Sonntag, 25. März 2018
Heute faste ich Beschwerden
Die heutige Tageslosung steht in Psalm 106,2:

"Wer kann die großen Taten des Herrn alle erzählen und sein Lob genug verkündigen?"

Mein erster Gedanke: Ich nicht! Mir fällt nur die ganze Scheiße um mich herum ein, wie in meinem Klagepsalm der letzten Woche deutlich beschrieben.

Aber immer nur an das zu denken, das nicht gut ist, das hilft einem ja nicht, das zieht einen nur runter. Klar, bevor man gegen etwas kämpft, muss man es benennen. Aber wenn man keine Kraft zum kämpfen mehr hat, nützt einem das Lamentieren auch nichts, außer zur Triebabfuhr.

Darum orientiere ich mich heute an dem Vollblutagnostiker Hans-Magnus Enzensberger und seinem Gedicht "Empfänger unbekannt" und sammle mal, was ich zu den großen Taten des Herrn zähle:

Meine Katze ist schon 14 1/2 Jahre alt geworden und lebt immer noch zufrieden und voll Genuss.

Im Garten wuchert die bizarre Weide seit einer gefühlten Ewigkeit und auch der Rosmarin und der Kalamata-Salbei haben schon etliche Winterfröste überlebt.

An den Futtersäckchen geben sich Amseln, Stare, Spatzen, Meisen und der Specht die Klinke in die Hand. Und eben habe ich endlich einmal wieder eine Bachstelze entdeckt, vielleicht kommen die ja zurück.

Der Bussard verschont unsere Hühner und wenn er sich doch einmal traut, dann kommen die Krähen, die schwarzen Sherrifs, und retten die federfüßigen Zwerge.

Mein Kind ist erwachsen, psychisch gesund und studiert etwas Geisteswissenschaftliches, obwohl es so eine durchgeknallte Mutter hat.

Und mein Gatte erträgt mich schon so lange und läuft nicht weg, obwohl ich doch eine Furie bin.

Die neugeborenen Lämmer springen mit den Nachbarskindern über die Weide.

Ich lebe noch, obwohl ich schon als Kind von einem Auto zu Klump gefahren wurde und als junge Mutter meinen linken Rectus Abdominis eingebüßt habe.

Es gibt Kräutertees, die Erkältungsbeschwerden lindern.

Jemand erfand das Klavier und jetzt steht eins davon in unserem Wohnzimmer und lässt sich wunderbare Melodien entlocken.

Nach jedem Winter wird es wieder Frühling.

Der englische Spätkrimi gestern Abend war ganz nach meinem Geschmack.

Ich habe drei Wochen Urlaub vor mir, lauter selbst bestimmte Zeit, zumindest fast.

Bei "Maria Magdalena", dem schlimmsten Bibelfilm aller Zeiten, mit einem unsäglichen Joaquin Phoenix als Jesus, hatte ich mit meiner Tochter das ganze Kino für mich alleine und konnte während des Films nach Herzenslust ablästern und Witze reißen.

Der schöne rauchige Whisky im Schnapsladen meines Vertrauens ist gar nicht mal teuer.

Ich durfte heute zum ersten Mal nach einem langen Winter in der Sonne auf der Terrasse liegen und lesen, eine Wolldecke schütz mich vor dem immer noch kühlen Wind und die warmen, hellen Sonnenstrahlen wecken meine schlafende Lebensfreude langsam wieder auf.
Und wenn ich in den kommenden Tagen Zeit finde, dann werde ich diese Liste weiter ergänzen. Also immer schön runterscrollen ;-)

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Sonntag, 18. März 2018
Psalm 151 - Hilferuf einer Bedrohten.
Ein Psalm Tines, vorzusingen beim Saitenspiel zur Melodie von „The Times They Are A Changin“

Hilf mir, mein Gott und schaffe mir Recht.
Hör mein Gebet, denn mir geht es schlecht.
Ach unsere Welt ist gar nicht gerecht.
Unsre Feinde, sie werden stärker.
Voll Verzweiflung schreit ein Menschengeschlecht:
Befreie uns aus diesem Kerker!
SELA

Die Profite werden privatisiert,
doch die Masse zahlt, wenn der Reiche verliert.
Vor dem Nahverkehrschaos wird kapituliert.
Immer mehr Autos gehen auf Reisen.
Denn nur in die Schnellbahnen wird investiert,
null Service bei wuchernden Preisen.

Der Postmann, die Postfrau, die hetzten sich ab,
Trotz Hungerlohn schuften die sich ins Grab.
Doch wo ist der Brief, den ich abgeschickt hab?
Die Manager nicht zu erreichen.
Im Callcenter speist der Gestresste mich ab,
und von dir kommt nicht mal ein Zeichen.

Konzerne fusionieren zum Monopol.
Welche Behörde verhindert das wohl?
Na keine natürlich, ist längst alles hohl,
fruchtbares Saatgut verfeuert.
Keine eigenen Samen, vom eigenen Kohl,
nur Monsanto schlecht und überteuert
SELA

Fachkräfte herein, Analphabeten raus.
Wir picken uns gern die Rosinen heraus.
Wer gibt schon gern Geld für die Ausbildung aus?
Gibt doch genug billige Kräfte.
Wer nicht schon perfekt ist, den schickt man nach Haus.
Wir brauchen nur kräftige Knechte.

Der Reichtum der Reichen wächst und gedeiht.
Die Schmarotzer sind doch nicht zum Teilen bereit.
Eine Bürgerversicherung wäre gescheit,
doch sie wehr’n sich mit Zähnen und Klauen.
Wenn ein Reicher von Recht und Freiheit schreit,
gibt es keinen Grund, ihm zu vertrauen.

Häusliche Pflege ist gar nicht mehr drin.
Neben der Arbeit kriegt niemand das hin.
Ein Heimplatz ist teuer, die Zustände schlimm,
miese Löhne für Pflegeberufe.
Wird man alt und gebrechlich ist die Würde dahin,
bist kein Mensch mehr, bist nur Pflegestufe.

Und Eltern von Babys die leben wie Vieh:
nach einem Jahr schon wieder in den Betrieb.
Das Kind in die Kita, alles für den Profit,
obwohl die Plätze doch fehlen.
Das Wohl unsrer Kinder ist denen Schnurzpiep,
die scheißen auf ihre Seelen.

Die Wirtschaft boomt, es kommt Geld genug rein,
doch es reicht kaum zum Leben, wie kann das nur sein?
Wo doch alle malochen, bilden fort, zahlen ein,
Altersrente rutscht in weite Ferne.
Demografischer Wandel, damit seift man uns ein,
doch die Beiträge kassiert man gerne.

Politiker kriegen nichts auf die Kette,
nur leeres Gerede doch keine Konzepte,
stattdessen Parolen voll Volkswichs und Hetze,
legen Feuer und finden kein Wasser.
Fördern Schwätzer und mobben Fachkompetente,
züchten Dumpfbacken und Menschenhasser.

Hirnlose prangern die Flüchtlinge an,
die als Gast dem Gastgeber Gewalt angetan,
doch was geht die Gewalt in der Ferne sie an
kaufen Wohlstand auf Kosten von Leuten,
denen sie Waffen verkaufen, die sie ganz ohne Scham
vertreiben, betrügen, ausbeuten.

Die Pharma-Lobby macht uns alle krank,
denn Kranke Menschen die sind ihre Bank,
Hoffnung bei Brustkrebs, Methadon sei Dank
auf Leben und hohe Heilungsquoten.
Zu billig das Mittel, also ab in den Schrank
und den Ärzten die Behandlung verboten.

Die Autoindustrie verpestet die Luft,
die Schäden zahlen wir, der Gewinn, der verpufft
in den Managertaschen, trotz erwies‘nen Betrugs
und dafür stehn sie nicht einmal gerade.
Wieder trägt die Gemeinschaft den Schaden, die Krux
und die Politik findet‘s nur schade.

Und die Ausgebeuteten zeigen wie eh
mit dem stinkenden Finger auf die Schwächsten im System
und sie woll’n das Gesicht ihres Feindes nicht seh’n,
denn der wahre Feind ist zu schrecklich.
Ja des Kapitals Fratze ist gar nicht mal schön
und die Angst davor ist zu mächtig.

Jetzt mach was, Schöpfer, hilf uns, greif ein.
Dass das immer so weiter geht, kann doch nicht sein.
Wir könnten versuchen, uns selbst zu befrei’n,
doch du weißt doch, wie das meistens endet.
Das Ruder rumreißen kannst nur du allein,
wenn du’s lässt hast du alles verschwendet.

Errette mich, Gott, vor meinem Feind.
Schütze mich vor dem Gegner und mach ihn ein.
Hilf der Menschheit, dass sie sich wieder vereint,
dass sie aufwacht, sich wehrt und gewinnt.
Hör auf mein Gebet, du weiß wie ich’s gemeint,
denn auch ich bin doch schließlich dein Kind.
AMEN

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Sonntag, 11. März 2018
Kleine Anmaßung
Selig sind die Großzügigen, die nicht alles aufrechnen, sie werden leicht wie Federn sein.

Selig sind die Einfühlsamen, die andere tragen und trösten, sie werden auch getragen und getröstet werden.

Selig sind die Bescheidenen, die nicht mehr beanspruchen, als sie benötigen, sie werden keinen Mangel leiden.

Selig sind die, die auch in der wütendsten Bestie ein von Gott geliebtes Leben erkennen, sie werden ewigen Frieden haben.

Selig sind die, die voll Dankbarkeit und Wertschätzung empfangen können. Sie werden immer beschenkt werden.

Selig sind die, die eigenverantwortlich mit ihren Kräften haushalten können. Sie werden lange durchhalten und großen Dank empfangen.

Ergänzungen sind willkommen.

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