Sonntag, 28. Januar 2018
Sonntag? Was soll das? - Gedanken zum Monatsspruch des ausgehenden Januars 2018
„Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du und dein Sohn und deine Tochter und dein Sklave und deine Sklavin und dein Rind und dein Esel und dein ganzes Vieh und dein Fremder in deinen Toren.“ 5. Buch Mose (Deuteronomium) 5,14

Auf die Frage: „Und was machen Sie am Sonntag?“ finden sich in Blogger-Kommentaren zwei deutliche Tendenzen: Entspannung und Selbstbestimmung. Mir ist da noch ein dritter Aspekt besonders wichtig: die Sonntagsruhe. Und die Menschen. Familie und Freunde. Am Sonntag hat man Zeit.

Es ist leise, am Sonntag. Auf dem Dorf läuft keine Landmaschine (abgesehen von Erntezeiten), keine Kettensäge, kein Aufsitzmäher, auf den Landstraßen fahren nur vereinzelt ein paar Autos, dafür umso mehr Fahrräder und weil alle sich ausruhen, spazieren gehen, Kaffee trinken , Fußball spielen oder was ihnen sonst so Spaß macht, entsteht einfach weniger Lärm. Auch weniger Dieseldunst. Sogar die Luft ist sonntags besser. Der Klang der Kirchenglocken lässt einen ein wenig aus der Zeit fallen. An keinem anderen Tag in der Woche kann man so vortrefflich entspannen wie am Sonntag. Weil einfach alles ruhig ist. Wenn ich nicht einkaufen kann, kann ich eben nicht einkaufen. Wieder eine geschenkte Stunde, in der ich statt dessen lesen, joggen, stricken oder träumen kann. Und ich habe diesen starken Satz von Keinmann gelesen: „Der Sonntag gehört mir.“ Ja genau. Der Sonntag ist ein Gottesgeschenk, an jeden einzelnen von uns. Geschenke darf man nicht ausschlagen, man sollte sie würdigen.

In jüngster Zeit greifen die gierigen Gewinnmaximierer des Turbo-Kapitalismus mal wieder nach dem Sonntag: Geschäfte auf, damit konsumiert werden kann. Angeblich, weil man sonst nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Angeblich, weil die arbeitende Bevölkerung das so wünscht.Welch ein Irrsinn!
Ach, im Internet kann man auch am Wochenende einaufen? Na und? Geliefert wird aber totzdem erst ein paar Tage später, also was soll der Geiz?
Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Statt zu vernünftigen Zeiten die Geschäfte zu öffnen, mit ordenlich sortierten Regalen, ausreichend Personal, vollbesetzten Kassen und ausgeglichenen Mitarbeitenden, gibt es uferlose, knapp besetzte Öffnungszeiten, als Kunde hat man ständig das Gefühl, beim Einräumen im Weg zu sein, fühlt sich wie eine lästige Landplage, wenn man mal einen Verkäufer um Rat bittet, steht Ewigkeiten an der Kasse (bei Karstadt gibt es schon nur noch eine einzige Kasse für zwei Stockwerke, früher gab es drei Kassen pro Etage) und bekommt immer bescheidenere Qualität für viel Geld. Wer will so etwas?
Schon möglich, dass die bis in den Jahresurlaub hinein fremdanimierte Generation nur durch grenzenlosen Konsum daran gehindert wird, sich zu Hause gegenseitig die Fresse einzuschlagen, weil sie nichts mehr mit sich selbst anzufangen weiß. Aber mal im Ernst: Wie viele Leute sind so? Fünf Prozent? Die Mehrheit ist doch entweder im Sportverein oder präferiert das Dasein als Couchpotato. Sonntägliches Shoppen ist kein „Must have“, bestenfalls ein „Kann man ja machen, wenn es geht.“
Doch was hat das für Konsequenzen? Die Menschen, die im Einzelhandel tätig sind, haben keinen Sonntag. Sie dürfen an einem anderen Tag frei nehmen, aber was haben sie davon, wenn sie trotzdem früh raus müssen, weil die Kinder ja ganz normal zur Schule gehen? Und mit wem sollen sie einen Sonntagsausflug unternehmen, wenn Gatte und sämtliche Feunde bei der Arbeit sind?
Wenn es erst normal wird, dass Sonntags Handel getrieben wird, dauert es nicht mehr lang und die Produktionsbetriebe heulen rum, weil sie ohne Sonntagsarbeit nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Und immer so weiter, bis der Sonntag ganz verschwindet. Scheibchenweise.

Der Rhythmus, in dem jeder siebte Tag ein Ruhetag ist, hat durchaus einen Sinn, nicht nur einen spirituellen. Regelmäßige konsequente Regenaration fördert Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Wenn man Menschen bis zum letzten Tropfen auspresst, kann man sie anschließend nicht mehr gebrauchen. Aber so weit denken die gierigen Gewinnmaximierer nicht, kein Wunder in einer Kultur, die noch immer die Gewinne privatisiert und die Kosten vergesellschaftet.

Wenn es um die Ausbeutung des Sonntags für die kapitalistischen Verwertungsinteressen geht, piepen die Verfassten Kirchen ein bisschen vor Entrüstung. Das sollten sie nicht, Sie sollten brüllen, die Peitsche schwingen, ihre Mitglieder auf die Straße treiben und für den Sonntag kämpfen. Aber das wird natürlich schwierig, wenn der Herr Pfarrer mit dem Konzernchef und KiTa-Sponsor im Rotary-Club sitzt und mit Moët anstößt. Nein, die Mehrheit der Pfarrer ist nicht so anstößig, aber vielleicht diejenigen, die sich in die Machtpositionen rempeln.

Und zum Schluss ist für Christen der Sonntag natürlich der Tag des Herrn. Gern reagieren Pfarrer verschnupft auf die geringe Frequenz ihrer sonntäglichen Gottesdienste. Zu Recht? Ich glaube nein. Wo steht geschrieben: Am Sonntag sollst du von 10 bis 11 Uhr in einer kalten, muffigen, dunklen Kirche auf harten Bänken sitzen und dir theologische Gemeinplätze anhören, auf die du dich nicht konzentrieren kannst, weil du den roten Faden nicht erkennst, dazu Lieder singen, die für deine Stimme zu hoch sind, Gebete sprechen, die nicht von Herzen kommen und eine Liturgie über dich ergehen lassen, deren Sinn sich dir nicht erschließt.
Der Sonntag beginnt mit dem Sonnenuntergang am Samstag Abend. Das wäre ein schöner Zeitpunkt, spirituell in den feierlichen Ruhetag zu starten, wie auch immer. Gern in Gemeinschaft, gern mit Musik und Bibeltext und Verkündigung, aber vielleicht in weniger erstarrten Formen. Doch warum soll ich mich am Sonntag aus dem Bett quälen? Wo ich endlich einmal ausschlafen kann, an dem Tag, den Gott mir geschenkt hat – oder für die religiös Unmusikalischen: den der jüdische Kulturkreis hervorgebracht und der Menschheit in vielen Ländern geschenkt hat – wo ich nichts leisten muss, keine Verpflichtungen eingehen muss und einfach tun kann, was mir gefällt, solange ich nicht die Sonntagsruhe der anderen störe. Und wenn es mir Spaß macht, kann ich auch am Sonntag meinen ganzen Garten umgraben. Amen.

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Samstag, 27. Januar 2018
Und was machen Sie am Sonntag?

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Samstag, 20. Januar 2018
Sei Du selbst - eher etwas für Teenies
Noch vor einem Jahr war ich auf der Suche nach mir selbst. Ich wusste nicht so genau, wo es einmal mit mir hingehen sollte. Ich kannte meinen Marktwert nicht und auch keine verborgenen Talente. Mein Klassen-Lehrer hatte eine persönliche Lebensberatung angeboten. Da ging ich hin. Er sagte:

„Du kannst ja alles ein bisschen, aber nichts besonders gut. Da gibt es nicht so viele Berufe, die wie geschaffen für dich sind, aber auch kaum welche, die du von vorneherein ausschließen kannst. Du solltest dir überlegen, wozu du am meisten Lust hast.“

Ich singe gern. Dazu habe ich am meisten Lust. Aber kann man das zum Beruf machen? Popstar werden wollen doch alle. Ich bewarb mich bei DSDS. In einem Vorgespräch stand ich vor einer arroganten Fernsehtussi. Nicht einmal den ranzigen Dieter Bohlen bekam ich zu Gesicht. Die Tussi sagte:

„Egal, wie gut du singen kannst. Du siehst einfach viel zu farblos aus. Du musst deinen Typ aufpeppen. Dann kannst du dich ja noch einmal bewerben.“

Aber wie sollte ich meinen Typ aufpeppen? Gegen Make-up bin ich allergisch. Ich könnte höchstens coolere Klamotten anziehen und mir eine peppige Frisur machen lassen. Meine Mutter schleppte mich zu einer Typberatung. So etwas mache ich nie wieder. So ein eingebildeter Designertyp ganz in schwarz meinte:

„Schwierig. Deinem Gesicht fehlt irgendwie die markante Linie, die ich betonen könnte. Da hilft nur die Christbaum-Strategie. Einfach jede Menge Accessoires anbringen: schrille Haarfarbe – für Dich als Hauttyp Winter empfehle ich Tomatenrot -, dazu eine Zebra-Sonnebrille oder ein auffälliges Augenbrauen-Piercing. Und dann durchgehend schlichte, schwarze Klamotten. Ist ja alles nicht so perfekt verteilt bei dir. Schwarz kaschiert das und streckt.“

Nach der Styling-Prozedur fühlte ich mich einfach nur verkleidet. Bei DSDS wollten sie mich trotzdem nicht nehmen. Singen im Hauptberuf, das würde wohl nichts. Ich beschloss, mir etwas Zeit zu lassen. Manchmal lösen sich Probleme auch von allein, irgendwie durch Zufall. Und dann verliebte ich mich. Aber so was von. Aber ein kleiner Wicht in meinem Kopf sagte mir, dass ich nicht den Funken einer Chance hätte. Und meine engsten Freundinnen und Freunde sagten Sachen wie:

„Auf die inneren Werte kommt es an.“

„Wer dich nicht will, hat dich auch nicht verdient.“

„Auf jeden Topf passt ein Deckel.“

Das half mir auch nicht weiter. Vielleicht war ich ja auch noch nicht reif für die Liebe. Ich ging spazieren, um den Kopf frei zu bekommen. Im Wald geht das immer gut, zumindest bei Regen, da sind kaum Jogger, Walker und Jack-Russel-Terrier unterwegs. Ich kam an dem hohlen Baum vorbei, in dem wir schon als kleine Kinder gespielt hatten. Wir hatten Sachen in die Rinde geritzt, die waren im Laufe der Jahre größer geworden, nicht viel, aber ein bisschen. Neben dem Baum stand ein seltsamer Mensch. Erwachsen, aber echt keine Ahnung, wie alt der war. Oder die. Ich konnte auch nicht erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Es sagte nur:

„Kann es sein, dass du hier auf der Suche nach dir selbst bist?“

Ich nickte. Dann fuhr es fort:

„Du weißt nicht, wer du sein willst und erst recht nicht, wer du sein kannst. Vielleicht wirst du kein Popstar und auch kein Nobelpreisträger. Aber du hast große Kraft in dir und du steckst voller Überraschungen. Wenn du genau in dich hinein horchst, dann kannst du täglich neue Schätze in deinem Inneren entdecken. Sehr kleine Schätze vielleicht, aber eine ganze Menge. Und eine Menge kleiner Schätze, das ergibt einen großen Schatz. Und der Schöpfer hat ja einen ziemlich genauen Plan mit jedem einzelnen seiner Geschöpfe. Mit dir natürlich auch. Willst du mal einen sehen, der absolut perfekt richtig ist, genauso wie er ist?“

Das wollte ich. Und das fremde Wesen führte mich in den alten, hohlen Baum. Und da sah ich dann tatsächlich einen Menschen, der absolut perfekt richtig ist. Ich habe ein Bild mitgebracht. Seht es euch an. Ganz in Ruhe, einer nach dem anderen. Und verratet dem Rest nicht, was ihr da gesehen habt. Ihr werdet überwältigt sein.

DAS BILD KÖNNT IHR ÜBERALL SEHEN, SOBALD IHR IN EINEN SPIEGEL BLICKT.

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