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Donnerstag, 18. Januar 2018
Aus aktuellem Anlass
mark793, 17:42h
Finden Sie es auch nervig, wenn sich Blogs immer wieder oben auf die Startseite mogeln, obwohl es dort weder neue Beiträge noch neue Kommentare zu lesen gibt?
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Sonntag, 7. Januar 2018
Wie Weihnachten und Ostern zusammenhängen
c. fabry, 16:36h
Als unsere Tochter fast drei Jahre alt war, begannen wir, die Weihnachtsmythen der eigenen Kindheit an sie weiterzugeben. Während Sie mit der Mutter in der Christvesper saß, öffnete zu Hause der Vater dem Christkind die Tür, damit es die Geschenke bringen konnte. Wenn unsere Tochter, dann aus der Kirche zurückkam, leuchteten die Kerzen am Weihnachtsbaum, darunter lagen die Geschenke vom Christkind und vom Vater bekam sie persönlich etwas Getischlertes und von der Mutter etwas Gestricktes oder Genähtes geschenkt. Vor dem Auspacken wurden natürlich zunächst ein paar Weihnachtslieder gesungen. Ihr Vater erzählte ihr dann, das Christkind sei eine Weile da geblieben und habe ein wenig geschaukelt auf der Deele, wo unsere Tochter eine weit schwingende Schaukel hatte. Sie war kreuzwütend, dass sie den Besuch des Christkinds verpasst hatte und schwor, im nächsten Jahr nicht in die Kirche zu gehen, aber wir erklärten ihr, dass das Christkind nicht käme, wenn sie nicht den Weihnachtsgottesdienst besuche.
Zu all den Mythen von den Geschenke bringenden Wesen gesellte sich neben dem Nikolaus am 6. Dezember auch die Befana am 6. Januar (eigentlich eine italienische Epiphanias-Tradition) und selbstverständlich der Osterhase, der neben gefärbten Eiern und Süßigkeiten auch eine Kleinigkeit zum Spielen vorbeibrachte.
Dann wurde meine Tochter sieben Jahre alt, das Alter, in dem die meisten Kinder sich nur noch schwer hinters Licht führen lassen, in dem sie in der Regel lernen, sich in andere hineinzuversetzen und von sich und den eigenen Bedürfnissen abzusehen.
Wir machten über Ostern Urlaub in der Toskana und als langjährige Italienfans wussten mein Mann und ich, dass die italienischen Ostersüßigkeiten zu vernachlässigen sind – nur riesige Überraschungseier und kleine, blaue, eiförmige Baci di Perugina, die nicht besonders lecker schmecken. Wir brachten also Osterschokolade aus Deutschland mit.
Italien verwöhnte uns mit einer spektakulären Karfreitagsprozession und einer stimmungsvollen Osternacht in einer mittelgroßen, barocken Dorfkirche.
Der Ostermorgen war dann sehr ernüchternd. In der Grundschule hatten die Kinder sich schon vor den Ferien darüber ausgetauscht, dass das mit dem Osterhasen, dem Nikolaus und all den anderen geheimnisvollen Besuchern wohl eine Mär sei. Eine Freundin hatte kurz vor Weihnachten verpackte Geschenke im Kleiderschrank der Eltern entdeckt. Der Glaube und das Vertrauen in die zauberhafte Welt der guten Geister hatte bereits einen Riss bekommen. Und jetzt das: überdeutliche Indizien elterlichen Betruges. Unser Kind sagte: „Das sind doch Süßigkeiten aus Deutschland. Die habt ihr doch mitgebracht. Den Osterhasen gibt es gar nicht, das seid ihr.“
Wenn einem die Kinder auf die Schliche kommen, sollte man ihnen nicht länger etwas vormachen und wir fürchteten uns ein wenig, denn wir kannten Geschichten von Kindern, die maßlos enttäuscht von ihren Eltern waren, weil die sie so schamlos angelogen hatten. Also erklärten wir: „Wir wollten dir mit der Geschichte vom Osterhasen alles ein bisschen schöner machen.“
Sie sah uns an: „Und der Nikolaus, seid ihr das auch?“
Wir nickten.
„Und die Befana?“
Wir nickten erneut.
„Und Weihnachten? Das Christkind? Gibt es das etwa auch nicht?“
„Das haben wir auch nur so erzählt, weil es schön ist.“
Sie schwieg einen Moment und dachte nach. Dann fragte sie: „Aber die ganzen Geschenke. Habt ihr die etwa gekauft?“
Wir nickten erneut.
„Alles?!“
„Ja.“
Sie war gerührt. Ich erinnere mich nicht mehr, was genau sie dann sagte, aber sie war fassungslos, dass wir ihr zuliebe jahrelang auf ihren Dank und ihre Anerkennung verzichtet hatten. Aber wie man deutlich sieht, sind wir vielfach dafür entschädigt worden.
Zu all den Mythen von den Geschenke bringenden Wesen gesellte sich neben dem Nikolaus am 6. Dezember auch die Befana am 6. Januar (eigentlich eine italienische Epiphanias-Tradition) und selbstverständlich der Osterhase, der neben gefärbten Eiern und Süßigkeiten auch eine Kleinigkeit zum Spielen vorbeibrachte.
Dann wurde meine Tochter sieben Jahre alt, das Alter, in dem die meisten Kinder sich nur noch schwer hinters Licht führen lassen, in dem sie in der Regel lernen, sich in andere hineinzuversetzen und von sich und den eigenen Bedürfnissen abzusehen.
Wir machten über Ostern Urlaub in der Toskana und als langjährige Italienfans wussten mein Mann und ich, dass die italienischen Ostersüßigkeiten zu vernachlässigen sind – nur riesige Überraschungseier und kleine, blaue, eiförmige Baci di Perugina, die nicht besonders lecker schmecken. Wir brachten also Osterschokolade aus Deutschland mit.
Italien verwöhnte uns mit einer spektakulären Karfreitagsprozession und einer stimmungsvollen Osternacht in einer mittelgroßen, barocken Dorfkirche.
Der Ostermorgen war dann sehr ernüchternd. In der Grundschule hatten die Kinder sich schon vor den Ferien darüber ausgetauscht, dass das mit dem Osterhasen, dem Nikolaus und all den anderen geheimnisvollen Besuchern wohl eine Mär sei. Eine Freundin hatte kurz vor Weihnachten verpackte Geschenke im Kleiderschrank der Eltern entdeckt. Der Glaube und das Vertrauen in die zauberhafte Welt der guten Geister hatte bereits einen Riss bekommen. Und jetzt das: überdeutliche Indizien elterlichen Betruges. Unser Kind sagte: „Das sind doch Süßigkeiten aus Deutschland. Die habt ihr doch mitgebracht. Den Osterhasen gibt es gar nicht, das seid ihr.“
Wenn einem die Kinder auf die Schliche kommen, sollte man ihnen nicht länger etwas vormachen und wir fürchteten uns ein wenig, denn wir kannten Geschichten von Kindern, die maßlos enttäuscht von ihren Eltern waren, weil die sie so schamlos angelogen hatten. Also erklärten wir: „Wir wollten dir mit der Geschichte vom Osterhasen alles ein bisschen schöner machen.“
Sie sah uns an: „Und der Nikolaus, seid ihr das auch?“
Wir nickten.
„Und die Befana?“
Wir nickten erneut.
„Und Weihnachten? Das Christkind? Gibt es das etwa auch nicht?“
„Das haben wir auch nur so erzählt, weil es schön ist.“
Sie schwieg einen Moment und dachte nach. Dann fragte sie: „Aber die ganzen Geschenke. Habt ihr die etwa gekauft?“
Wir nickten erneut.
„Alles?!“
„Ja.“
Sie war gerührt. Ich erinnere mich nicht mehr, was genau sie dann sagte, aber sie war fassungslos, dass wir ihr zuliebe jahrelang auf ihren Dank und ihre Anerkennung verzichtet hatten. Aber wie man deutlich sieht, sind wir vielfach dafür entschädigt worden.
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Sonntag, 31. Dezember 2017
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
c. fabry, 15:59h
Angst essen Seele auf, das können Sie mir glauben. Sie haben nur eine Seele, nehmen Sie Rücksicht darauf, fürchten Sie sich nicht so viel, so schlimm ist es gar nicht. Trinken Sie mehr klares Wasser. Atmen Sie bewusst, wenigstens ab und zu. Lesen Sie nicht nur Romane über Gerichtsmedizinerinnen und Serienmörder. Lesen Sie ab und zu Weltliteratur, es lohnt sich. Fangen Sie an mit John Steinbeck, „Von Mäusen und Menschen“. Interessieren Sie sich mehr für Kunst, es muss ja nicht gleich Beuys sein. Finden Sie heraus, wann der Siebenjährige Krieg stattgefunden hat, und merken Sie sich das, Sie werden sich besser fühlen. Versuchen Sie nicht herauszufinden, wer da wann warum gegen wen gekämpft hat.
Verbringen Sie mal einen Tag, ohne auf einen Bildschirm zu blicken. Finden Sie heraus, wer Ihr Bundestagsabgeordneter oder Ihre Bundestagsabgeordnete ist. Googeln Sie ihn oder sie mal ausführlich. Schenken Sie morgen Vormittag den ersten fünf Menschen, denen Sie begegnen, für ein paar Sekunden Ihre volle Aufmerksamkeit. Verstehen Sie das Wunder, das die mit Ihnen gleichzeitig auf diesem Planeten leben und mit einem Affenzahn durch das Weltall sausen. Und auch gern Pommes mit Mayo essen. Essen Sie jeden Tag einen Apfel. Mögen Sie unser Grundgesetz, es ist besser als sein Ruf, ein fabelhaftes Teil. Lesen Sie mal drin rum, besonders im vorderen Teil. Sprechen Sie mal mit Ihren Geschwistern darüber, was Ihre Mutter Ihnen in der Kindheit zu essen gekocht hat. Umarmen Sie Ihren Partner oder Ihre Partnerin sofort, wenn Sie ihn oder sie das nächste Mal sehen. Wenn er oder sie sich dagegen wehrt, haben Sie ein Problem, das gelöst werden muss. Die Lösung liegt bei Ihnen. Fassen Sie mal das Verkehrsschild an, das Ihrer Wohnung am nächsten steht, und stellen sich den Menschen vor, der es dort montiert hat. Nehmen Sie Fußball nicht so ernst. Bleiben Sie dran an der Weltliteratur: Stefan Zweig, „Schachnovelle“. Lachen Sie sich mal im Spiegel an. Danach aus. Verbringen Sie noch einen Tag, ohne auf einen Bildschirm zu blicken. Besuchen sie einmal einen Soldatenfriedhof, es ist nicht weit. Machen Sie regelmäßig Spaziergänge an einem fließenden Gewässer. Seien Sie nicht so oft zornig, Sie sind ja nicht mehr vier Jahre alt. Machen Sie öfter mal mit. Fragen Sie nicht wobei, das wissen Sie doch. Geben Sie sich mal das Klarinettenkonzert von Mozart, das aus „Jenseits von Afrika“, sie wissen schon. Gehen Sie jetzt richtig los auf die Weltliteratur: Mark Twain, Huckleberry Finn“, am besten die Ausgabe mit den Illustrationen von Walter Trier. Glauben Sie nicht alles, wovon Sie überzeugt sind. Folgen Sie nicht jedem Ratschlag. Aber auch nicht keinem. Sie sind doch erwachsen. Fragen Sie nicht, was 2017 Ihnen gebracht hat, sondern fragen Sie, was Sie 2017 gebracht haben. Ziehen Sie aus der Antwort Ihre Schlüsse für 2018. Na los. Sie schaffen das.
Beste Wünsche für ein Hammer-2018,
IHR MITBÜRGER MICHAEL RITZ
Aus dem Kalender „Der Andere Advent“ von „Andere Zeiten e.V.“
Verbringen Sie mal einen Tag, ohne auf einen Bildschirm zu blicken. Finden Sie heraus, wer Ihr Bundestagsabgeordneter oder Ihre Bundestagsabgeordnete ist. Googeln Sie ihn oder sie mal ausführlich. Schenken Sie morgen Vormittag den ersten fünf Menschen, denen Sie begegnen, für ein paar Sekunden Ihre volle Aufmerksamkeit. Verstehen Sie das Wunder, das die mit Ihnen gleichzeitig auf diesem Planeten leben und mit einem Affenzahn durch das Weltall sausen. Und auch gern Pommes mit Mayo essen. Essen Sie jeden Tag einen Apfel. Mögen Sie unser Grundgesetz, es ist besser als sein Ruf, ein fabelhaftes Teil. Lesen Sie mal drin rum, besonders im vorderen Teil. Sprechen Sie mal mit Ihren Geschwistern darüber, was Ihre Mutter Ihnen in der Kindheit zu essen gekocht hat. Umarmen Sie Ihren Partner oder Ihre Partnerin sofort, wenn Sie ihn oder sie das nächste Mal sehen. Wenn er oder sie sich dagegen wehrt, haben Sie ein Problem, das gelöst werden muss. Die Lösung liegt bei Ihnen. Fassen Sie mal das Verkehrsschild an, das Ihrer Wohnung am nächsten steht, und stellen sich den Menschen vor, der es dort montiert hat. Nehmen Sie Fußball nicht so ernst. Bleiben Sie dran an der Weltliteratur: Stefan Zweig, „Schachnovelle“. Lachen Sie sich mal im Spiegel an. Danach aus. Verbringen Sie noch einen Tag, ohne auf einen Bildschirm zu blicken. Besuchen sie einmal einen Soldatenfriedhof, es ist nicht weit. Machen Sie regelmäßig Spaziergänge an einem fließenden Gewässer. Seien Sie nicht so oft zornig, Sie sind ja nicht mehr vier Jahre alt. Machen Sie öfter mal mit. Fragen Sie nicht wobei, das wissen Sie doch. Geben Sie sich mal das Klarinettenkonzert von Mozart, das aus „Jenseits von Afrika“, sie wissen schon. Gehen Sie jetzt richtig los auf die Weltliteratur: Mark Twain, Huckleberry Finn“, am besten die Ausgabe mit den Illustrationen von Walter Trier. Glauben Sie nicht alles, wovon Sie überzeugt sind. Folgen Sie nicht jedem Ratschlag. Aber auch nicht keinem. Sie sind doch erwachsen. Fragen Sie nicht, was 2017 Ihnen gebracht hat, sondern fragen Sie, was Sie 2017 gebracht haben. Ziehen Sie aus der Antwort Ihre Schlüsse für 2018. Na los. Sie schaffen das.
Beste Wünsche für ein Hammer-2018,
IHR MITBÜRGER MICHAEL RITZ
Aus dem Kalender „Der Andere Advent“ von „Andere Zeiten e.V.“
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