Samstag, 20. März 2021
Durchhalten und weiterleben - zum Buch Hiob, 19
Kurz etwas zur Vorgeschichte. Das Buch Hiob kann man wohl getrost in die Reihe der theologischen Literatur einsortieren; eine Lehrgeschichte, ein Roman.
Es beginnt mit einer Wette, die der Schöpfer mit dem Satan abschließt. Der Satan wettet, dass der grundgute, formme, brave, gläubige Hiob nur deshalb so ein guter Mensch ist, weil er mit Reichtum, Gesundheit, Familie und guten Freunden gesegnet ist. Sobald er alles verliert, würde er genauso verbittert, böse und ungläubig wie viele andere. Gott wettet dagegen und schlägt ein. Hiervon ist wohl der Prolog im Himmel in Goethes Faust inspiriert.
Tatsächlich beginnt nun Hiobs Leidensgeschichte. Er verliert alles: Seinen Besitz, seine Familie, seine Gesundheit und am Ende machen seine Freunde ihm Vorhaltungen, statt zu ihm zu halten.

Nachdem sein alter Kumpel Bildad ihm erklärt hat, er sei selbst Schuld an seinem Elend antwortet Hiob ausführlich und aus dieser Antwort stammt der nun folgende Predigttext für Sonntag, den 21.03.
https://www.bibleserver.com/LUT/Hiob19%2C19-27

Alle Freunde Hiobs wandten sich von ihm ab. Damals herrschte der Glaube, Krankheit und Elend seien eine Strafe Gottes. In unseren weitestgehend aufgeklärten Zeiten weisen wir solche Deutungen von uns. Aber im Prinzip reagieren die meisten Leute auch heute noch so:
Wer krank wird, hat eben nicht gesund genug gelebt: zu wenig Sport, zu viel Stress, falsche Ernährung oder die Eltern haben Schuld.

Wer unter Alkoholismus, Übergewicht oder Nikotinsucht leidet,- dem fehlt es einfach an Disziplin. Man muss doch einfach nur einen Entzug machen, seine Ernährung umstellen, mit dem Rauchen aufhören.

Wer langezeiterwerbslos ist, hat sich entweder schon in der Schule nicht genug angestrengt oder bemüht sich jetzt einfach nicht ausreichend, müsste sich mehr bewerben, fortbilden, bereit sein auch mal unangenehme und schlecht bezahlte Jobs anzunehmen.

Wer sich mit Corona infiziert hat wohl zu viele Kontakte gehabt, zu wenig Abstand gehalten, keinen angemessenen Mund-Nasenschutz getragen oder sich nicht oft genug die Hände gewaschen.

Menschen reagieren so, um nicht behelligt zu werden, aus Selbstschutz. Man will sich nicht um Bedürftige kümmern müssen und sich damit am Ende vollkommen verzetteln und selbst überlasten.
Man will sich nicht anstecken mit Krankheiten Süchten, Depressionen, Fehlverhalten.
Man will nicht in den Sumpf gezogen werden, in dem der oder die Leidende sich befindet.
Man will kein Mitleid empfinden, um Ekel, Angst und Elend nicht aushalten zu müssen.


Viele der Leidenden zerbrechen an diesem Verlassenwerden. Sind verbittert, geben sich auf. Haben keinen Antrieb mehr.

Hiob geht anders damit um. Er verlässt sich einfach auf sein persönliches Happyend. Selbst, wenn es in diesem Leben nichts mehr wird: Am Ende wird er bei Gott geborgen sein.
Manche finden das dumm, weil es die Elenden gefügig macht.
Oft ist das so.
Aber wer aufgegeben hat, kann sich auch nicht mehr wehren. Dieser feste Glaube - "Ich weiß, dass mein Erlöser lebt." - der besagt, dass sich das Blatt irgendwann wenden wird, hält Hiob am Leben, lässt ihn durchhalten und auch daran festhalten, sich für sein schlimmes Schicksal nicht an anderen zu rächen.

Wer andere in ihrem Elend allein lässt, will auf der Gewinnerseite stehen. Im Evangeliumstext für diesen Sonntag steht eine Geschichte, in der sich zwei Jünger im Himmel die Poleposition an Jesu Seite sichern wollen. Jesus erklärt, dass es ihm nicht zusteht, jemanden auszusuchen. Die anderen Jünger sind sauer, was die beiden sich anmaßen. Und Jesus erklärt: Wer auch nur die Chance auf einen solchen Platz für sich beanspruchen will, der muss sich von großspurigen Phantasien verabschieden. Im Himmel ist der Größte, wer sein Leben in den Dienst für andere gestellt hat.

Hiob hält daran fest. Er bewahrt seine Werte und seine Hoffnung. Sein Erlöser war Gott, Christen sehen Jesus als den Erlöser, aber wesentlich ist, fest daran zu glauben, dass es einen Ausweg gibt und das Konstruktive in uns festzuhalten.
Das schafft man nicht immer allein. Aber früher oder später trifft man dann doch auf jemanden, der einen nicht allein lässt.

Also: Durchhalten und Weiterleben!

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