... newer stories
Samstag, 20. Juni 2020
Der Rucksackprinz - ein Märchen zum Predigttext bei Matthäus 11, 25-30
c. fabry, 13:14h
Eines Tages entschied der König der Welt, diejenigen zu beschenken, die eigentlich mit anderen Dingen beschäftigt waren, als um die Gunst des Königs zu buhlen, nämlich damit, zu überleben. Mancher fragte sich zu Recht, warum er sie nicht mit reicherer Ernte, saftigerem Tageslohn, volleren Netzen oder besseren Verkaufszahlen beschenkte, dann hätten sie weniger Zeit aufs Arbeiten verwenden müssen und hätten Gelegenheit gehabt, sich mit dem Königshaus zu beschäftigen. Aber der König hatte schon genug Speichellecker um sich herum, die an seinen Nerven zerrten, darum wollte er ausgerechnet die Entrechteten mit etwas bedenken, von dem die Günstlinge meinten, es stehe ausschließlich ihnen zu: Die Erkenntnis.
Er machte seinen Sohn zum Erfüllungsgehilfen. Der Prinz sollte die Würdigen auswählen. Er reiste inkognito und überlegte sehr genau, wem er seine wahre Herkunft verriet.
Da kam eine Frau des Wegs, arm und gebeugt, vom Leben gezeichnet trug sie einen schweren Korb, mit Lederriemen auf den Rücken geschnürt, angefüllt mit Holz und spitzem Reisig, dass sich durch die Ritzen des Korbes in ihren Rücken bohrte. Die Lederriemen schnitten schwer in die Schulterblätter. Und als er sie sah, sagte er: „Komm her, leg deine schwere Last ab, das führt doch zu nichts, nur Leid und Plage und wenig Gewinn, so kommst du nie auf einen grünen Zweig, Ich habe etwas Besseres für dich.“
Und die Frau setzte den Korb ab, voller Hoffnung und Neugier, was er ihr nun wohl anbieten würde.
Ein weicher, geschmeidiger Rucksack aus federleichter Seide gefüllt mit frischen, duftenden Kräutern.
„Ja“, sagte die Frau, „das ist leicht und angenehm und duftet, dass man besser atmen kann und einem auch ganz leicht ums Herz wird. Aber wie soll ich die kalten Nächte überstehen, wenn ich nichts zu Heizen habe?“
„Die Kräuter.“, sagte der Prinz und legte eine Kunstpause ein. „Trag einfach die Kräuter. Alles weitere findet sich.“
Da wusste die Frau, dass dieser Mensch von königlichem Geblüt sein musste. So unvernünftig redete kein normal Sterblicher, aber auch nicht so lieblich. Sie fühlte dass die Kräuter und seine Worte ein mächtiges Geschenk waren, auch wenn sie nicht genau wusste warum. Aber er hatte ja gesagt: alles weitere findet sich.
Die Kräuter schärften ihre Sinne. Sie fand nun leichter Essbares im Wald. Sie stärkten ihr Herz, das kräftiger pumpte so dass sie nicht so leicht fror. Sie lockten hilfreiche Wesen an, die ihr mit Rat und Tat zur Seite standen. Sie verhungerte und erfror nicht, aber sie hatte auch nicht mehr zu essen als vorher und in ihrer Hütte war es meistens kalt. Doch das war nicht so wichtig, weil sie keine Schmerzen mehr hatte von dem schweren, pieksigen Lastenkorb, sich frei bewegen und frei atmen konnte und mit offenem Blick die Schönheit des Lebens wahrnehmen und genießen konnte.
Die Günstlinge des Königs schleppten weiter auf gebeugten, alten Rücken schwere, wertvolle Ledertaschen umher, angefüllt mit wertvollen Folianten, deren Weisheiten sie hüteten wie einen Schatz. Sie aßen gut und reichlich, schliefen warm und weich und sprachen nur mit ihresgleichen. Den König bekamen sie nie zu Gesicht. Seinen Sohn den Prinzen erkannten sie nicht.
*** Ende der Geschichte***
Das Pflegen von Konkurrenz, Neid, Missgunst, Streit und Hass und das Streben nach Gewinn, Anerkennung und Geltung ist ein wirksames Verhalten zur Erlangung von Reichtum, Macht und Privilegien. Aber es kostet unendlich viel Kraft, zerrt an den Nerven und höhlt die Seele aus.
Wer diesen schweren Korb ablegt und den Rucksack der Sanftmut und Demut aufsetzt, aus dem wird wohl kein erfolgreicher Geschäftsmensch, Wissenschaftler*in, Künstler*in oder Spitzensportler*in. Aber dem wird leicht ums Herz, der erkennt die Schönheit um sich herum und lernt sie zu genießen und sich zu entspannen. Das ist wahre Lebensqualität und das größte Geschenk, das einem in den Schoß fallen kann.
Er machte seinen Sohn zum Erfüllungsgehilfen. Der Prinz sollte die Würdigen auswählen. Er reiste inkognito und überlegte sehr genau, wem er seine wahre Herkunft verriet.
Da kam eine Frau des Wegs, arm und gebeugt, vom Leben gezeichnet trug sie einen schweren Korb, mit Lederriemen auf den Rücken geschnürt, angefüllt mit Holz und spitzem Reisig, dass sich durch die Ritzen des Korbes in ihren Rücken bohrte. Die Lederriemen schnitten schwer in die Schulterblätter. Und als er sie sah, sagte er: „Komm her, leg deine schwere Last ab, das führt doch zu nichts, nur Leid und Plage und wenig Gewinn, so kommst du nie auf einen grünen Zweig, Ich habe etwas Besseres für dich.“
Und die Frau setzte den Korb ab, voller Hoffnung und Neugier, was er ihr nun wohl anbieten würde.
Ein weicher, geschmeidiger Rucksack aus federleichter Seide gefüllt mit frischen, duftenden Kräutern.
„Ja“, sagte die Frau, „das ist leicht und angenehm und duftet, dass man besser atmen kann und einem auch ganz leicht ums Herz wird. Aber wie soll ich die kalten Nächte überstehen, wenn ich nichts zu Heizen habe?“
„Die Kräuter.“, sagte der Prinz und legte eine Kunstpause ein. „Trag einfach die Kräuter. Alles weitere findet sich.“
Da wusste die Frau, dass dieser Mensch von königlichem Geblüt sein musste. So unvernünftig redete kein normal Sterblicher, aber auch nicht so lieblich. Sie fühlte dass die Kräuter und seine Worte ein mächtiges Geschenk waren, auch wenn sie nicht genau wusste warum. Aber er hatte ja gesagt: alles weitere findet sich.
Die Kräuter schärften ihre Sinne. Sie fand nun leichter Essbares im Wald. Sie stärkten ihr Herz, das kräftiger pumpte so dass sie nicht so leicht fror. Sie lockten hilfreiche Wesen an, die ihr mit Rat und Tat zur Seite standen. Sie verhungerte und erfror nicht, aber sie hatte auch nicht mehr zu essen als vorher und in ihrer Hütte war es meistens kalt. Doch das war nicht so wichtig, weil sie keine Schmerzen mehr hatte von dem schweren, pieksigen Lastenkorb, sich frei bewegen und frei atmen konnte und mit offenem Blick die Schönheit des Lebens wahrnehmen und genießen konnte.
Die Günstlinge des Königs schleppten weiter auf gebeugten, alten Rücken schwere, wertvolle Ledertaschen umher, angefüllt mit wertvollen Folianten, deren Weisheiten sie hüteten wie einen Schatz. Sie aßen gut und reichlich, schliefen warm und weich und sprachen nur mit ihresgleichen. Den König bekamen sie nie zu Gesicht. Seinen Sohn den Prinzen erkannten sie nicht.
*** Ende der Geschichte***
Das Pflegen von Konkurrenz, Neid, Missgunst, Streit und Hass und das Streben nach Gewinn, Anerkennung und Geltung ist ein wirksames Verhalten zur Erlangung von Reichtum, Macht und Privilegien. Aber es kostet unendlich viel Kraft, zerrt an den Nerven und höhlt die Seele aus.
Wer diesen schweren Korb ablegt und den Rucksack der Sanftmut und Demut aufsetzt, aus dem wird wohl kein erfolgreicher Geschäftsmensch, Wissenschaftler*in, Künstler*in oder Spitzensportler*in. Aber dem wird leicht ums Herz, der erkennt die Schönheit um sich herum und lernt sie zu genießen und sich zu entspannen. Das ist wahre Lebensqualität und das größte Geschenk, das einem in den Schoß fallen kann.
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories