb ausdenken, dass Jesus auferstanden ist.

Dann liefert Jesus selbst den notwendigen Beweis, um ihn von der Tatsache zu überzeugen, dass er ins Leben zurück gefunden hat. Er zeigt ihm die kürzlich erlittenen Wunden wie einen Stempel im Pass. Jetzt ist auch Thomas überzeugt.

Jesus begrüßt das, fände es aber besser, wenn der Beweis nicht nötig gewesen wäre. Warum? Sollen wir alle blindgläubige Schafe werden, die dem Ruf des Herrn folgen und unsere Lebensrealität ausblenden?

Wohl kaum.

Ich gehe einmal von einer gänzlich anderen Prämisse aus: Jesus von Nazareth ist am Kreuz gestorben und das war's. Keine Reanimation. Tot und begraben, möglicherweise wurde der Leichnam verschleppt, von wem und warum auch immer. Und dann taucht da einer auf, der die Wunden Jesu sichtbar am Körper trägt, der sagt: ich bin's, macht weiter so wie ich es euch beigebracht habe.

Es ist der Geist Jesu auf den es ankommt, seine Haltung, die Essenz seines Handelns. Ob sein Körper wieder stoffwechselt ist dabei irrelevant.

Und Thomas soll nun glauben ohne Beweis? Ja, das soll er. Vielleicht nicht an einen atmenden, mit lauter Stimme sprechenden, auferstandenen Jesus von Nazareth, aber sicher daran, dass er sich von den jüngsten Ereignissen nicht entmutigen lassen soll, dass dieser Geist Jesu nicht totzukriegen ist, dass er sich für ihn öffnen muss, damit er ihn erfüllen und durch ihn wirken kann.

Und dann fällt es auch in unserer Zeit leicht zu sagen: Glücklich ist, wer auch ohne sichtbare Beweise daran glaubt, dass in jedem Menschen etwas Gutes steckt, dass es die Mühe wert ist, danach zu suchen und es ans Licht zu holen, auch wenn man selbst noch keine bemerkenswerte Geschichte erlebt hat, in der genau das passiert ist.

Genießen Sie die Osterzeit und lassen Sie sich von ihr inspirieren!

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