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Samstag, 5. November 2022
Vom Himmel auf Erden
c. fabry, 12:51h
Aktuell haben wir wohl eher die Hölle auf Erden. Populisten und Faschisten schießen wie Pilze aus dem Boden und putschen sich überall an die Macht. Und allerorts scheinen die Menschen das Gegenteil von dem zu tun, was nötig wäre, um das Ruder herum zu reißen, damit wir nicht alle in den Abgrund stürzen.
Schon immer haben Menschen einfach weiter gemacht wie bisher und alle Warnungen in den Wind geschlagen. Bei der Sintflut, in Sodom und Gomorrha und in jedem amerikanischen Katastrophenfilm. Ist beim Klimawandel genauso. Rechnen wir mit dem Schlimmsten. Am besten jederzeit. Quasi ab sofort. Gewiss ist, dass das dicke Ende kommt, aber wir wissen nicht genau wann und schließlich wird es uns erwischen, wie der Blitz beim Kacken.
So könnte man den 2. Teil des folgenden Textes verstehen.
https://www.bibleserver.com/HFA/Lukas17%2C20-30
Teil 1 ist aber viel interessanter: Viele Jüd:innen und Christ:innen glaubten und glauben an ein jüngstes Gericht, die große Abrechnung, das finale Ereignis, bei dem am Ende eine neue Weltordnung herrscht, eine bessere, menschenfreundlichere. Eine Art Königreich, das nicht von dieser Welt ist. Das Reich Gottes. Und das kommt also plötzlich und unerwartet?
Mitnichten! Das Reich Gottes ist längst da. Genau hier. Es ist nur nicht so leicht zu erkennen. Aber wenn du es erkennst, kann es eine Quelle der Kraft sein, um heil durch die tägliche Hölle zu kommen.
Was könnte es denn sein, das Reich Gottes?
Hier ein paar Beispiele:
Wenn du "Jesus meine Freude" selbstvergessen vom Blatt spielen kannst, ohne Fehler und ohne Angst, dich zu verspielen.
Wenn man knausert mit Kritik, aber verschwenderisch umgeht mit Aufmerksamkeit, Liebe und Anteilnahme.
Wenn man einem Bettler einen Schein schenkt, ohne sich darum zu scheren, ob er ihn versäuft.
Wenn jemand einen Obdachlosen zum Essen einlädt und danach sogar einen Schlafplatz bietet.
Wenn eine Familie eine geflüchtete Familie auf unbestimmte Zeit bei sich aufnimmt.
Wenn man ungestört beobachten kann, wie die Sonne im Meer versinkt.
Wenn man angstfrei ins Bett geht und die ganze Nacht durchschläft.
Wenn die Bienen dem Frost trotzen und die Apfelblüten bestäuben.
Wenn man zusammen singt und sich einfach am Klang erfreut.
Wenn jemand ehrenamtlich Kinder anderer Leute Lesen lehrt.
Wenn zwei sich lieben und sich das gegenseitig offenbaren.
Wenn der Bauch voll ist und die Füße warm sind.
Wenn man eine erfreuliche Diagnose bekommt.
Wenn jemand am Unfallort erste Hilfe leistet.
Wenn die Glucke die Katzenwelpen wärmt.
Wenn ein Despot die Wahl verliert.
Wenn ein Kind geboren wird.
Wenn man ein Leben rettet.
Da ist der Himmel.
Fast überall.
Täglich.
Schon immer haben Menschen einfach weiter gemacht wie bisher und alle Warnungen in den Wind geschlagen. Bei der Sintflut, in Sodom und Gomorrha und in jedem amerikanischen Katastrophenfilm. Ist beim Klimawandel genauso. Rechnen wir mit dem Schlimmsten. Am besten jederzeit. Quasi ab sofort. Gewiss ist, dass das dicke Ende kommt, aber wir wissen nicht genau wann und schließlich wird es uns erwischen, wie der Blitz beim Kacken.
So könnte man den 2. Teil des folgenden Textes verstehen.
https://www.bibleserver.com/HFA/Lukas17%2C20-30
Teil 1 ist aber viel interessanter: Viele Jüd:innen und Christ:innen glaubten und glauben an ein jüngstes Gericht, die große Abrechnung, das finale Ereignis, bei dem am Ende eine neue Weltordnung herrscht, eine bessere, menschenfreundlichere. Eine Art Königreich, das nicht von dieser Welt ist. Das Reich Gottes. Und das kommt also plötzlich und unerwartet?
Mitnichten! Das Reich Gottes ist längst da. Genau hier. Es ist nur nicht so leicht zu erkennen. Aber wenn du es erkennst, kann es eine Quelle der Kraft sein, um heil durch die tägliche Hölle zu kommen.
Was könnte es denn sein, das Reich Gottes?
Hier ein paar Beispiele:
Wenn du "Jesus meine Freude" selbstvergessen vom Blatt spielen kannst, ohne Fehler und ohne Angst, dich zu verspielen.
Wenn man knausert mit Kritik, aber verschwenderisch umgeht mit Aufmerksamkeit, Liebe und Anteilnahme.
Wenn man einem Bettler einen Schein schenkt, ohne sich darum zu scheren, ob er ihn versäuft.
Wenn jemand einen Obdachlosen zum Essen einlädt und danach sogar einen Schlafplatz bietet.
Wenn eine Familie eine geflüchtete Familie auf unbestimmte Zeit bei sich aufnimmt.
Wenn man ungestört beobachten kann, wie die Sonne im Meer versinkt.
Wenn man angstfrei ins Bett geht und die ganze Nacht durchschläft.
Wenn die Bienen dem Frost trotzen und die Apfelblüten bestäuben.
Wenn man zusammen singt und sich einfach am Klang erfreut.
Wenn jemand ehrenamtlich Kinder anderer Leute Lesen lehrt.
Wenn zwei sich lieben und sich das gegenseitig offenbaren.
Wenn der Bauch voll ist und die Füße warm sind.
Wenn man eine erfreuliche Diagnose bekommt.
Wenn jemand am Unfallort erste Hilfe leistet.
Wenn die Glucke die Katzenwelpen wärmt.
Wenn ein Despot die Wahl verliert.
Wenn ein Kind geboren wird.
Wenn man ein Leben rettet.
Da ist der Himmel.
Fast überall.
Täglich.
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Samstag, 29. Oktober 2022
Alle steh'n drauf, aber keiner gibt's zu
c. fabry, 19:12h
Ein Predigttext aus dem Hohelied Salomos, Kapitel 8, Verse 6b-7. Kurz und kraftvoll. Poetisch und schön. Ich habe ihn mal genauer betrachtet. Satz für Satz.
Liebe ist stark wie der Tod.
Wie der Tod? Der dich überrollt? Etwas, wogegen du dich keinesfalls wehren kannst, das dich einfach über dich hereinbricht, dich wegreißt, aus dem Leben reißt, so kann dich die Liebe erwischen, über dich hereinbrechen, du kannst dich nicht dagegen wehren.
Unersättlich wie das Totenreich ist die Leidenschaft.
Seit hunderttausenden von Jahren gibt es Menschen auf der Erde. Und wenn wir bei diesem Bild bleiben, sind alle, die schon einmal da waren, letztendlich in dieses Totenreich eingezogen. Wie viele sind das eigentlich? Hat das mal jemand ausgerechnet? Und es werden immer mehr. Solange die Erde besteht und die Menschheit existiert, werden immer mehr von diesem unersättlichen Totenreich verschlungen.
Und genauso unersättlich ist das Gefühl, wenn man leidenschaftlich verliebt ist, wenn man nicht genug bekommt von dem Objekt seiner Begierde. Ich will dich ansehen, deine Stimme hören, will deinen Geruch einsaugen und genießen, den Geschmack deiner Lippen auf meiner Zunge spüren, ich will in deinen Augen versinken, ich will dich anfassen und von dir angefasst werden. Ich will dich festhalten und nicht mehr loslassen. Und wenn ich weiß, dass du gleich gehen musst, dann bin ich schon jetzt traurig, weil ich weiß, wie sich die Sehnsucht anfühlt, die Leere, wie ich darauf warte, bis du wieder da bist. Es reicht einfach nicht und es fühlt sich an, als wäre es nie genug, auch wenn uns die Erfahrung lehrt, dass es irgendwann so ist. Aber im Moment der Leidenschaft sind wir unersättlich.
Sie entflammt wie Feuerflammen.
Es gibt wachsende Liebe, die immer stärker wird, aber Leidenschaft ist etwas, das einen meistens aus heiterem Himmel erwischt. Jemand betritt einen Raum und man merkt plötzlich: da tut sich was. Da gibt es körperliche Reaktionen und so eine Aufregung, fast so ein spirituelles Gefühl, als wenn in dem Augenblick, wo mir diese Mensch begegnet, nicht nur dieser Mensch begegnet, sondern auch der Geist Gottes. Denn meistens ist es ja nicht der pure Sex, was uns zu anderen hinzieht. Es ist etwas Anderes, etwas, das man nicht beschreiben kann, für das man keine Worte hat, denn es handelt sich ja um Menschen, die man noch gar nicht kennt. Man sieht sie nur an und man spürt sofort: dieser Mensch passt zu mir, der zieht mich an, mit dem will ich zusammen sein, vielleicht sogar eins mit im werden und das ist dann wirklich wie ein Stichflamme. Vielleicht flackert sie erst einmal nur kurz auf und glimmt dann vor sich hin, weil sich gar keine Gelegenheit ergibt, dass sie sich entwickeln kann und irgendwann, bei einer anderen Gelegenheit kommt neue Nahrung und sie lodert plötzlich auf. Und es ist immer ein Auflodern es ist nie etwas, das langsam immer mehr wird. Es gibt immer bestimmt Augenblicke, in denen wir plötzlich spüren, dass da etwas ist: eine innere Flamme. Und die ist vielleicht auch vergleichbar mit der Flamme des des Glaubens, der einen genauso überrollen kann wie die Leidenschaft für einen Menschen.
Wie der Blitz schlägt sie ein.
Auch das gibt es, dass man fassungslos ist, als hätte man einen Schlag bekommen. Man kann gar nicht mehr sprechen. Kennen Sie das, wenn man so ein Vibrato in der Stimme hat und alle merken, wie aufgeregt man ist? Das Herz rast, manchmal brennt es auch irgendwo auf der Haut und die Hände sind feucht. Unfassbar. Man kann überhaupt nichts dagegen machen, man ist dem hilflos und machtlos ausgeliefert.
Kein Meer kann die Glut der Liebe löschen.
Das ist ein eigenartiges Bild. Warum soll man sie denn löschen? Aber das stimmt ja, es gibt Situationen, wo ich jemanden liebe, den ich aber nicht lieben darf, weil er vergeben ist, oder weil ich vergeben bin, weil die Verhältnisse das verbieten, wie auch immer. Aber wenn es einmal so ist, wenn es sich einmal so entwickelt hat, wenn der Blitz einmal eingeschlagen ist, wenn die Flamme einmal brennt, dann kann man noch so viel tun, um dagegen anzukämpfen, das geht einfach nicht weg. Es gibt das berühmte Bild von den voll im Saft stehenden Männern, die kalt Duschen, um ihre sexuelle Erregung in den Griff zu bekommen, aber alles was man tut, um das zu vernichten, was einem da gerade nicht in den Kram passt, das die Pläne durchkreuzt oder das Bild konterkariert, das man von sich selbst hat, hat keinen Sinn. Man ist dagegen machtlos. Nicht einmal ein Meer, eine gigantische Menge Wasser kann diese kleine Flamme löschen, die so hell und heiß brennt, dass sie einfach immer weiter glüht.
Keine Sturzflut reißt sie mit sich fort.
Nicht einmal in Verbindung mit Gewalt, nichts hilft. Auch andere Menschen können es einem nicht austreiben. Wenn man liebt, liebt man. Niemand kann das beeinflussen.
Da verkauft einer Hab und Gut, um die Liebe zu gewinnen und erntet dafür nichts als Spott.
Obwohl wir das alle kennen und wohl schon jeder von uns in diese Situation geraten kann und auch schon einmal erlebt hat und weiß wie sich das anfühlt, und sich eigentlich auch immer wieder heimlich danach sehnt, trotzdem ist es uns peinlich. In einem Augenblick, in dem die Liebe Macht über uns hat, tun wir die verrücktesten Dinge, einfach weil wir lieben, weil wir dem Menschen, den wir so verehren, das zeigen wollen oder weil wir uns für ihn einsetzen wollen, ihn retten, ihm Gutes tun und machen uns damit lächerlich.
Wir kommt es, dass Menschen Menschen verachten, dafür dass sie jemanden lieben? Was sind das für eigenartige Motive, sich unbedingt überlegen fühlen zu müssen? Ist es die Angst, selbst in diese Situation zu geraten? Aber warum ist das so eine Schmach? Natürlich ist es dann eine Schmach, wenn die Gefühle nicht erwidert werden. Aber selbst Menschen, die jemanden lieben, der sie auch liebt und die sich dann für ihn einsetzen, werden in der Regel nicht für voll genommen. Als wäre es eine Schwäche, zu lieben, obwohl es doch eigentlich eine Stärke ist, eine Macht. Aber es ist natürlich auch so, dass die Liebe den Blick verstellt, blind macht für die Wahrheit und einen zu einer leichten Beute, zu einem Opfer macht. Aber ist das der einzige Grund, warum man dafür so verachtet wird, weil man diese vermeintliche Schwäche zeigt, sich angreifbar macht? Was sind wir für eine Menschheit, die uns bespuckt, statt uns zu feiern, wenn wir lieben?
Liebe ist stark wie der Tod.
Wie der Tod? Der dich überrollt? Etwas, wogegen du dich keinesfalls wehren kannst, das dich einfach über dich hereinbricht, dich wegreißt, aus dem Leben reißt, so kann dich die Liebe erwischen, über dich hereinbrechen, du kannst dich nicht dagegen wehren.
Unersättlich wie das Totenreich ist die Leidenschaft.
Seit hunderttausenden von Jahren gibt es Menschen auf der Erde. Und wenn wir bei diesem Bild bleiben, sind alle, die schon einmal da waren, letztendlich in dieses Totenreich eingezogen. Wie viele sind das eigentlich? Hat das mal jemand ausgerechnet? Und es werden immer mehr. Solange die Erde besteht und die Menschheit existiert, werden immer mehr von diesem unersättlichen Totenreich verschlungen.
Und genauso unersättlich ist das Gefühl, wenn man leidenschaftlich verliebt ist, wenn man nicht genug bekommt von dem Objekt seiner Begierde. Ich will dich ansehen, deine Stimme hören, will deinen Geruch einsaugen und genießen, den Geschmack deiner Lippen auf meiner Zunge spüren, ich will in deinen Augen versinken, ich will dich anfassen und von dir angefasst werden. Ich will dich festhalten und nicht mehr loslassen. Und wenn ich weiß, dass du gleich gehen musst, dann bin ich schon jetzt traurig, weil ich weiß, wie sich die Sehnsucht anfühlt, die Leere, wie ich darauf warte, bis du wieder da bist. Es reicht einfach nicht und es fühlt sich an, als wäre es nie genug, auch wenn uns die Erfahrung lehrt, dass es irgendwann so ist. Aber im Moment der Leidenschaft sind wir unersättlich.
Sie entflammt wie Feuerflammen.
Es gibt wachsende Liebe, die immer stärker wird, aber Leidenschaft ist etwas, das einen meistens aus heiterem Himmel erwischt. Jemand betritt einen Raum und man merkt plötzlich: da tut sich was. Da gibt es körperliche Reaktionen und so eine Aufregung, fast so ein spirituelles Gefühl, als wenn in dem Augenblick, wo mir diese Mensch begegnet, nicht nur dieser Mensch begegnet, sondern auch der Geist Gottes. Denn meistens ist es ja nicht der pure Sex, was uns zu anderen hinzieht. Es ist etwas Anderes, etwas, das man nicht beschreiben kann, für das man keine Worte hat, denn es handelt sich ja um Menschen, die man noch gar nicht kennt. Man sieht sie nur an und man spürt sofort: dieser Mensch passt zu mir, der zieht mich an, mit dem will ich zusammen sein, vielleicht sogar eins mit im werden und das ist dann wirklich wie ein Stichflamme. Vielleicht flackert sie erst einmal nur kurz auf und glimmt dann vor sich hin, weil sich gar keine Gelegenheit ergibt, dass sie sich entwickeln kann und irgendwann, bei einer anderen Gelegenheit kommt neue Nahrung und sie lodert plötzlich auf. Und es ist immer ein Auflodern es ist nie etwas, das langsam immer mehr wird. Es gibt immer bestimmt Augenblicke, in denen wir plötzlich spüren, dass da etwas ist: eine innere Flamme. Und die ist vielleicht auch vergleichbar mit der Flamme des des Glaubens, der einen genauso überrollen kann wie die Leidenschaft für einen Menschen.
Wie der Blitz schlägt sie ein.
Auch das gibt es, dass man fassungslos ist, als hätte man einen Schlag bekommen. Man kann gar nicht mehr sprechen. Kennen Sie das, wenn man so ein Vibrato in der Stimme hat und alle merken, wie aufgeregt man ist? Das Herz rast, manchmal brennt es auch irgendwo auf der Haut und die Hände sind feucht. Unfassbar. Man kann überhaupt nichts dagegen machen, man ist dem hilflos und machtlos ausgeliefert.
Kein Meer kann die Glut der Liebe löschen.
Das ist ein eigenartiges Bild. Warum soll man sie denn löschen? Aber das stimmt ja, es gibt Situationen, wo ich jemanden liebe, den ich aber nicht lieben darf, weil er vergeben ist, oder weil ich vergeben bin, weil die Verhältnisse das verbieten, wie auch immer. Aber wenn es einmal so ist, wenn es sich einmal so entwickelt hat, wenn der Blitz einmal eingeschlagen ist, wenn die Flamme einmal brennt, dann kann man noch so viel tun, um dagegen anzukämpfen, das geht einfach nicht weg. Es gibt das berühmte Bild von den voll im Saft stehenden Männern, die kalt Duschen, um ihre sexuelle Erregung in den Griff zu bekommen, aber alles was man tut, um das zu vernichten, was einem da gerade nicht in den Kram passt, das die Pläne durchkreuzt oder das Bild konterkariert, das man von sich selbst hat, hat keinen Sinn. Man ist dagegen machtlos. Nicht einmal ein Meer, eine gigantische Menge Wasser kann diese kleine Flamme löschen, die so hell und heiß brennt, dass sie einfach immer weiter glüht.
Keine Sturzflut reißt sie mit sich fort.
Nicht einmal in Verbindung mit Gewalt, nichts hilft. Auch andere Menschen können es einem nicht austreiben. Wenn man liebt, liebt man. Niemand kann das beeinflussen.
Da verkauft einer Hab und Gut, um die Liebe zu gewinnen und erntet dafür nichts als Spott.
Obwohl wir das alle kennen und wohl schon jeder von uns in diese Situation geraten kann und auch schon einmal erlebt hat und weiß wie sich das anfühlt, und sich eigentlich auch immer wieder heimlich danach sehnt, trotzdem ist es uns peinlich. In einem Augenblick, in dem die Liebe Macht über uns hat, tun wir die verrücktesten Dinge, einfach weil wir lieben, weil wir dem Menschen, den wir so verehren, das zeigen wollen oder weil wir uns für ihn einsetzen wollen, ihn retten, ihm Gutes tun und machen uns damit lächerlich.
Wir kommt es, dass Menschen Menschen verachten, dafür dass sie jemanden lieben? Was sind das für eigenartige Motive, sich unbedingt überlegen fühlen zu müssen? Ist es die Angst, selbst in diese Situation zu geraten? Aber warum ist das so eine Schmach? Natürlich ist es dann eine Schmach, wenn die Gefühle nicht erwidert werden. Aber selbst Menschen, die jemanden lieben, der sie auch liebt und die sich dann für ihn einsetzen, werden in der Regel nicht für voll genommen. Als wäre es eine Schwäche, zu lieben, obwohl es doch eigentlich eine Stärke ist, eine Macht. Aber es ist natürlich auch so, dass die Liebe den Blick verstellt, blind macht für die Wahrheit und einen zu einer leichten Beute, zu einem Opfer macht. Aber ist das der einzige Grund, warum man dafür so verachtet wird, weil man diese vermeintliche Schwäche zeigt, sich angreifbar macht? Was sind wir für eine Menschheit, die uns bespuckt, statt uns zu feiern, wenn wir lieben?
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Samstag, 22. Oktober 2022
Lahm vor Scham
c. fabry, 12:06h
Wenn mich mein Gewissen quält, weil ich meinem Kind nicht die Aufmerksamkeit gegönnt habe, die es gebraucht hätte, weil ich meine diffuse Wut an meinem Lebenspartner ausgelassen habe, weil ich nicht auf meine Haustiere aufgepasst habe, weil ich bei der Arbeit etwas Wichtiges vergessen habe, weil ich meinen Mund nicht halten konnte, als ich besser geschwiegen hätte, dann drückt es mich mitunter so sehr, dass es mich lähmt. Mutlos werde ich und niedergeschlagen, fühle mich wie ein lästiger Fettfleck, mag niemandem mehr unter die Augen treten, zumindest nicht denen, an denen ich schuldig geworden bin.
Das einzige, was mich in dieser Situation entlasten kann, ist, dass mein ?Opfer? mir mit Zuneigung und Verständnis begegnet. Dann kommt wieder Leben in meine Arme und Beine, dann kehren Antrieb, Kraft und Mut zurück.
So verstehe ich auch diese Geschichte aus dem Markus-Evangelium, den Predigttext des 23. Oktobers.
https://www.bibleserver.com/HFA/Markus2%2C1-12
Vordergründig scheint es eine von diesen naiven Heilungsgeschichten zu sein, perfektes religionspädagogisches Material für die Grundschule: Einer ist krank, seine Freunde bringen ihn zu Jesus und weil sie so fest an Jesus glauben, wird er gesund.
Aber in diesem Text steckt viel mehr. Da gibt es einen Menschen, der sich nicht bewegen kann. Ob er schon immer an Lähmungen litt, wie sich sein Krankheitsbild genau gestaltete, ob schwere Arthrose, Knochenbrüche, Nervenleiden, Muskelschwund oder ob es sich um eine psychogene Symptomatik handelte, das wird nicht nicht erklärt. Wesentlich ist: Seine Freunde haben davon gehört, dass dieser neue Wanderprediger in der Nähe ist, der schon viele Leute von schweren Krankheiten geheilt hat. Also bringen sie ihren Freund zu ihm. Und sie geben wirklich alles. Das Haus ist voll, auch vor dem Haus drängen sich die Menschen, es gibt keine Möglichkeit, an den großen Heiler heranzukommen und da beweisen sie Phantasie, Kreativität, Mut und zielführende Tatkraft. Sie heben ihn auf das Haus, decken das Dach ab und lassen den Freund auf einer Decke liegend, befestigt an vier Seilen herunter, sodass er direkt vor Jesus zu liegen kommt. Jesus dürfte ziemlich überrascht gewesen sein. Und beeindruckt. Jemand, der solche Freunde hat, die sich so sehr für ihn einsetzen, der muss vieles in seinem Leben richtig gemacht haben. Wovon ließ der Mann sich so lähmen? Was auch immer er falsch gemacht hatte: Seine Freunde trugen ihm nichts mehr nach. Vielleicht war es gar nicht so gemeint, dass Big Jesus, der Sohn des Höchsten, der Himmelsprinz, der Thronfolger Gottes großspurig verkündet: "Ach, mein Kleiner, ich will mal nicht so sein, ich vergebe dir deine Fehler." Vielleicht wollte er ihn nur daran erinnern, dass seine Freunde ihm längst vergeben hatten.
Doch die Eifersüchtigen Religionsexperten, die es nicht ertragen konnten, dass sich jemand anmaßte, was sie selbst niemals gewagt hätten, obwohl sie sich doch als ehrenwert wähnten, mehr als alle anderen, die warfen ihm vor, sich mit seiner Rede von Vergebung der schlimmsten aller Sünden schuldig zu machen: der Gotteslästerung.
Und hier erscheint es immer fragwürdiger, dass diese Geschichte ein sachlicher Bericht ist, denn der Evangelist schreibt, was die Schriftgelehrten dachten und dass Jesus das sofort wusste. Da hätte der alte Markus schon der Kunst des Gedankenlesens kundig sein müssen, aber das funktioniert wohl nur in der Welt von Harry Potter.
Und dann tritt Jesus gegenüber den Kleingläubigen einen vermeintlichen Beweis an. Damals herrschte der Glaube vor, dass körperliche Gebrechen nichts anderes waren als Strafen für schwere Sünden. Wurde das Gebrechen geheilt, waren wohl auch die Sünden vergeben. Und so sprach Jesus in copperfieldscher Effekthascherei zu dem Gelähmten: "Steh auf, nimm deine Matte und geh!"
Von diesem äußerlich sichtbaren Effekt waren alle beeindruckt, vorläufig wagte niemand, gegen den großartigen Jesus aufzumucken. Aber ich glaube, für Jesus war diese körperliche Heilung nur etwas Oberflächliches. Natürlich war Gesundheit damals ein noch viel höheres Gut als heute; es gab noch keine Sozialsysteme und keine hoch entwickelte Medizin. Trotzdem scheint mir, dem Heiler ging es mehr um das innere Gleichgewicht des Gelähmten: "Guck mal, du hast Freunde, die setzten sich so sehr für dich ein. Also hör auf, dich selbst fertig zu machen. Deine Verfehlungen sind nicht mehr relevant."
In dem Moment, in dem es ausgesprochen wurde, konnte der Mann sich wieder bewegen.
Jeder Mensch verdient Vergebung. Niemand hat etwas davon, wenn die Schuld so sehr auf die Seele drückt, dass sie den Menschen lähmt. Meistens braucht es Zeit, auf jeden Fall eine Bitte um Verzeihung und oft auch irgendeine Form der Wiedergutmachung. Aber irgendwann ist es dann auch mal gut.
Das einzige, was mich in dieser Situation entlasten kann, ist, dass mein ?Opfer? mir mit Zuneigung und Verständnis begegnet. Dann kommt wieder Leben in meine Arme und Beine, dann kehren Antrieb, Kraft und Mut zurück.
So verstehe ich auch diese Geschichte aus dem Markus-Evangelium, den Predigttext des 23. Oktobers.
https://www.bibleserver.com/HFA/Markus2%2C1-12
Vordergründig scheint es eine von diesen naiven Heilungsgeschichten zu sein, perfektes religionspädagogisches Material für die Grundschule: Einer ist krank, seine Freunde bringen ihn zu Jesus und weil sie so fest an Jesus glauben, wird er gesund.
Aber in diesem Text steckt viel mehr. Da gibt es einen Menschen, der sich nicht bewegen kann. Ob er schon immer an Lähmungen litt, wie sich sein Krankheitsbild genau gestaltete, ob schwere Arthrose, Knochenbrüche, Nervenleiden, Muskelschwund oder ob es sich um eine psychogene Symptomatik handelte, das wird nicht nicht erklärt. Wesentlich ist: Seine Freunde haben davon gehört, dass dieser neue Wanderprediger in der Nähe ist, der schon viele Leute von schweren Krankheiten geheilt hat. Also bringen sie ihren Freund zu ihm. Und sie geben wirklich alles. Das Haus ist voll, auch vor dem Haus drängen sich die Menschen, es gibt keine Möglichkeit, an den großen Heiler heranzukommen und da beweisen sie Phantasie, Kreativität, Mut und zielführende Tatkraft. Sie heben ihn auf das Haus, decken das Dach ab und lassen den Freund auf einer Decke liegend, befestigt an vier Seilen herunter, sodass er direkt vor Jesus zu liegen kommt. Jesus dürfte ziemlich überrascht gewesen sein. Und beeindruckt. Jemand, der solche Freunde hat, die sich so sehr für ihn einsetzen, der muss vieles in seinem Leben richtig gemacht haben. Wovon ließ der Mann sich so lähmen? Was auch immer er falsch gemacht hatte: Seine Freunde trugen ihm nichts mehr nach. Vielleicht war es gar nicht so gemeint, dass Big Jesus, der Sohn des Höchsten, der Himmelsprinz, der Thronfolger Gottes großspurig verkündet: "Ach, mein Kleiner, ich will mal nicht so sein, ich vergebe dir deine Fehler." Vielleicht wollte er ihn nur daran erinnern, dass seine Freunde ihm längst vergeben hatten.
Doch die Eifersüchtigen Religionsexperten, die es nicht ertragen konnten, dass sich jemand anmaßte, was sie selbst niemals gewagt hätten, obwohl sie sich doch als ehrenwert wähnten, mehr als alle anderen, die warfen ihm vor, sich mit seiner Rede von Vergebung der schlimmsten aller Sünden schuldig zu machen: der Gotteslästerung.
Und hier erscheint es immer fragwürdiger, dass diese Geschichte ein sachlicher Bericht ist, denn der Evangelist schreibt, was die Schriftgelehrten dachten und dass Jesus das sofort wusste. Da hätte der alte Markus schon der Kunst des Gedankenlesens kundig sein müssen, aber das funktioniert wohl nur in der Welt von Harry Potter.
Und dann tritt Jesus gegenüber den Kleingläubigen einen vermeintlichen Beweis an. Damals herrschte der Glaube vor, dass körperliche Gebrechen nichts anderes waren als Strafen für schwere Sünden. Wurde das Gebrechen geheilt, waren wohl auch die Sünden vergeben. Und so sprach Jesus in copperfieldscher Effekthascherei zu dem Gelähmten: "Steh auf, nimm deine Matte und geh!"
Von diesem äußerlich sichtbaren Effekt waren alle beeindruckt, vorläufig wagte niemand, gegen den großartigen Jesus aufzumucken. Aber ich glaube, für Jesus war diese körperliche Heilung nur etwas Oberflächliches. Natürlich war Gesundheit damals ein noch viel höheres Gut als heute; es gab noch keine Sozialsysteme und keine hoch entwickelte Medizin. Trotzdem scheint mir, dem Heiler ging es mehr um das innere Gleichgewicht des Gelähmten: "Guck mal, du hast Freunde, die setzten sich so sehr für dich ein. Also hör auf, dich selbst fertig zu machen. Deine Verfehlungen sind nicht mehr relevant."
In dem Moment, in dem es ausgesprochen wurde, konnte der Mann sich wieder bewegen.
Jeder Mensch verdient Vergebung. Niemand hat etwas davon, wenn die Schuld so sehr auf die Seele drückt, dass sie den Menschen lähmt. Meistens braucht es Zeit, auf jeden Fall eine Bitte um Verzeihung und oft auch irgendeine Form der Wiedergutmachung. Aber irgendwann ist es dann auch mal gut.
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