Mittwoch, 20. Mai 2020
Zurückbleiben – private Gedanken zum Himmelfahrtstag
In den letzten Tagen und Wochen haben jüngste Erfahrungen noch einmal meinen ganz persönlichen Blick auf die Himmelfahrtsgeschichte geschärft. Wer noch einmal den Bibeltext lesen möchte, voilà:
https://www.bibleserver.com/LUT.ELB.HFA/Apostelgeschichte1%2C3-12
Mir geht es bei meiner Sicht nicht so sehr um Jesus von Nazareth, sondern um einen Menschen, durch den mir dieser Jesus in besonderer Weise begegnet ist.
Wir haben etwa zehn Jahre zusammengearbeitet, die letzten beiden davon besonders intensiv und vertrauensvoll, als Team in einem Klima der gegenseitigen Wertschätzung und Unterstützung. Ein Sonnenschein ist er, einer der viel Konstruktives beizutragen hat, der mit seinem ansteckenden Humor den schwierigen Situationen die Schärfe nimmt, der es versteht, heilsam zu trösten, wo es gebraucht wird, der aktiv zuhört, nachdenkt, reagiert, ohne sein Gegenüber mit übergestülptem Rat zu erschlagen. Einfühlsam ist er und erfüllt von einer ansteckenden Nächstenliebe. Sehr vielen Menschen ist er ans Herz gewachsen, gibt ihnen Halt, macht sie fröhlich, mutiger, motivierter. Man hört ihm gern zu, denn er hat oft Dinge zu sagen, die gut tun und hilfreich sind. Ein Mensch fast wie Jesus. Kein Heiliger, einer der auch Fehler macht, durchaus auch mal andere verletzt, der genervt und wütend ist, wenn es zu viel wird, der die Nase rümpft, wenn sich einer allzu blöd anstellt oder zu sehr auf dicke Hose macht. Ein Mensch eben, kein Gott, auch kein Jesus von Nazareth, aber einer, der diesem großen Vorbild besonders nahe kommt.

Und dieser großartige Mensch verlässt uns jetzt, weil es Zeit für ihn ist, weil etwas Neues dran ist. Wir würden ihn alle gern dabehalten, uns weiter an ihn anlehnen, Kraft von ihm schöpfen, und er würde gern bleiben, da sein für die Menschen, mit denen ihn so viel verbindet. Alle sind traurig – er am allermeisten – alle müssen loslassen, ohne ihn auskommen, erwachsen werden.

Aber er stirbt ja nicht, bleibt in dieser Welt, wird sich auch mal wieder sehen lassen. Und das Wichtigste: Allen, die sich so schweren Herzens von ihm trennen, hat er etwas mit auf den Weg gegeben: Den Appell, Herz und Verstand eingeschaltet zu lassen und einen Segen, einen guten Wunsch und vor allem die guten Momente, die man mit ihm hatte, auch die schwierigen. All die gemeinsamen Erfahrungen, die einen klüger, stärker, heiler gemacht haben, die einem niemand mehr nehmen kann und die man für den Rest des Lebens im Herzen behält. Und wenn es auch gerade wehtut: Ein Mensch, der einen so tief berührt hat, den behält man für immer bei sich, und wenn man am wenigsten damit rechnet, aber ihn am nötigsten braucht, dann wird er da sein und einen stützen, stärken und trösten oder zum Lachen bringen.

Ich wünsche jedem von Euch und Ihnen mindestens einen solchen Menschen, der immer seinen Platz behält.

Und über mehr solcher Geschichten würde ich mich sehr freuen.

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