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Montag, 20. August 2018
Jenseits von Eden – Versuch eines Online-Bibliologs
c. fabry, 16:15h
Der Bibliolog ist eigentlich eine Methode, sich gemeinsam einen Bibeltext zu erschließen, bei der man im Kreis sitzt, in die Geschichte eingeführt wird, dann beginnt die anleitende Person, den Text zu lesen, stoppt an einer Stelle und fordert die Anwesenden auf, zu einer bestimmten Person aus der Geschichte zu werden, sich also wie ein Schauspieler einzufühlen. Dieser Person wird eine Frage gestellt, wem dazu eine Antwort einfällt, der äußert sie. Das genaue Prozedere will ich Euch ersparen, aber ich bitte darum, auf die Fragen in den Kommentaren zu antworten, falls Euch etwas einfällt und Ihr Lust habt auf dieses Experiment. Es handelt sich übrigens um den Predigttext für den kommenden Sonntag, er steht im 1. Buch Mose (Genesis), Kapitel 4, Verse 1-16.
Hinführung:
Wir befinden uns am Anfang der biblischen Geschichtsschreibung, die, wie wir alle wissen, auf eine über Jahrtausende mündlich überlieferte Mythologie zurückgeht und nicht auf historische Fakten. Aber es geht immer um allgemeine, menschliche Erfahrungen, die sich unabhängig von Zeit und Kultur sehr ähnlich anfühlen.
Zum ersten Mal haben Menschen sich aus der Verbindung mit Gott gelöst, sind ihrem eigenen Willen, ihrer Neugier gefolgt, statt einfach blind zu vertrauen. Das hatte zur Konsequenz, dass sie aus der paradiesischen, unschuldigen Unwissenheit, dem ohne Last in den Tag hinein Leben für immer vertrieben wurden, sie müssen sich nun den Härten des Lebens stellen: Arbeit, Schweiß, Hunger, Durst, Schmerz, Angst und schließlich dem Tod. Aber sie sind auch erwachsen und in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und durch den Tod wird es sinnvoll, sich zu vermehren, weil die Alten ja immer Platz machen für die nachrückenden Generationen. In dieser rauen Welt, in der es nichts gibt als das Leben und die Natur, aber kaum Zivilisation, spielt unsere Geschichte, vielleicht in der Jungsteinzeit. Stellt Euch vor, ihr befindet Euch an einem Ort mit mediterranem bis subtropischem Klima, mit viel Mühe gelingt es, Getreide, Gemüse und Obst anzubauen, aber von allein wächst nicht viel. Es ist gelungen ein paar Schafe oder Ziegen zu domestizieren und sich ihre Wolle, ihre Milch und ihr Fleisch zunutze zu machen. Das Leben ist hart.
1 Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann gewonnen mithilfe des HERRN.
2 Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann.
1. Frage: Du bist Abel. Warum bist du Schäfer geworden und nicht Bauer wie dein Bruder?
3 Es begab sich aber nach etlicher Zeit, dass Kain dem HERRN Opfer brachte von den Früchten des Feldes.
4 Und auch Abel brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer,
5 aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain sehr und senkte finster seinen Blick.
2. Frage: Du bist Kain. Du hast hart gearbeitet und opferst deinem Gott von deinen Erträgen, genauso wie dein Bruder Abel. Abel wird geliebt von Gott, du spürst dass er dir seine Gnade verweigert. Wie kommst du darauf?
6 Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick?
7 Ist's nicht so: Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie.
3. Frage: Du bist Kain: Was würdest du Gott jetzt am liebsten antworten?
8 Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns aufs Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.
9 Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein?
10 Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.
4. Frage: Du bist das Blut Abels Wenn du eine Stimme hättest, was würdest du schreien?
11 Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen.
12 Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden.
13 Kain aber sprach zu dem HERRN: Meine Strafe ist zu schwer, als dass ich sie tragen könnte.
14 Siehe, du treibst mich heute vom Acker, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen und muss unstet und flüchtig sein auf Erden. So wird mir's gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet.
15 Aber der HERR sprach zu ihm: Nein, sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der HERR machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.
16 So ging Kain hinweg von dem Angesicht des HERRN und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.
Verlasst jetzt diesen Ort des Schreckens und kehrt zurück in Euer Leben. Kain erhielt keine Todesstrafe, ganz im Gegenteil, er wurde bis an sein Lebensende von Gott beschützt und hinterließ zahlreiche Nachkommen, die laut Bibel dann allerdings alle bei der Sintflut draufgingen. Vielleicht ist diese Geschichte als Appell an Eltern bösartiger Kinder gemeint, ihre Kinder nicht von sich zu stoßen sondern sich ihre eigene Verantwortung für deren Fehlverhalten bewusst zu machen, denn Kain wurde ja nur böse, weil Gott ihm die Gnade verweigerte.
Zu jeder Frage gibt es einen Kommentar, unter dem dann die jeweiligen Antworten gesammelt werden können.
Hinführung:
Wir befinden uns am Anfang der biblischen Geschichtsschreibung, die, wie wir alle wissen, auf eine über Jahrtausende mündlich überlieferte Mythologie zurückgeht und nicht auf historische Fakten. Aber es geht immer um allgemeine, menschliche Erfahrungen, die sich unabhängig von Zeit und Kultur sehr ähnlich anfühlen.
Zum ersten Mal haben Menschen sich aus der Verbindung mit Gott gelöst, sind ihrem eigenen Willen, ihrer Neugier gefolgt, statt einfach blind zu vertrauen. Das hatte zur Konsequenz, dass sie aus der paradiesischen, unschuldigen Unwissenheit, dem ohne Last in den Tag hinein Leben für immer vertrieben wurden, sie müssen sich nun den Härten des Lebens stellen: Arbeit, Schweiß, Hunger, Durst, Schmerz, Angst und schließlich dem Tod. Aber sie sind auch erwachsen und in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und durch den Tod wird es sinnvoll, sich zu vermehren, weil die Alten ja immer Platz machen für die nachrückenden Generationen. In dieser rauen Welt, in der es nichts gibt als das Leben und die Natur, aber kaum Zivilisation, spielt unsere Geschichte, vielleicht in der Jungsteinzeit. Stellt Euch vor, ihr befindet Euch an einem Ort mit mediterranem bis subtropischem Klima, mit viel Mühe gelingt es, Getreide, Gemüse und Obst anzubauen, aber von allein wächst nicht viel. Es ist gelungen ein paar Schafe oder Ziegen zu domestizieren und sich ihre Wolle, ihre Milch und ihr Fleisch zunutze zu machen. Das Leben ist hart.
1 Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann gewonnen mithilfe des HERRN.
2 Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann.
1. Frage: Du bist Abel. Warum bist du Schäfer geworden und nicht Bauer wie dein Bruder?
3 Es begab sich aber nach etlicher Zeit, dass Kain dem HERRN Opfer brachte von den Früchten des Feldes.
4 Und auch Abel brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer,
5 aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain sehr und senkte finster seinen Blick.
2. Frage: Du bist Kain. Du hast hart gearbeitet und opferst deinem Gott von deinen Erträgen, genauso wie dein Bruder Abel. Abel wird geliebt von Gott, du spürst dass er dir seine Gnade verweigert. Wie kommst du darauf?
6 Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick?
7 Ist's nicht so: Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie.
3. Frage: Du bist Kain: Was würdest du Gott jetzt am liebsten antworten?
8 Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns aufs Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.
9 Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein?
10 Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.
4. Frage: Du bist das Blut Abels Wenn du eine Stimme hättest, was würdest du schreien?
11 Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen.
12 Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden.
13 Kain aber sprach zu dem HERRN: Meine Strafe ist zu schwer, als dass ich sie tragen könnte.
14 Siehe, du treibst mich heute vom Acker, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen und muss unstet und flüchtig sein auf Erden. So wird mir's gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet.
15 Aber der HERR sprach zu ihm: Nein, sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der HERR machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.
16 So ging Kain hinweg von dem Angesicht des HERRN und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.
Verlasst jetzt diesen Ort des Schreckens und kehrt zurück in Euer Leben. Kain erhielt keine Todesstrafe, ganz im Gegenteil, er wurde bis an sein Lebensende von Gott beschützt und hinterließ zahlreiche Nachkommen, die laut Bibel dann allerdings alle bei der Sintflut draufgingen. Vielleicht ist diese Geschichte als Appell an Eltern bösartiger Kinder gemeint, ihre Kinder nicht von sich zu stoßen sondern sich ihre eigene Verantwortung für deren Fehlverhalten bewusst zu machen, denn Kain wurde ja nur böse, weil Gott ihm die Gnade verweigerte.
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Sonntag, 19. August 2018
Sonntagsmärchen – frei nach Apostelgeschichte 3,1-10, dem heutigen Predigttext
c. fabry, 16:01h
Es war einmal ein spirituell höchst aufgeladenes Gespann, die hießen Peter und Hannes und die zogen über die Dörfer ihres Heimatkirchenkreises , um andere mit ihrer Spiritualität anzustecken. Eines Tages – es war gerade Kaffeezeit – gingen sie zur Kirche, denn da war gerade Gemeindefest, da startete der Gottesdienst ausnahmsweise am Nachmittag.
Sie staunten nicht schlecht, als sie beobachteten, wie jemand einen jungen Mann im Rollstuhl vor dem Haupteingang abstellte und ihn dort einfach stehen ließ, statt ihn am behindertengerechten Eingang in die Kirche zu schieben. Eine Frau bemerkte ihre irritierten Blicke und sagte: „Das macht der vor jedem Gottesdienst. Er sammelt angeblich Geld für eine sündhaft teure Behandlung in den USA, mit vierzig Prozent Heilungschancen. Das ist aber so viel, das kriegt der nie zusammen. Ich glaube ja, dass er in der Zwischenzeit alles versäuft, darum gebe ich ihm auch nichts mehr.“
Als nun Peter und Hannes die Kirche betreten wollten, rief der junge Mann im Rollstuhl ihnen zu: „Könntet ihr wohl ein bisschen Kleingeld entbehren? Ich sammle für eine kostspielige Behandlung, damit ich vielleicht eines Tages nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen bin.“
Peter sah ihn an, zeigte auf sich und Hannes, die beide in zerrissenen Jeans, ungebügelten T-Shirts und ausgetretenen Sandalen unterwegs waren und sagte: „Guck uns an. Sehen wir so aus, als ob wir Kleingeld übrig hätten? Wir sind selber pleite. Aber wir geben dir was Besseres. Im Namen Jesu Christi von Nazareth sage ich dir: Steh auf und geh zu Fuß in die Kirche.“
Da nahm Peter die Hand des Rollstuhlfahrers und zog ihn auf die Füße. Er blieb tatsächlich stehen und setzte einen Fuß vor den anderen, obwohl er seit seiner Geburt nicht laufen konnte. Jetzt lief er tanzend in die Kirche und lobte Gott. Alle Gottesdienstbesucher – und wegen des Gemeindefestes waren das viele – sahen ihn herumlaufen und hörten seine Loblieder. Und sie erkannten ihn und weil sie wussten, dass er wirklich gelähmt gewesen und kein Betrüger war – zumindest nicht, was seine Erkrankung betraf - , staunten sie mit offenen Mündern und in das Staunen mischte sich auch Entsetzen, denn was waren das für seltsame Vögel, die einfach so, von jetzt auf gleich einen Schwerkranken heilen konnten, dem bisher kein ausgebildeter Mediziner hatte helfen können? Und wenn sie nicht gestorben sind, dann staunen sie noch heute.
ENDE
Und ich staune auch über dieses Märchen, genauso wie über das, das im heutigen Evangelium steht (Markus 7, 31-37), da heilt Jesus einen Gehörlosen, der natürlich auch bis dahin nicht sprechen kann.
Das sind alles so naive Gottesbeweisgeschichten, mit denen ich wenig anfangen kann. Gut, vielleicht passieren solche Wunder heute nicht mehr – um nicht zu sagen seit vielen Jahrhunderten – weil wir mehr auf unseren Verstand vertrauen und es uns an spiritueller Energie mangelt, aber so weit bin ich noch nicht, dass ich diesbezüglich einfach von der Klippe springe.
Da kann ich schon eher etwas mit dem aktuellen Wochenspruch anfangen:
„Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen .“ (Jesaja 42,3)
In Krankheit, im Unglück, in der Niederlage, wenn wir ganz klein sind und gebeugt, kraftlos wie ein geknicktes Rohr, fast am Ende wie der glimmende Docht, dann gibt es eine Kraftquelle für uns, an der wir uns bedienen können. Manchmal müssen wir nicht einmal das und die Kraftquelle kommt einfach zu uns. Dabei meine ich keinen mystischen Blitz, der uns in die Glieder fährt und auch mehr als das verzweifelte Gebet im stillen Kämmerlein. Es sind Menschen, die uns wieder auf die Füße helfen und wir dürfen Menschen auch um Hilfe bitten und manchmal sind es unerwartete Ereignisse, die das Blatt wenden und uns zum Staunen bringen.
Ja, irgendwann ist es dann tatsächlich vorbei, aber nicht heute. Und bis dahin bleibt die Hoffnung, dass wir aus jeder Talsohle wieder heraus kommen und das Leben noch viele Höhen und Tiefen für uns bereithält, bevor wir uns endlich ausruhen können.
Sie staunten nicht schlecht, als sie beobachteten, wie jemand einen jungen Mann im Rollstuhl vor dem Haupteingang abstellte und ihn dort einfach stehen ließ, statt ihn am behindertengerechten Eingang in die Kirche zu schieben. Eine Frau bemerkte ihre irritierten Blicke und sagte: „Das macht der vor jedem Gottesdienst. Er sammelt angeblich Geld für eine sündhaft teure Behandlung in den USA, mit vierzig Prozent Heilungschancen. Das ist aber so viel, das kriegt der nie zusammen. Ich glaube ja, dass er in der Zwischenzeit alles versäuft, darum gebe ich ihm auch nichts mehr.“
Als nun Peter und Hannes die Kirche betreten wollten, rief der junge Mann im Rollstuhl ihnen zu: „Könntet ihr wohl ein bisschen Kleingeld entbehren? Ich sammle für eine kostspielige Behandlung, damit ich vielleicht eines Tages nicht mehr auf den Rollstuhl angewiesen bin.“
Peter sah ihn an, zeigte auf sich und Hannes, die beide in zerrissenen Jeans, ungebügelten T-Shirts und ausgetretenen Sandalen unterwegs waren und sagte: „Guck uns an. Sehen wir so aus, als ob wir Kleingeld übrig hätten? Wir sind selber pleite. Aber wir geben dir was Besseres. Im Namen Jesu Christi von Nazareth sage ich dir: Steh auf und geh zu Fuß in die Kirche.“
Da nahm Peter die Hand des Rollstuhlfahrers und zog ihn auf die Füße. Er blieb tatsächlich stehen und setzte einen Fuß vor den anderen, obwohl er seit seiner Geburt nicht laufen konnte. Jetzt lief er tanzend in die Kirche und lobte Gott. Alle Gottesdienstbesucher – und wegen des Gemeindefestes waren das viele – sahen ihn herumlaufen und hörten seine Loblieder. Und sie erkannten ihn und weil sie wussten, dass er wirklich gelähmt gewesen und kein Betrüger war – zumindest nicht, was seine Erkrankung betraf - , staunten sie mit offenen Mündern und in das Staunen mischte sich auch Entsetzen, denn was waren das für seltsame Vögel, die einfach so, von jetzt auf gleich einen Schwerkranken heilen konnten, dem bisher kein ausgebildeter Mediziner hatte helfen können? Und wenn sie nicht gestorben sind, dann staunen sie noch heute.
ENDE
Und ich staune auch über dieses Märchen, genauso wie über das, das im heutigen Evangelium steht (Markus 7, 31-37), da heilt Jesus einen Gehörlosen, der natürlich auch bis dahin nicht sprechen kann.
Das sind alles so naive Gottesbeweisgeschichten, mit denen ich wenig anfangen kann. Gut, vielleicht passieren solche Wunder heute nicht mehr – um nicht zu sagen seit vielen Jahrhunderten – weil wir mehr auf unseren Verstand vertrauen und es uns an spiritueller Energie mangelt, aber so weit bin ich noch nicht, dass ich diesbezüglich einfach von der Klippe springe.
Da kann ich schon eher etwas mit dem aktuellen Wochenspruch anfangen:
„Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen .“ (Jesaja 42,3)
In Krankheit, im Unglück, in der Niederlage, wenn wir ganz klein sind und gebeugt, kraftlos wie ein geknicktes Rohr, fast am Ende wie der glimmende Docht, dann gibt es eine Kraftquelle für uns, an der wir uns bedienen können. Manchmal müssen wir nicht einmal das und die Kraftquelle kommt einfach zu uns. Dabei meine ich keinen mystischen Blitz, der uns in die Glieder fährt und auch mehr als das verzweifelte Gebet im stillen Kämmerlein. Es sind Menschen, die uns wieder auf die Füße helfen und wir dürfen Menschen auch um Hilfe bitten und manchmal sind es unerwartete Ereignisse, die das Blatt wenden und uns zum Staunen bringen.
Ja, irgendwann ist es dann tatsächlich vorbei, aber nicht heute. Und bis dahin bleibt die Hoffnung, dass wir aus jeder Talsohle wieder heraus kommen und das Leben noch viele Höhen und Tiefen für uns bereithält, bevor wir uns endlich ausruhen können.
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Samstag, 11. August 2018
Scheiß auf Gesetze – Entscheidend ist die Haltung
c. fabry, 18:25h
Zum Predigttext am 12.08.18 – Galater 2, 16-21
Zum Verständnis worum es im Predigttext geht: Paulus ereifert sich wegen eines gewissen Kephas, der in Antiochien die Gesellschaft von „Heiden“ suchte, also mit ihnen gegessen und vermutlich auch gefeiert hat, statt akribisch nach jüdisch-christlichen Regeln zu leben. Das hätte er vielleicht noch verzeihlich gefunden, als aber mehrere jüdische Christen in der Stadt ankommen, heuchelt Kephas den Gesetzestreuen und mit ihm auch ein gewisser Barnabas. Weil beide sich vor Konsequenzen fürchten, kehren sie den „Heiden“ einerseits den Rücken, verfolgen aber den Plan sie zu einem Leben nach jüdischen Regeln zu zwingen. Paulus fragt, wie ausgerechnet sie dazu kommen, Menschen die jüdische Lebensweise aufzuzwingen, die dies nicht von Klein auf gelernt haben, während Kephas und Barnabas ja in der jüdischen Tradition erzogen wurden und sich, wenn es ihnen gerade passt, auch nicht an die Regeln halten. Im Predigttext erklärt Paulus, was er davon hält und ich versuche nun, es Vers für Vers in meine Sprache zu übertragen, obwohl ich wahrlich kein Fan von Paulus bin, dem alten Separatisten, aber ein wohlwollender Blick auf seine ambitionierten Texte eröffnet manchmal neue Perspektiven.
16 Wir wissen, dass niemand ein guter Mensch wird, der die richtigen Entscheidungen trifft, indem er sich an die geltenden Gesetze hält. Vielmehr hat der Glaube an Jesus Christus das Potential, uns zu besseren Menschen zu machen. Unser Glaube hilft uns, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Strenge Gesetze überzeugen keinen Menschen zu einer veränderten Haltung.
17 Wenn wir, also diejenigen, die versuchen, durch Jesus Christus bessere Menschen zu werden, zugeben müssen, dass wir unverbesserliche Sünder sind – ist Jesus Christus dann ein Diener der Sünde? Das ist natürlich Quatsch!
18 Wenn ich den Mist, den ich gebaut habe, zwar beseitige, direkt danach aber wieder denselben Mist baue, dann liegt dieses Fehlverhalten allein in meiner Verantwortung.
19 Eher sterbe ich durch Gesetze, weil ich „ja“ zu dem Leben sage, das Jesus mir empfohlen hat. Ich habe meine bürgerliche Existenz aufgegeben, um ein Leben nach neuen Maßstäben anzufangen.
20 Ich lebe, aber nicht als eitles Ego, sondern als Gefäß, in dem Christus weiterlebt. Denn mein körperliches Leben, in dem ich atme, mich bewege, verdaue, spreche, schlafe und träume, das lebe ich in dem Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich geopfert hat.
21 Diese Gnade Gottes werfe ich nicht einfach weg. Denn wenn Gesetze reichen würden, um die Menschheit warmherziger, einfühlsamer, gerechter und liebevoller zu machen, dann wäre Christus umsonst gestorben.
Bevor ich zur Sache komme, möchte ich zwei Aspekte abhaken, die mich an dem Text stören:
1. Dieses ewige Rumgeeier, dass man sich nicht mit „Heiden“ an einen Tisch setzen soll, weil die einen zu einem unlauteren Leben verführen könnten. Was ist das für ein Glaube, der schon von ein bisschen Party mit den „Ungläubigen“ erschüttert wird? Das hat einfach Null mit dem christlichen Menschenbild zu tun. Da ziehen sie durch die Lande und missionieren sich einen Wolf, aber wenn die Zielgruppe nicht gleich begeistert auf die Knie sinkt, behandeln sie sie wie Aussätzige. Das waren damals natürlich andere Zeiten, trotzdem möchte ich mich von einer solchen Denkweise entschieden abgrenzen.
2. Die bedingungslose Selbstaufgabe (Verse 19 und 20) ist ja eine weit verbreitete christliche Tradition, erscheint mir aber höchst ungesund, zumindest, wenn man so etwas predigt und andere Gläubige damit moralisch unter Druck setzt. Wer sich für Selbstaufgabe entscheidet und das lebt, kann als Vorbild andere anregen, es hier und da auch einmal auszuprobieren. Dann kann ein Mensch in so eine Lebensweise hineinwachsen – oder eben nicht, wenn er das nicht will.
Nun aber zu dem, was mich beflügelt:
An diesem Sonntag steht das Evangelium nach Lukas auf dem Plan und zwar Kapitel 18, 9-14. Da erzählt Jesus ein Gleichnis von einem Zöllner und einem Pharisäer, die beide im Tempel beten und der Pharisäer dankt Gott, dass er ein anständiger Kerl ist und nicht so ein räudiger Hund wie dieser Zöllner. Der Zöllner dagegen bittet um Gnade und Vergebung für seine Sünde.
Es sind nicht unbedingt die Gesetzestreuen, die Regeleinhalter, die blitzsauberen Leistungsträger, die ehrenamtlich Engagierten, die Leserbriefschreiber, die Weihnachtspäckchen-Packer, die Presbyter, die Ratsmitglieder, die Walretter, die Baumpaten..., die die Welt zu einem besseren Ort machen. Viele von ihnen tun das natürlich, aber was viel entscheidender ist, bei allem, was Menschen tun, ist ihre innere Haltung.
Wer bei der Tafel Essen austeilt und diejenigen, die sich da etwas abholen, im Grunde verachtet, der sät mehr Hass als Güte und Gerechtigkeit.
Wer sich aber von Gott geliebt weiß, auch weil er diese Liebe durch andere Menschen erfahren hat und nicht so streng mit sich selbst ist, der kann auch wohlwollender auf andere blicken. Und wer denjenigen, dem er helfen oder von etwas überzeugen will mit Liebe und Achtung begegnet, der hat viel größere Chancen, sein Gegenüber zu erreichen. Die Methode ist da gar nicht so entscheidend, auf die innere Haltung kommt es an.
Und dann kann ich auch dem superkorrekten, blitzsauberen Einfamilienhausbesitzer mit Reißbrett-Garten und mit der Nagelschere gestutzten Rasenkanten freundlich entgegentreten, vielleicht sogar, ohne mich zu verstellen. ;-)
Und – falls es nun jemand gelesen hat – Wie steht Ihr denn dazu?
Zum Verständnis worum es im Predigttext geht: Paulus ereifert sich wegen eines gewissen Kephas, der in Antiochien die Gesellschaft von „Heiden“ suchte, also mit ihnen gegessen und vermutlich auch gefeiert hat, statt akribisch nach jüdisch-christlichen Regeln zu leben. Das hätte er vielleicht noch verzeihlich gefunden, als aber mehrere jüdische Christen in der Stadt ankommen, heuchelt Kephas den Gesetzestreuen und mit ihm auch ein gewisser Barnabas. Weil beide sich vor Konsequenzen fürchten, kehren sie den „Heiden“ einerseits den Rücken, verfolgen aber den Plan sie zu einem Leben nach jüdischen Regeln zu zwingen. Paulus fragt, wie ausgerechnet sie dazu kommen, Menschen die jüdische Lebensweise aufzuzwingen, die dies nicht von Klein auf gelernt haben, während Kephas und Barnabas ja in der jüdischen Tradition erzogen wurden und sich, wenn es ihnen gerade passt, auch nicht an die Regeln halten. Im Predigttext erklärt Paulus, was er davon hält und ich versuche nun, es Vers für Vers in meine Sprache zu übertragen, obwohl ich wahrlich kein Fan von Paulus bin, dem alten Separatisten, aber ein wohlwollender Blick auf seine ambitionierten Texte eröffnet manchmal neue Perspektiven.
16 Wir wissen, dass niemand ein guter Mensch wird, der die richtigen Entscheidungen trifft, indem er sich an die geltenden Gesetze hält. Vielmehr hat der Glaube an Jesus Christus das Potential, uns zu besseren Menschen zu machen. Unser Glaube hilft uns, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Strenge Gesetze überzeugen keinen Menschen zu einer veränderten Haltung.
17 Wenn wir, also diejenigen, die versuchen, durch Jesus Christus bessere Menschen zu werden, zugeben müssen, dass wir unverbesserliche Sünder sind – ist Jesus Christus dann ein Diener der Sünde? Das ist natürlich Quatsch!
18 Wenn ich den Mist, den ich gebaut habe, zwar beseitige, direkt danach aber wieder denselben Mist baue, dann liegt dieses Fehlverhalten allein in meiner Verantwortung.
19 Eher sterbe ich durch Gesetze, weil ich „ja“ zu dem Leben sage, das Jesus mir empfohlen hat. Ich habe meine bürgerliche Existenz aufgegeben, um ein Leben nach neuen Maßstäben anzufangen.
20 Ich lebe, aber nicht als eitles Ego, sondern als Gefäß, in dem Christus weiterlebt. Denn mein körperliches Leben, in dem ich atme, mich bewege, verdaue, spreche, schlafe und träume, das lebe ich in dem Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich geopfert hat.
21 Diese Gnade Gottes werfe ich nicht einfach weg. Denn wenn Gesetze reichen würden, um die Menschheit warmherziger, einfühlsamer, gerechter und liebevoller zu machen, dann wäre Christus umsonst gestorben.
Bevor ich zur Sache komme, möchte ich zwei Aspekte abhaken, die mich an dem Text stören:
1. Dieses ewige Rumgeeier, dass man sich nicht mit „Heiden“ an einen Tisch setzen soll, weil die einen zu einem unlauteren Leben verführen könnten. Was ist das für ein Glaube, der schon von ein bisschen Party mit den „Ungläubigen“ erschüttert wird? Das hat einfach Null mit dem christlichen Menschenbild zu tun. Da ziehen sie durch die Lande und missionieren sich einen Wolf, aber wenn die Zielgruppe nicht gleich begeistert auf die Knie sinkt, behandeln sie sie wie Aussätzige. Das waren damals natürlich andere Zeiten, trotzdem möchte ich mich von einer solchen Denkweise entschieden abgrenzen.
2. Die bedingungslose Selbstaufgabe (Verse 19 und 20) ist ja eine weit verbreitete christliche Tradition, erscheint mir aber höchst ungesund, zumindest, wenn man so etwas predigt und andere Gläubige damit moralisch unter Druck setzt. Wer sich für Selbstaufgabe entscheidet und das lebt, kann als Vorbild andere anregen, es hier und da auch einmal auszuprobieren. Dann kann ein Mensch in so eine Lebensweise hineinwachsen – oder eben nicht, wenn er das nicht will.
Nun aber zu dem, was mich beflügelt:
An diesem Sonntag steht das Evangelium nach Lukas auf dem Plan und zwar Kapitel 18, 9-14. Da erzählt Jesus ein Gleichnis von einem Zöllner und einem Pharisäer, die beide im Tempel beten und der Pharisäer dankt Gott, dass er ein anständiger Kerl ist und nicht so ein räudiger Hund wie dieser Zöllner. Der Zöllner dagegen bittet um Gnade und Vergebung für seine Sünde.
Es sind nicht unbedingt die Gesetzestreuen, die Regeleinhalter, die blitzsauberen Leistungsträger, die ehrenamtlich Engagierten, die Leserbriefschreiber, die Weihnachtspäckchen-Packer, die Presbyter, die Ratsmitglieder, die Walretter, die Baumpaten..., die die Welt zu einem besseren Ort machen. Viele von ihnen tun das natürlich, aber was viel entscheidender ist, bei allem, was Menschen tun, ist ihre innere Haltung.
Wer bei der Tafel Essen austeilt und diejenigen, die sich da etwas abholen, im Grunde verachtet, der sät mehr Hass als Güte und Gerechtigkeit.
Wer sich aber von Gott geliebt weiß, auch weil er diese Liebe durch andere Menschen erfahren hat und nicht so streng mit sich selbst ist, der kann auch wohlwollender auf andere blicken. Und wer denjenigen, dem er helfen oder von etwas überzeugen will mit Liebe und Achtung begegnet, der hat viel größere Chancen, sein Gegenüber zu erreichen. Die Methode ist da gar nicht so entscheidend, auf die innere Haltung kommt es an.
Und dann kann ich auch dem superkorrekten, blitzsauberen Einfamilienhausbesitzer mit Reißbrett-Garten und mit der Nagelschere gestutzten Rasenkanten freundlich entgegentreten, vielleicht sogar, ohne mich zu verstellen. ;-)
Und – falls es nun jemand gelesen hat – Wie steht Ihr denn dazu?
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