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Samstag, 27. Juni 2020
Fehltritte erwünscht
c. fabry, 23:43h
Am 3. Sonntag nach Trinitatis geht es im Predigttext (Micha 7, 18-20 - https://www.bibleserver.com/LUT/Micha7%2C18-20 )um das Gleiche wie in allen anderen ausgewählten Texten: Ein Mensch, der einen Fehler zugibt und sich ändert, wird mehr geliebt als einer, der immer alles richtig macht.
Geht mir doch auch so. Die interessantesten Figuren in Geschichten, Romanen, Filmen und Bühnenstücken sind immer die Bösewichter. Und wenn die sich plötzlich von ihrer Schokoladenseite zeigen, geht mir das Herz auf. Die Musterschwiegersöhne und liebreizenden, blitzsauberen Mädchen dagegen langweilen mich zu Tode und gehen mir sogar auf die Nerven.
Und im richtigen Leben? Da liebe ich auch diejenigen am meisten, mit denen ich mich auseinandersetzen muss, um deren Sympathien ich erfolgreich gerungen habe, die sich eine Zeitlang von mir abgewandt haben und dann wieder auf mich zugehen.
Gott wird in der Bibel gern vermenschlicht. Das ist nicht schlimm, Gott ist ja kein Tier, sondern das, was in uns und um uns ist, ein wesentlicher Teil der Menschlichkeit. Das ist jedenfalls ein Teil meines Gottesbildes
Warum fühlen wir uns mehr zu denen hingezogen, die uns fordern, als zu denen die uns alles recht machen?
Vielleicht weil nur so Entwicklung stattfinden kann und Entwicklung bedeutet Leben, totale Anpassung dagegen Stillstand und Tod.
Geht mir doch auch so. Die interessantesten Figuren in Geschichten, Romanen, Filmen und Bühnenstücken sind immer die Bösewichter. Und wenn die sich plötzlich von ihrer Schokoladenseite zeigen, geht mir das Herz auf. Die Musterschwiegersöhne und liebreizenden, blitzsauberen Mädchen dagegen langweilen mich zu Tode und gehen mir sogar auf die Nerven.
Und im richtigen Leben? Da liebe ich auch diejenigen am meisten, mit denen ich mich auseinandersetzen muss, um deren Sympathien ich erfolgreich gerungen habe, die sich eine Zeitlang von mir abgewandt haben und dann wieder auf mich zugehen.
Gott wird in der Bibel gern vermenschlicht. Das ist nicht schlimm, Gott ist ja kein Tier, sondern das, was in uns und um uns ist, ein wesentlicher Teil der Menschlichkeit. Das ist jedenfalls ein Teil meines Gottesbildes
Warum fühlen wir uns mehr zu denen hingezogen, die uns fordern, als zu denen die uns alles recht machen?
Vielleicht weil nur so Entwicklung stattfinden kann und Entwicklung bedeutet Leben, totale Anpassung dagegen Stillstand und Tod.
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Samstag, 20. Juni 2020
Der Rucksackprinz - ein Märchen zum Predigttext bei Matthäus 11, 25-30
c. fabry, 13:14h
Eines Tages entschied der König der Welt, diejenigen zu beschenken, die eigentlich mit anderen Dingen beschäftigt waren, als um die Gunst des Königs zu buhlen, nämlich damit, zu überleben. Mancher fragte sich zu Recht, warum er sie nicht mit reicherer Ernte, saftigerem Tageslohn, volleren Netzen oder besseren Verkaufszahlen beschenkte, dann hätten sie weniger Zeit aufs Arbeiten verwenden müssen und hätten Gelegenheit gehabt, sich mit dem Königshaus zu beschäftigen. Aber der König hatte schon genug Speichellecker um sich herum, die an seinen Nerven zerrten, darum wollte er ausgerechnet die Entrechteten mit etwas bedenken, von dem die Günstlinge meinten, es stehe ausschließlich ihnen zu: Die Erkenntnis.
Er machte seinen Sohn zum Erfüllungsgehilfen. Der Prinz sollte die Würdigen auswählen. Er reiste inkognito und überlegte sehr genau, wem er seine wahre Herkunft verriet.
Da kam eine Frau des Wegs, arm und gebeugt, vom Leben gezeichnet trug sie einen schweren Korb, mit Lederriemen auf den Rücken geschnürt, angefüllt mit Holz und spitzem Reisig, dass sich durch die Ritzen des Korbes in ihren Rücken bohrte. Die Lederriemen schnitten schwer in die Schulterblätter. Und als er sie sah, sagte er: „Komm her, leg deine schwere Last ab, das führt doch zu nichts, nur Leid und Plage und wenig Gewinn, so kommst du nie auf einen grünen Zweig, Ich habe etwas Besseres für dich.“
Und die Frau setzte den Korb ab, voller Hoffnung und Neugier, was er ihr nun wohl anbieten würde.
Ein weicher, geschmeidiger Rucksack aus federleichter Seide gefüllt mit frischen, duftenden Kräutern.
„Ja“, sagte die Frau, „das ist leicht und angenehm und duftet, dass man besser atmen kann und einem auch ganz leicht ums Herz wird. Aber wie soll ich die kalten Nächte überstehen, wenn ich nichts zu Heizen habe?“
„Die Kräuter.“, sagte der Prinz und legte eine Kunstpause ein. „Trag einfach die Kräuter. Alles weitere findet sich.“
Da wusste die Frau, dass dieser Mensch von königlichem Geblüt sein musste. So unvernünftig redete kein normal Sterblicher, aber auch nicht so lieblich. Sie fühlte dass die Kräuter und seine Worte ein mächtiges Geschenk waren, auch wenn sie nicht genau wusste warum. Aber er hatte ja gesagt: alles weitere findet sich.
Die Kräuter schärften ihre Sinne. Sie fand nun leichter Essbares im Wald. Sie stärkten ihr Herz, das kräftiger pumpte so dass sie nicht so leicht fror. Sie lockten hilfreiche Wesen an, die ihr mit Rat und Tat zur Seite standen. Sie verhungerte und erfror nicht, aber sie hatte auch nicht mehr zu essen als vorher und in ihrer Hütte war es meistens kalt. Doch das war nicht so wichtig, weil sie keine Schmerzen mehr hatte von dem schweren, pieksigen Lastenkorb, sich frei bewegen und frei atmen konnte und mit offenem Blick die Schönheit des Lebens wahrnehmen und genießen konnte.
Die Günstlinge des Königs schleppten weiter auf gebeugten, alten Rücken schwere, wertvolle Ledertaschen umher, angefüllt mit wertvollen Folianten, deren Weisheiten sie hüteten wie einen Schatz. Sie aßen gut und reichlich, schliefen warm und weich und sprachen nur mit ihresgleichen. Den König bekamen sie nie zu Gesicht. Seinen Sohn den Prinzen erkannten sie nicht.
*** Ende der Geschichte***
Das Pflegen von Konkurrenz, Neid, Missgunst, Streit und Hass und das Streben nach Gewinn, Anerkennung und Geltung ist ein wirksames Verhalten zur Erlangung von Reichtum, Macht und Privilegien. Aber es kostet unendlich viel Kraft, zerrt an den Nerven und höhlt die Seele aus.
Wer diesen schweren Korb ablegt und den Rucksack der Sanftmut und Demut aufsetzt, aus dem wird wohl kein erfolgreicher Geschäftsmensch, Wissenschaftler*in, Künstler*in oder Spitzensportler*in. Aber dem wird leicht ums Herz, der erkennt die Schönheit um sich herum und lernt sie zu genießen und sich zu entspannen. Das ist wahre Lebensqualität und das größte Geschenk, das einem in den Schoß fallen kann.
Er machte seinen Sohn zum Erfüllungsgehilfen. Der Prinz sollte die Würdigen auswählen. Er reiste inkognito und überlegte sehr genau, wem er seine wahre Herkunft verriet.
Da kam eine Frau des Wegs, arm und gebeugt, vom Leben gezeichnet trug sie einen schweren Korb, mit Lederriemen auf den Rücken geschnürt, angefüllt mit Holz und spitzem Reisig, dass sich durch die Ritzen des Korbes in ihren Rücken bohrte. Die Lederriemen schnitten schwer in die Schulterblätter. Und als er sie sah, sagte er: „Komm her, leg deine schwere Last ab, das führt doch zu nichts, nur Leid und Plage und wenig Gewinn, so kommst du nie auf einen grünen Zweig, Ich habe etwas Besseres für dich.“
Und die Frau setzte den Korb ab, voller Hoffnung und Neugier, was er ihr nun wohl anbieten würde.
Ein weicher, geschmeidiger Rucksack aus federleichter Seide gefüllt mit frischen, duftenden Kräutern.
„Ja“, sagte die Frau, „das ist leicht und angenehm und duftet, dass man besser atmen kann und einem auch ganz leicht ums Herz wird. Aber wie soll ich die kalten Nächte überstehen, wenn ich nichts zu Heizen habe?“
„Die Kräuter.“, sagte der Prinz und legte eine Kunstpause ein. „Trag einfach die Kräuter. Alles weitere findet sich.“
Da wusste die Frau, dass dieser Mensch von königlichem Geblüt sein musste. So unvernünftig redete kein normal Sterblicher, aber auch nicht so lieblich. Sie fühlte dass die Kräuter und seine Worte ein mächtiges Geschenk waren, auch wenn sie nicht genau wusste warum. Aber er hatte ja gesagt: alles weitere findet sich.
Die Kräuter schärften ihre Sinne. Sie fand nun leichter Essbares im Wald. Sie stärkten ihr Herz, das kräftiger pumpte so dass sie nicht so leicht fror. Sie lockten hilfreiche Wesen an, die ihr mit Rat und Tat zur Seite standen. Sie verhungerte und erfror nicht, aber sie hatte auch nicht mehr zu essen als vorher und in ihrer Hütte war es meistens kalt. Doch das war nicht so wichtig, weil sie keine Schmerzen mehr hatte von dem schweren, pieksigen Lastenkorb, sich frei bewegen und frei atmen konnte und mit offenem Blick die Schönheit des Lebens wahrnehmen und genießen konnte.
Die Günstlinge des Königs schleppten weiter auf gebeugten, alten Rücken schwere, wertvolle Ledertaschen umher, angefüllt mit wertvollen Folianten, deren Weisheiten sie hüteten wie einen Schatz. Sie aßen gut und reichlich, schliefen warm und weich und sprachen nur mit ihresgleichen. Den König bekamen sie nie zu Gesicht. Seinen Sohn den Prinzen erkannten sie nicht.
*** Ende der Geschichte***
Das Pflegen von Konkurrenz, Neid, Missgunst, Streit und Hass und das Streben nach Gewinn, Anerkennung und Geltung ist ein wirksames Verhalten zur Erlangung von Reichtum, Macht und Privilegien. Aber es kostet unendlich viel Kraft, zerrt an den Nerven und höhlt die Seele aus.
Wer diesen schweren Korb ablegt und den Rucksack der Sanftmut und Demut aufsetzt, aus dem wird wohl kein erfolgreicher Geschäftsmensch, Wissenschaftler*in, Künstler*in oder Spitzensportler*in. Aber dem wird leicht ums Herz, der erkennt die Schönheit um sich herum und lernt sie zu genießen und sich zu entspannen. Das ist wahre Lebensqualität und das größte Geschenk, das einem in den Schoß fallen kann.
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Samstag, 13. Juni 2020
Abschaffung des Privateigentums
c. fabry, 13:32h
Am kommenden Sonntag geht es im Predigttext um die Gütergemeinschaft der ersten Christen.
Ein deutliches Plädoyer gegen das Privateigentum.
Der Text ist nicht zu vereinbaren mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung.
Wer es einmal nachlesen möchte:
https://www.bibleserver.com/LUT/Apostelgeschichte4%2C32-37
Ein bisschen erinnert mich der Bericht aber auch an verbrecherische Sekten, die ihren Jüngern den letzten Cent aus der Tasche ziehen, damit die Gurus alles in Edelvillen und teure Autos umsetzen oder bei Sexpartys verjubeln können.
Ich gehe nicht davon aus, dass die Apostel so drauf waren, aber dieses eindrucksvolle Kapitel der Menschheitsgeschichte, wurde schon mehrfach missbraucht, um naiven Heilsuchenden ihren existenzsichernden letzten Heller abzuschwatzen.
Sich all seines Besitzes zu entäußern, ist radikal und wird ja auch heute durchaus wieder gelebt, in modernen Versionen, bei denen nur noch gemietet oder geleast wird. Hier geht es aber mehr darum, sich vom Ballast zu befreien und nicht so sehr darum, die Versorgung aller zu gewährleisten.
Letzteres gelingt nur, wenn alle an einem Strang ziehen: Wenn politische Entscheidungen für mehr Verteilungsgerechtigkeit sorgen. Wenn aber auch Einzelne bereit sind, so zu leben, dass diese politischen Entscheidungen auch als umsetzbar gelten.
Im Moment reden sich alle raus. Die Politik sagt: „Das ist nicht durchsetzbar, die Bevölkerung wird sich dagegen stellen“ (Als wenn dem Votum der Bevölkerung immer so viel Bedeutung eingeräumt würde. Überall, wo viel Geld verdient wird, wird der Widerstand der Mehrheit gern ignoriert.)
Die Einzelnen sagen: „Wenn ich jetzt mein Verhalten ändere, bringt das gar nichts. Die Mehrheit macht sowieso nicht mit. Es müssten politische Entscheidungen her.“
Anfangen, Leute, anfangen! Egal wo Ihr gerade seid. Ich auch. Da ist noch viel Luft nach oben.
Gesegneten Sonntag!
Ein deutliches Plädoyer gegen das Privateigentum.
Der Text ist nicht zu vereinbaren mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung.
Wer es einmal nachlesen möchte:
https://www.bibleserver.com/LUT/Apostelgeschichte4%2C32-37
Ein bisschen erinnert mich der Bericht aber auch an verbrecherische Sekten, die ihren Jüngern den letzten Cent aus der Tasche ziehen, damit die Gurus alles in Edelvillen und teure Autos umsetzen oder bei Sexpartys verjubeln können.
Ich gehe nicht davon aus, dass die Apostel so drauf waren, aber dieses eindrucksvolle Kapitel der Menschheitsgeschichte, wurde schon mehrfach missbraucht, um naiven Heilsuchenden ihren existenzsichernden letzten Heller abzuschwatzen.
Sich all seines Besitzes zu entäußern, ist radikal und wird ja auch heute durchaus wieder gelebt, in modernen Versionen, bei denen nur noch gemietet oder geleast wird. Hier geht es aber mehr darum, sich vom Ballast zu befreien und nicht so sehr darum, die Versorgung aller zu gewährleisten.
Letzteres gelingt nur, wenn alle an einem Strang ziehen: Wenn politische Entscheidungen für mehr Verteilungsgerechtigkeit sorgen. Wenn aber auch Einzelne bereit sind, so zu leben, dass diese politischen Entscheidungen auch als umsetzbar gelten.
Im Moment reden sich alle raus. Die Politik sagt: „Das ist nicht durchsetzbar, die Bevölkerung wird sich dagegen stellen“ (Als wenn dem Votum der Bevölkerung immer so viel Bedeutung eingeräumt würde. Überall, wo viel Geld verdient wird, wird der Widerstand der Mehrheit gern ignoriert.)
Die Einzelnen sagen: „Wenn ich jetzt mein Verhalten ändere, bringt das gar nichts. Die Mehrheit macht sowieso nicht mit. Es müssten politische Entscheidungen her.“
Anfangen, Leute, anfangen! Egal wo Ihr gerade seid. Ich auch. Da ist noch viel Luft nach oben.
Gesegneten Sonntag!
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