Montag, 20. August 2018
Jenseits von Eden – Versuch eines Online-Bibliologs
Der Bibliolog ist eigentlich eine Methode, sich gemeinsam einen Bibeltext zu erschließen, bei der man im Kreis sitzt, in die Geschichte eingeführt wird, dann beginnt die anleitende Person, den Text zu lesen, stoppt an einer Stelle und fordert die Anwesenden auf, zu einer bestimmten Person aus der Geschichte zu werden, sich also wie ein Schauspieler einzufühlen. Dieser Person wird eine Frage gestellt, wem dazu eine Antwort einfällt, der äußert sie. Das genaue Prozedere will ich Euch ersparen, aber ich bitte darum, auf die Fragen in den Kommentaren zu antworten, falls Euch etwas einfällt und Ihr Lust habt auf dieses Experiment. Es handelt sich übrigens um den Predigttext für den kommenden Sonntag, er steht im 1. Buch Mose (Genesis), Kapitel 4, Verse 1-16.

Hinführung:
Wir befinden uns am Anfang der biblischen Geschichtsschreibung, die, wie wir alle wissen, auf eine über Jahrtausende mündlich überlieferte Mythologie zurückgeht und nicht auf historische Fakten. Aber es geht immer um allgemeine, menschliche Erfahrungen, die sich unabhängig von Zeit und Kultur sehr ähnlich anfühlen.
Zum ersten Mal haben Menschen sich aus der Verbindung mit Gott gelöst, sind ihrem eigenen Willen, ihrer Neugier gefolgt, statt einfach blind zu vertrauen. Das hatte zur Konsequenz, dass sie aus der paradiesischen, unschuldigen Unwissenheit, dem ohne Last in den Tag hinein Leben für immer vertrieben wurden, sie müssen sich nun den Härten des Lebens stellen: Arbeit, Schweiß, Hunger, Durst, Schmerz, Angst und schließlich dem Tod. Aber sie sind auch erwachsen und in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und durch den Tod wird es sinnvoll, sich zu vermehren, weil die Alten ja immer Platz machen für die nachrückenden Generationen. In dieser rauen Welt, in der es nichts gibt als das Leben und die Natur, aber kaum Zivilisation, spielt unsere Geschichte, vielleicht in der Jungsteinzeit. Stellt Euch vor, ihr befindet Euch an einem Ort mit mediterranem bis subtropischem Klima, mit viel Mühe gelingt es, Getreide, Gemüse und Obst anzubauen, aber von allein wächst nicht viel. Es ist gelungen ein paar Schafe oder Ziegen zu domestizieren und sich ihre Wolle, ihre Milch und ihr Fleisch zunutze zu machen. Das Leben ist hart.

1 Und Adam erkannte seine Frau Eva, und sie ward schwanger und gebar den Kain und sprach: Ich habe einen Mann gewonnen mithilfe des HERRN.
2 Danach gebar sie Abel, seinen Bruder. Und Abel wurde ein Schäfer, Kain aber wurde ein Ackermann.

1. Frage: Du bist Abel. Warum bist du Schäfer geworden und nicht Bauer wie dein Bruder?

3 Es begab sich aber nach etlicher Zeit, dass Kain dem HERRN Opfer brachte von den Früchten des Feldes.
4 Und auch Abel brachte von den Erstlingen seiner Herde und von ihrem Fett. Und der HERR sah gnädig an Abel und sein Opfer,
5 aber Kain und sein Opfer sah er nicht gnädig an. Da ergrimmte Kain sehr und senkte finster seinen Blick.

2. Frage: Du bist Kain. Du hast hart gearbeitet und opferst deinem Gott von deinen Erträgen, genauso wie dein Bruder Abel. Abel wird geliebt von Gott, du spürst dass er dir seine Gnade verweigert. Wie kommst du darauf?

6 Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick?
7 Ist's nicht so: Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie.

3. Frage: Du bist Kain: Was würdest du Gott jetzt am liebsten antworten?

8 Da sprach Kain zu seinem Bruder Abel: Lass uns aufs Feld gehen! Und es begab sich, als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.
9 Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß nicht; soll ich meines Bruders Hüter sein?
10 Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde.

4. Frage: Du bist das Blut Abels Wenn du eine Stimme hättest, was würdest du schreien?

11 Und nun: Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen.
12 Wenn du den Acker bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden.
13 Kain aber sprach zu dem HERRN: Meine Strafe ist zu schwer, als dass ich sie tragen könnte.
14 Siehe, du treibst mich heute vom Acker, und ich muss mich vor deinem Angesicht verbergen und muss unstet und flüchtig sein auf Erden. So wird mir's gehen, dass mich totschlägt, wer mich findet.
15 Aber der HERR sprach zu ihm: Nein, sondern wer Kain totschlägt, das soll siebenfältig gerächt werden. Und der HERR machte ein Zeichen an Kain, dass ihn niemand erschlüge, der ihn fände.
16 So ging Kain hinweg von dem Angesicht des HERRN und wohnte im Lande Nod, jenseits von Eden, gegen Osten.

Verlasst jetzt diesen Ort des Schreckens und kehrt zurück in Euer Leben. Kain erhielt keine Todesstrafe, ganz im Gegenteil, er wurde bis an sein Lebensende von Gott beschützt und hinterließ zahlreiche Nachkommen, die laut Bibel dann allerdings alle bei der Sintflut draufgingen. Vielleicht ist diese Geschichte als Appell an Eltern bösartiger Kinder gemeint, ihre Kinder nicht von sich zu stoßen sondern sich ihre eigene Verantwortung für deren Fehlverhalten bewusst zu machen, denn Kain wurde ja nur böse, weil Gott ihm die Gnade verweigerte.

Zu jeder Frage gibt es einen Kommentar, unter dem dann die jeweiligen Antworten gesammelt werden können.

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1. Frage:
Du bist Abel. Warum bist du Schäfer geworden und nicht Bauer wie dein Bruder?

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Schafe liefern Milch, Fleisch und Fell.
Das heißt ich kann mich an Schafen laben und von ihnen nähren und sie wärmen und schützen mich vor der Natur.
Selbst Fette gegen die Sommerhitze kann ich aus der Wolle gewinnen und sonstige Kleidung weben.

Das kann kein Bauer.

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2. Frage:
Du bist Kain. Du hast hart gearbeitet und opferst deinem Gott von deinen Erträgen, genauso wie dein Bruder Abel. Abel wird geliebt von Gott, du spürst dass er dir seine Gnade verweigert. Wie kommst du darauf?

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Gott liebt nicht immer alle gleich.
Er favorisiert und unterscheidet.
Das sieht man auch im täglichen Leben.
Manche Tiere sind bei der Nahrungskette Täter, manche Opfer.
Und es gibt einen König der Tiere, das nochmal erhöht wird.

Man sieht:
Gott ist ungerecht.

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3. Frage:
Du bist Kain: Was würdest du Gott jetzt am liebsten antworten?

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"Gott, da Du alles weißt, weißt Du auch, warum ich dies oder jenes tue.
Was soll also diese Fragerei?"

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4. Frage:
Du bist das Blut Abels Wenn du eine Stimme hättest, was würdest du schreien?

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"Oh Gott! Lass das nicht das Ende sein!
Hol mich zurück! Auf dass ich Dir weiter diene."

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Die Fragerei find ich ja lustig.

Aber die Behauptung, eigenes Fehlverhalten führe zu "bösen" Kindern, zeigt, mit DIESEM Thema hast Du Dich nicht wirklich auseinandergesetzt.

Abgesehen davon, dass in wirklich JEDER Erziehung Fehler begangen werden, ist es eindeutig, dass aus jedwedem Elternhaus, also auch aus den eindeutig "Guten" missratene Kinder kommen können.
Also ganz unabhängig von den Eltern.

Diese Ausrede " mein Elternhaus ist Schuld" ist so billig, dass sie zwischenzeitlich auch von Gerichten immer weniger akzeptiert werden.
Auch erwachsene oder pubertierende Kinder haben irgendwann Selbstverantwortung zu übernehmen.

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Nanana,
mit diesem Thema setze ich mich ständig auseinander. Natürlich ist jeder für sein Verhalten selbst verantwortlich. Natürlich sind nicht immer die Eltern "schuldig", wenn Menschen einen Weg einschlagen, der anderen schadet. Ich habe aber häufig mit Kindern zu tun, deren Verhalten besonders auffällig ist, auch bösartig. Manchmal werden unaufhaltsam richtige Ratten aus denen (Ich mach den Job ja schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert und konnte etliche Karrieren verfolgen) und da waren schon grobe Fehler in den Elternhäusern im Spiel. Das gibt irreparable Schäden, wenn man seine unter dreijährigen Kinder allein in der Wohnung in der eigenen Kacke sitzen lässt und sie die Erfahrung machen, dass sie sich auf nichts und niemanden verlassen können. Die Pflegeeltern haben dann ihr Bestes gegeben und sind gescheitert.

Es gibt haufenweise Geschichten, in denen Eltern ihre Kinder in die Verzweiflung treiben und wenn die Kinder dann aus dem Ruder laufen, wenden sie sich von ihnen ab. Solche Geschichten wird es in der beschissenen alten Zeit zu Hauf gegeben haben und vielleicht auch erste weise Menschen, die da einen Zusammenhang gesehen haben.

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Ja, Du hast Recht, dass vieles aus dem Ruder laufen kann, mit den Eltern.
Ich kenn das auch aus meiner Vergangenheit.

Trotzdem gibt es geschundene Kinder, die "normal" werden und ungeschundene, die "aus der Norm" fallen.
Mich "stört" die Verallgemeinerung.

Wird aber weder Deine, noch meine Meinung ändern.
Ich wollte es bloß mitgeteilt haben.

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Meine Anmerkung war auch nicht als Verallgemeinerung gedacht. Nur als eine Spielart menschlichen Denkens.

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