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Samstag, 19. Juni 2021
Vergebung tut gut
c. fabry, 02:54h
Ein Beinahe-Nesthäkchen (Nr. 11 von 12) wurde von seinen Brüdern an Sklavenhändler verkauft, weil er ihnen zu sehr auf den Sack ging. Er ging durch die Hölle, hatte danach aber sehr viel Glück und legte eine steile Karriere hin, die ihm ohne den harten Schicksalsschlag der Verschleppung nie vergönnt gewesen wäre.
Viele Jahre später hatte er die Gelegenheit zur Rache. Er war reich und mächtig, seine Brüder kamen als Bittsteller zu ihm, ohne ihn zu erkennen. Er rächte sich nicht. Er foppte sie nur ein bisschen. Schließlich half er ihnen auf die Beine und machte sie alle zu wohlhabenden Männern.
Doch die Brüder trauten dem Frieden nicht, konnten sich nicht vorstellen, dass jemand so etwas vergessen kann und vermuteten, er halte sich nur so lange zurück, wie der gemeinsame Vater noch am Leben ist.
Dann starb der Vater und hier folgt der Predigttext im 1. Buch Mose (Genesis) 50, 15-21:
https://www.bibleserver.com/HFA/1.Mose50%2C15-21
Wer nicht nachlesen möchte: Josef verzieh seinen Brüdern noch immer, mit der Begründung, sie hätten ihm zwar übel mitgespielt, aber Gott hätte das alles wieder gutgemacht und besser als zuvor, darum trage er ihnen nichts nach und werde sie und ihre Kinder weiter versorgen.
Eine großzügige Geste, aber er konnte es sich ja auch leisten. Was hätte er wohl getan, wenn er zwar die Möglichkeit zur Rache gehabt hätte, aber weiterhin unter großem Leidensdruck gestanden hätte? Gott macht nicht immer etwas Gutes aus dem Bösen, das Menschen anderen Menschen angetan haben.
Im Evangelium (Lk. 6, 36-42) gibt Jesus den Rat, großzügig und barmherzig mit anderen Menschen umzugehen, weil man dann genauso behandelt werden wird. Wer vergibt, der macht den ersten Schritt in eine friedvolle Zukunft. Und dann kommt das berühmte Gleichnis vom Splitter im Auge des Bruders und den Balken im eigenen. Jede*r von uns war schon einmal Opfer, aber auch schon einmal Täter*in.
Vergebung ist gut, aber sie muss auch ehrlich gemeint sein. Wenn ich nicht vergeben, kann, weil ich immer noch viel zu sehr verletzt bin, sollte ich mir die Zeit gönnen, die ich brauche, um ehrlich verzeihen zu können. Wenn immer noch Dampf im Kessel ist, nützt es nichts, das Ventil zu verschließen, dann platzt am Ende der Kessel und die Folgen sind verheerender, als wenn der Unmut hätte entweichen können.,
Doch wenn die Folgen des Unrechts überstanden sind, wenn es mir gut geht, dann ist Vergebung nicht nur für den/die Täter*in eine Wohltat, sondern auch für mich selbst, wie die erste warme Sonne im Frühling, wie Regen auf ausgetrockneter Erde, wie eine brennende Kerze im dunklen Keller, wie frisches Brot, wenn man stundenlang hungrig herumgelaufen ist.
Vergebung tut gut.
Viele Jahre später hatte er die Gelegenheit zur Rache. Er war reich und mächtig, seine Brüder kamen als Bittsteller zu ihm, ohne ihn zu erkennen. Er rächte sich nicht. Er foppte sie nur ein bisschen. Schließlich half er ihnen auf die Beine und machte sie alle zu wohlhabenden Männern.
Doch die Brüder trauten dem Frieden nicht, konnten sich nicht vorstellen, dass jemand so etwas vergessen kann und vermuteten, er halte sich nur so lange zurück, wie der gemeinsame Vater noch am Leben ist.
Dann starb der Vater und hier folgt der Predigttext im 1. Buch Mose (Genesis) 50, 15-21:
https://www.bibleserver.com/HFA/1.Mose50%2C15-21
Wer nicht nachlesen möchte: Josef verzieh seinen Brüdern noch immer, mit der Begründung, sie hätten ihm zwar übel mitgespielt, aber Gott hätte das alles wieder gutgemacht und besser als zuvor, darum trage er ihnen nichts nach und werde sie und ihre Kinder weiter versorgen.
Eine großzügige Geste, aber er konnte es sich ja auch leisten. Was hätte er wohl getan, wenn er zwar die Möglichkeit zur Rache gehabt hätte, aber weiterhin unter großem Leidensdruck gestanden hätte? Gott macht nicht immer etwas Gutes aus dem Bösen, das Menschen anderen Menschen angetan haben.
Im Evangelium (Lk. 6, 36-42) gibt Jesus den Rat, großzügig und barmherzig mit anderen Menschen umzugehen, weil man dann genauso behandelt werden wird. Wer vergibt, der macht den ersten Schritt in eine friedvolle Zukunft. Und dann kommt das berühmte Gleichnis vom Splitter im Auge des Bruders und den Balken im eigenen. Jede*r von uns war schon einmal Opfer, aber auch schon einmal Täter*in.
Vergebung ist gut, aber sie muss auch ehrlich gemeint sein. Wenn ich nicht vergeben, kann, weil ich immer noch viel zu sehr verletzt bin, sollte ich mir die Zeit gönnen, die ich brauche, um ehrlich verzeihen zu können. Wenn immer noch Dampf im Kessel ist, nützt es nichts, das Ventil zu verschließen, dann platzt am Ende der Kessel und die Folgen sind verheerender, als wenn der Unmut hätte entweichen können.,
Doch wenn die Folgen des Unrechts überstanden sind, wenn es mir gut geht, dann ist Vergebung nicht nur für den/die Täter*in eine Wohltat, sondern auch für mich selbst, wie die erste warme Sonne im Frühling, wie Regen auf ausgetrockneter Erde, wie eine brennende Kerze im dunklen Keller, wie frisches Brot, wenn man stundenlang hungrig herumgelaufen ist.
Vergebung tut gut.
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Samstag, 12. Juni 2021
Schwurbler
c. fabry, 00:29h
Was bedeutet dieser Satz?
"Beruht die Überschreitung einer Inzidenzstufe maßgeblich auf einem klar abgrenzbaren Infektionsgeschehen in einer Einrichtung oder einem Unternehmen und ist eine Ausbreitung nach Einschätzung der zuständigen Behörden aufgrund der wirksamen Kontaktnachverfolgung nicht zu erwarten, kann das Ministerium von der Ausweisung der höheren Inzidenzstufe absehen."
Nach dreimaligem Lesen würde ich das einer Vierjährigen so erklären: "Stell dir vor, in einer Firma kriegen ganz viele Leute Corona, aber nur da. Weil alle gut aufpassen, stecken die keinen an. Dann müssen nicht alle in der Stadt gleich wieder vorsichtiger sein, obwohl so viele Leute krank sind."
Kommunizieren, so dass es auch verstanden wird, ist gar nicht so leicht. Aus vielen Gründen. Selbst, wenn man sich Mühe gibt.
Leider gibt es aber auch jene, die Sprache dergestalt gezielt einsetzen, dass sie gerade nicht verstanden werden. Hier einige Beispiele:
In der Politik, werden komplizierte Sätze und mehrdeutige Begriffe eingesetzt, um Realitäten zu verschleiern, Unangenehmes so aussprechen zu können, dass es sich trotzdem gut anhört. Man will sich verkaufen und sich später nichts vorwerfen lassen. Wenn es keiner versteht, umso besser, Hauptsache es klingt optimistisch und kompetent.
Von Verwaltungen werden all jene, die den Juristenjargon nicht gewohnt sind, mit Formularen, Erklärungen, Anordnungen usw. nahezu in den Wahnsinn getrieben. Hier geht es natürlich um Rechtssicherheit, nur die meisten Menschen verstehen die Behördensprache nicht und es bedarf einer regelrechten Übersetzung. Dabei wird gern gönnerhaft, genervt von oben herab doziert, statt sich in Grund und Boden zu schämen, dass man nicht in der Lage ist, sich allgemeinverständlich auszudrücken, obwohl man doch aus öffentlichen Mitteln, also von der Gemeinschaft bezahlt wird.
In den meisten Berufen und Disziplinen der Wissenschaft pflegen die Insider eine Fachsprache. Die ergibt dann einen Sinn, wenn es darum geht, komplexe Zusammenhänge auf einen Begriff zu reduzieren, den alle Eingeweihten mit diesen Zusammenhängen verbinden - das ist effektiv. Es ist auch hilfreich, um sich international besser austauschen zu können.
Oft geht es aber gar nicht um Verständigung, sondern um Abgrenzung vom Pöbel der Uneingeweihten. Erbärmliche Wichtigtuer*innen, die permanent schwafeln von Fachlichkeit, Professionalität und Kompetenz, statt einfach ihren Job zu machen.
Leider gibt es dieses Phänomen auch in der Theologie. Gern bekommt man da ein "Ja, das ist zugegebenermaßen schwierig zu verstehen, dazu müsstest du wirklich vertraut sein mit der Materie, aber das erfordert eine intensive Auseinandersetzung, teilweise über Jahre."
Papperlapapp. So kompliziert sind die religiösen Botschaften meistens gar nicht. Und wenn doch, dann hat man sie selbst vielleicht noch nicht so richtig verstanden, sonst könnte man sie nämlich erklären. Obwohl ich selbst schon in die Falle getappt bin und es vermutlich wieder tun werde, dabei bin ich nicht einmal Theologin.
Im Predigttext
(1. Korinther 14, 1-12 https://www.bibleserver.com/LUT/1.Korinther14%2C1-12 )
geht es um ein ähnliches Verhalten. Das sogenannte "Zungenreden" oder "in Zungen Reden" bezeichnet ein Phänomen des Stammelns unverständlicher Laute in religiöser Ekstase. Wer so etwas konnte, fühlte sich als Teil einer religiösen Elite und wurde wohl auch als besonders begnadeter Prophet angesehen. Im Prinzip bezeichnet Paulus dieses Treiben als spirituelle Masturbation, nur dass es hier um nichts Sexuelles geht. Aber es hat auch nichts mit Beziehungen zu anderen Menschen, Gemeinschaft oder Vermittlung göttlicher Botschaften zu tun. Es ist nichts weiter als religiöser Hirnwichs, spirituelles Wellnessprogramm mit Selbstwirksamkeit. Kann man machen, sagt Paulus, muss man aber nicht. Besser das, was man selbst verstanden hat, anderen verständlich vermitteln. Guter Mann. Auch wenn ich ihn meistens nicht mag, aber diese Text gefällt mir sehr.
Das wünsche ich mir auch für unsere Kirche, aber auch für alle anderen Bereiche unseres Lebens. Dass wir uns Mühe geben, einander zu verstehen und einander verständlich zu machen, statt resigniert mit den Schultern zu zucken, weil der/die Adressat*in angeblich zu blöd ist.
"Beruht die Überschreitung einer Inzidenzstufe maßgeblich auf einem klar abgrenzbaren Infektionsgeschehen in einer Einrichtung oder einem Unternehmen und ist eine Ausbreitung nach Einschätzung der zuständigen Behörden aufgrund der wirksamen Kontaktnachverfolgung nicht zu erwarten, kann das Ministerium von der Ausweisung der höheren Inzidenzstufe absehen."
Nach dreimaligem Lesen würde ich das einer Vierjährigen so erklären: "Stell dir vor, in einer Firma kriegen ganz viele Leute Corona, aber nur da. Weil alle gut aufpassen, stecken die keinen an. Dann müssen nicht alle in der Stadt gleich wieder vorsichtiger sein, obwohl so viele Leute krank sind."
Kommunizieren, so dass es auch verstanden wird, ist gar nicht so leicht. Aus vielen Gründen. Selbst, wenn man sich Mühe gibt.
Leider gibt es aber auch jene, die Sprache dergestalt gezielt einsetzen, dass sie gerade nicht verstanden werden. Hier einige Beispiele:
In der Politik, werden komplizierte Sätze und mehrdeutige Begriffe eingesetzt, um Realitäten zu verschleiern, Unangenehmes so aussprechen zu können, dass es sich trotzdem gut anhört. Man will sich verkaufen und sich später nichts vorwerfen lassen. Wenn es keiner versteht, umso besser, Hauptsache es klingt optimistisch und kompetent.
Von Verwaltungen werden all jene, die den Juristenjargon nicht gewohnt sind, mit Formularen, Erklärungen, Anordnungen usw. nahezu in den Wahnsinn getrieben. Hier geht es natürlich um Rechtssicherheit, nur die meisten Menschen verstehen die Behördensprache nicht und es bedarf einer regelrechten Übersetzung. Dabei wird gern gönnerhaft, genervt von oben herab doziert, statt sich in Grund und Boden zu schämen, dass man nicht in der Lage ist, sich allgemeinverständlich auszudrücken, obwohl man doch aus öffentlichen Mitteln, also von der Gemeinschaft bezahlt wird.
In den meisten Berufen und Disziplinen der Wissenschaft pflegen die Insider eine Fachsprache. Die ergibt dann einen Sinn, wenn es darum geht, komplexe Zusammenhänge auf einen Begriff zu reduzieren, den alle Eingeweihten mit diesen Zusammenhängen verbinden - das ist effektiv. Es ist auch hilfreich, um sich international besser austauschen zu können.
Oft geht es aber gar nicht um Verständigung, sondern um Abgrenzung vom Pöbel der Uneingeweihten. Erbärmliche Wichtigtuer*innen, die permanent schwafeln von Fachlichkeit, Professionalität und Kompetenz, statt einfach ihren Job zu machen.
Leider gibt es dieses Phänomen auch in der Theologie. Gern bekommt man da ein "Ja, das ist zugegebenermaßen schwierig zu verstehen, dazu müsstest du wirklich vertraut sein mit der Materie, aber das erfordert eine intensive Auseinandersetzung, teilweise über Jahre."
Papperlapapp. So kompliziert sind die religiösen Botschaften meistens gar nicht. Und wenn doch, dann hat man sie selbst vielleicht noch nicht so richtig verstanden, sonst könnte man sie nämlich erklären. Obwohl ich selbst schon in die Falle getappt bin und es vermutlich wieder tun werde, dabei bin ich nicht einmal Theologin.
Im Predigttext
(1. Korinther 14, 1-12 https://www.bibleserver.com/LUT/1.Korinther14%2C1-12 )
geht es um ein ähnliches Verhalten. Das sogenannte "Zungenreden" oder "in Zungen Reden" bezeichnet ein Phänomen des Stammelns unverständlicher Laute in religiöser Ekstase. Wer so etwas konnte, fühlte sich als Teil einer religiösen Elite und wurde wohl auch als besonders begnadeter Prophet angesehen. Im Prinzip bezeichnet Paulus dieses Treiben als spirituelle Masturbation, nur dass es hier um nichts Sexuelles geht. Aber es hat auch nichts mit Beziehungen zu anderen Menschen, Gemeinschaft oder Vermittlung göttlicher Botschaften zu tun. Es ist nichts weiter als religiöser Hirnwichs, spirituelles Wellnessprogramm mit Selbstwirksamkeit. Kann man machen, sagt Paulus, muss man aber nicht. Besser das, was man selbst verstanden hat, anderen verständlich vermitteln. Guter Mann. Auch wenn ich ihn meistens nicht mag, aber diese Text gefällt mir sehr.
Das wünsche ich mir auch für unsere Kirche, aber auch für alle anderen Bereiche unseres Lebens. Dass wir uns Mühe geben, einander zu verstehen und einander verständlich zu machen, statt resigniert mit den Schultern zu zucken, weil der/die Adressat*in angeblich zu blöd ist.
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Samstag, 5. Juni 2021
Im Innern des Wals - Jona im Lockdown?
c. fabry, 18:02h
Die Jona-Geschichte ist hinlänglich bekannt - zumindest in groben Zügen: Prophet erhält göttlichen Auftrag, den der Dekadenz anheimgefallenen Bewohnern der Großstadt Ninive dem gerechten Zorn Gottes in Form einer Apokalypse anzukündigen, die Angelegenheit wird ihm zu heiß, er versucht sich zu drücken, indem er auf einem Segelschiff in ein weit entferntes Land flieht, aber vor Gott kann man nicht weglaufen, da trifft ihn ein Sturm auf dem Meer, alle könnten sterben und weil Jona sich für das himmlische Unwetter verantwortlich fühlt, opfert er sich und lässt sich in die Fluten werfen. Dann kommt ein Wal oder ein riesiger Fisch und verschluckt ihn. Inwendig dankt er Gott für seine Rettung und das Tier spuckt ihn schließlich unversehrt an Land. Ende Teil 1
Anfang und Ende dieses ersten Teils bilden den Predigttext für den ersten Sonntag nach Trinitatis, also für den 06.06.2021
https://www.bibleserver.com/LUT/Jona1%2C1-2
https://www.bibleserver.com/LUT/Jona2%2C11
Spannend finde ich, dass Jona aus Angst um sein Leben versucht, vor dem Auftrag zu fliehen. Als dann sein Leben auf der Flucht tatsächlich bedroht ist, ist er plötzlich bereit, es für alle, die durch ihn in Not geraten sind, zu opfern. Und als er es am wenigsten erwartet und fest damit rechnet, in den Tiefen des Mittelmeeres zu ertrinken, wendet sich das Blatt und er wird gerettet. Auf seltsame Art, irgendwie auch bedrohlich, man stelle sich vor, man wird von einem riesigen Tier verschluckt, so ganz glücklich wäre ich da nicht. Eng, dunkel, glitschig, stinkig und eine berechtigte Angst, einfach nur verdaut zu werden. Bemerkenswert, dass er in dieser Situation bereits Loblieder auf seinen Schöpfer singt. Was für eine Zuversicht, welch ein Gottvertrauen.
Ein Schelm, wer Jona im Wal mit uns Gläubigen im Corona-Lockdown vergleicht. Zunächst kann man diesen Zusammenhang konstruieren: Das Virus brach über uns herein wie ein Sturm auf hoher See, wir drohten alle dahingerafft zu werden, dann kam der Impfstoff früher als erwartet und jetzt sitzen wir alle im Inneren des Wals und warten darauf, dass wir bald wieder raus können. Wir sind noch einmal davon gekommen, Gott hat uns gerettet.
WAS FÜR EIN QUATSCH!
Mehr als dreieinhalb Millionen Menschen hat das Virus weltweit schon getötet und wir können wohl davon ausgehen, dass die vier Millionen voll werden.
173 Millionen hat es weltweit bereits erwischt. 10 - 20 Prozent werden danach nie wieder richtig gesund, manche bleiben sogar ihr Leben lang ein Pflegefall.
Diese Menschen würden wir verhöhnen, wenn wir behaupteten, Gott habe uns von Covid 19 gerettet.
Die Jona-Geschichte ist kein überlieferter Bericht sondern eine Lehrgeschichte, ein Märchen. Da gab es ein Problem und das musste gelöst werden. Jemand musste den Bewohner*innen von Ninive, denen jeder Anstand abhanden gekommen war, die Mitteilung machen, dass nun Schluss mit lustig sei und zwar endgültig. Wenn der Plan tatsächlich darin bestanden hätte, diese Menschen samt und sonders auszurotten, hätte der Schöpfer ja einfach kurzen Prozess machen können: Erdbeben, Hochwasser, Feuersbrunst, Pestilenz... Offenkundig sollten sie kräftig durchgeschüttelt werden und noch eine Chance bekommen und zum Durchschütteln wurde ein Mensch mit entsprechender Autorität gebraucht. Jona. Und der hatte Schiss und keine Lust. Darum wollte er sich drücken. Aber niemand kann sich vor dem drücken, wozu er bestimmt ist. Und wer es versucht, der wird unweigerlich wieder in die Spur gebracht.
Darum finde ich in dieser Geschichte keine Brücken zum Lockdown oder zur Pandemie.
Es geht darum, das jede und jeder von uns im Leben eine Rolle zu spielen hat, oftmals gleich mehrere. Sei das nun, die Pakete für die Nachbarin anzunehmen, die eigenen Kinder großzuziehen, sich um pflegebedürftige Eltern zu kümmern, sich politisch zu engagieren, Wohnraum zu schaffen, Lebensmittel zu retten, bedrohte Arten zu schützen, eine Firma zu leiten, etwas zu erfinden oder ein Land zu regieren. Für jede*n von uns gibt es etwas zu tun. Vielleicht haben wir nicht so große Lust auf das, was wir am besten können. Oder wir haben Angst zu versagen, so wie der Prophet in der Geschichte. Aber die Dinge werden sich finden, so oder so.
Ein Beispiel an dem es besonders deutlich wird: Du gehst nachts zu Fuß durch die Stadt. Es ist still, nur wenige Menschen sind noch unterwegs. An einer wenig belebten Ecke siehst du in der Ferne wie ein Mensch einen anderen niederschlägt. Außer dir gibt es keine Zeugen. Wenn du versuchst, den Angreifer zu beruhigen, kann es sein, dass er dich genauso zusammenschlägt wie sein aktuelles Opfer. Wenn du jetzt wegläufst, wird dir nichts passieren. Wirklich nicht? Vielleicht lauert an einer anderen Ecke dein Schläger, der dich ausrauben will. Und das Bild vom überfallenen Opfer wirst du nicht mehr los werden. Du kannst deiner Verantwortung nicht entkommen. Du könntest ja auch die Polizei anrufen oder aus sicherem Abstand ordentlich Krach schlagen.
Wenn du das Gefühl hast, eine Aufgabe ist für dich bestimmt, auch wenn du keine Lust hast oder Angst vor dem Scheitern: geh darauf zu, trau dich, es wird schon, denn wenn du es nicht tust, tut es keiner und das wäre in jedem Fall die schlimmere Alternative.
Anfang und Ende dieses ersten Teils bilden den Predigttext für den ersten Sonntag nach Trinitatis, also für den 06.06.2021
https://www.bibleserver.com/LUT/Jona1%2C1-2
https://www.bibleserver.com/LUT/Jona2%2C11
Spannend finde ich, dass Jona aus Angst um sein Leben versucht, vor dem Auftrag zu fliehen. Als dann sein Leben auf der Flucht tatsächlich bedroht ist, ist er plötzlich bereit, es für alle, die durch ihn in Not geraten sind, zu opfern. Und als er es am wenigsten erwartet und fest damit rechnet, in den Tiefen des Mittelmeeres zu ertrinken, wendet sich das Blatt und er wird gerettet. Auf seltsame Art, irgendwie auch bedrohlich, man stelle sich vor, man wird von einem riesigen Tier verschluckt, so ganz glücklich wäre ich da nicht. Eng, dunkel, glitschig, stinkig und eine berechtigte Angst, einfach nur verdaut zu werden. Bemerkenswert, dass er in dieser Situation bereits Loblieder auf seinen Schöpfer singt. Was für eine Zuversicht, welch ein Gottvertrauen.
Ein Schelm, wer Jona im Wal mit uns Gläubigen im Corona-Lockdown vergleicht. Zunächst kann man diesen Zusammenhang konstruieren: Das Virus brach über uns herein wie ein Sturm auf hoher See, wir drohten alle dahingerafft zu werden, dann kam der Impfstoff früher als erwartet und jetzt sitzen wir alle im Inneren des Wals und warten darauf, dass wir bald wieder raus können. Wir sind noch einmal davon gekommen, Gott hat uns gerettet.
WAS FÜR EIN QUATSCH!
Mehr als dreieinhalb Millionen Menschen hat das Virus weltweit schon getötet und wir können wohl davon ausgehen, dass die vier Millionen voll werden.
173 Millionen hat es weltweit bereits erwischt. 10 - 20 Prozent werden danach nie wieder richtig gesund, manche bleiben sogar ihr Leben lang ein Pflegefall.
Diese Menschen würden wir verhöhnen, wenn wir behaupteten, Gott habe uns von Covid 19 gerettet.
Die Jona-Geschichte ist kein überlieferter Bericht sondern eine Lehrgeschichte, ein Märchen. Da gab es ein Problem und das musste gelöst werden. Jemand musste den Bewohner*innen von Ninive, denen jeder Anstand abhanden gekommen war, die Mitteilung machen, dass nun Schluss mit lustig sei und zwar endgültig. Wenn der Plan tatsächlich darin bestanden hätte, diese Menschen samt und sonders auszurotten, hätte der Schöpfer ja einfach kurzen Prozess machen können: Erdbeben, Hochwasser, Feuersbrunst, Pestilenz... Offenkundig sollten sie kräftig durchgeschüttelt werden und noch eine Chance bekommen und zum Durchschütteln wurde ein Mensch mit entsprechender Autorität gebraucht. Jona. Und der hatte Schiss und keine Lust. Darum wollte er sich drücken. Aber niemand kann sich vor dem drücken, wozu er bestimmt ist. Und wer es versucht, der wird unweigerlich wieder in die Spur gebracht.
Darum finde ich in dieser Geschichte keine Brücken zum Lockdown oder zur Pandemie.
Es geht darum, das jede und jeder von uns im Leben eine Rolle zu spielen hat, oftmals gleich mehrere. Sei das nun, die Pakete für die Nachbarin anzunehmen, die eigenen Kinder großzuziehen, sich um pflegebedürftige Eltern zu kümmern, sich politisch zu engagieren, Wohnraum zu schaffen, Lebensmittel zu retten, bedrohte Arten zu schützen, eine Firma zu leiten, etwas zu erfinden oder ein Land zu regieren. Für jede*n von uns gibt es etwas zu tun. Vielleicht haben wir nicht so große Lust auf das, was wir am besten können. Oder wir haben Angst zu versagen, so wie der Prophet in der Geschichte. Aber die Dinge werden sich finden, so oder so.
Ein Beispiel an dem es besonders deutlich wird: Du gehst nachts zu Fuß durch die Stadt. Es ist still, nur wenige Menschen sind noch unterwegs. An einer wenig belebten Ecke siehst du in der Ferne wie ein Mensch einen anderen niederschlägt. Außer dir gibt es keine Zeugen. Wenn du versuchst, den Angreifer zu beruhigen, kann es sein, dass er dich genauso zusammenschlägt wie sein aktuelles Opfer. Wenn du jetzt wegläufst, wird dir nichts passieren. Wirklich nicht? Vielleicht lauert an einer anderen Ecke dein Schläger, der dich ausrauben will. Und das Bild vom überfallenen Opfer wirst du nicht mehr los werden. Du kannst deiner Verantwortung nicht entkommen. Du könntest ja auch die Polizei anrufen oder aus sicherem Abstand ordentlich Krach schlagen.
Wenn du das Gefühl hast, eine Aufgabe ist für dich bestimmt, auch wenn du keine Lust hast oder Angst vor dem Scheitern: geh darauf zu, trau dich, es wird schon, denn wenn du es nicht tust, tut es keiner und das wäre in jedem Fall die schlimmere Alternative.
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