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Sonntag, 7. Januar 2018
Wie Weihnachten und Ostern zusammenhängen
c. fabry, 16:36h
Als unsere Tochter fast drei Jahre alt war, begannen wir, die Weihnachtsmythen der eigenen Kindheit an sie weiterzugeben. Während Sie mit der Mutter in der Christvesper saß, öffnete zu Hause der Vater dem Christkind die Tür, damit es die Geschenke bringen konnte. Wenn unsere Tochter, dann aus der Kirche zurückkam, leuchteten die Kerzen am Weihnachtsbaum, darunter lagen die Geschenke vom Christkind und vom Vater bekam sie persönlich etwas Getischlertes und von der Mutter etwas Gestricktes oder Genähtes geschenkt. Vor dem Auspacken wurden natürlich zunächst ein paar Weihnachtslieder gesungen. Ihr Vater erzählte ihr dann, das Christkind sei eine Weile da geblieben und habe ein wenig geschaukelt auf der Deele, wo unsere Tochter eine weit schwingende Schaukel hatte. Sie war kreuzwütend, dass sie den Besuch des Christkinds verpasst hatte und schwor, im nächsten Jahr nicht in die Kirche zu gehen, aber wir erklärten ihr, dass das Christkind nicht käme, wenn sie nicht den Weihnachtsgottesdienst besuche.
Zu all den Mythen von den Geschenke bringenden Wesen gesellte sich neben dem Nikolaus am 6. Dezember auch die Befana am 6. Januar (eigentlich eine italienische Epiphanias-Tradition) und selbstverständlich der Osterhase, der neben gefärbten Eiern und Süßigkeiten auch eine Kleinigkeit zum Spielen vorbeibrachte.
Dann wurde meine Tochter sieben Jahre alt, das Alter, in dem die meisten Kinder sich nur noch schwer hinters Licht führen lassen, in dem sie in der Regel lernen, sich in andere hineinzuversetzen und von sich und den eigenen Bedürfnissen abzusehen.
Wir machten über Ostern Urlaub in der Toskana und als langjährige Italienfans wussten mein Mann und ich, dass die italienischen Ostersüßigkeiten zu vernachlässigen sind – nur riesige Überraschungseier und kleine, blaue, eiförmige Baci di Perugina, die nicht besonders lecker schmecken. Wir brachten also Osterschokolade aus Deutschland mit.
Italien verwöhnte uns mit einer spektakulären Karfreitagsprozession und einer stimmungsvollen Osternacht in einer mittelgroßen, barocken Dorfkirche.
Der Ostermorgen war dann sehr ernüchternd. In der Grundschule hatten die Kinder sich schon vor den Ferien darüber ausgetauscht, dass das mit dem Osterhasen, dem Nikolaus und all den anderen geheimnisvollen Besuchern wohl eine Mär sei. Eine Freundin hatte kurz vor Weihnachten verpackte Geschenke im Kleiderschrank der Eltern entdeckt. Der Glaube und das Vertrauen in die zauberhafte Welt der guten Geister hatte bereits einen Riss bekommen. Und jetzt das: überdeutliche Indizien elterlichen Betruges. Unser Kind sagte: „Das sind doch Süßigkeiten aus Deutschland. Die habt ihr doch mitgebracht. Den Osterhasen gibt es gar nicht, das seid ihr.“
Wenn einem die Kinder auf die Schliche kommen, sollte man ihnen nicht länger etwas vormachen und wir fürchteten uns ein wenig, denn wir kannten Geschichten von Kindern, die maßlos enttäuscht von ihren Eltern waren, weil die sie so schamlos angelogen hatten. Also erklärten wir: „Wir wollten dir mit der Geschichte vom Osterhasen alles ein bisschen schöner machen.“
Sie sah uns an: „Und der Nikolaus, seid ihr das auch?“
Wir nickten.
„Und die Befana?“
Wir nickten erneut.
„Und Weihnachten? Das Christkind? Gibt es das etwa auch nicht?“
„Das haben wir auch nur so erzählt, weil es schön ist.“
Sie schwieg einen Moment und dachte nach. Dann fragte sie: „Aber die ganzen Geschenke. Habt ihr die etwa gekauft?“
Wir nickten erneut.
„Alles?!“
„Ja.“
Sie war gerührt. Ich erinnere mich nicht mehr, was genau sie dann sagte, aber sie war fassungslos, dass wir ihr zuliebe jahrelang auf ihren Dank und ihre Anerkennung verzichtet hatten. Aber wie man deutlich sieht, sind wir vielfach dafür entschädigt worden.
Zu all den Mythen von den Geschenke bringenden Wesen gesellte sich neben dem Nikolaus am 6. Dezember auch die Befana am 6. Januar (eigentlich eine italienische Epiphanias-Tradition) und selbstverständlich der Osterhase, der neben gefärbten Eiern und Süßigkeiten auch eine Kleinigkeit zum Spielen vorbeibrachte.
Dann wurde meine Tochter sieben Jahre alt, das Alter, in dem die meisten Kinder sich nur noch schwer hinters Licht führen lassen, in dem sie in der Regel lernen, sich in andere hineinzuversetzen und von sich und den eigenen Bedürfnissen abzusehen.
Wir machten über Ostern Urlaub in der Toskana und als langjährige Italienfans wussten mein Mann und ich, dass die italienischen Ostersüßigkeiten zu vernachlässigen sind – nur riesige Überraschungseier und kleine, blaue, eiförmige Baci di Perugina, die nicht besonders lecker schmecken. Wir brachten also Osterschokolade aus Deutschland mit.
Italien verwöhnte uns mit einer spektakulären Karfreitagsprozession und einer stimmungsvollen Osternacht in einer mittelgroßen, barocken Dorfkirche.
Der Ostermorgen war dann sehr ernüchternd. In der Grundschule hatten die Kinder sich schon vor den Ferien darüber ausgetauscht, dass das mit dem Osterhasen, dem Nikolaus und all den anderen geheimnisvollen Besuchern wohl eine Mär sei. Eine Freundin hatte kurz vor Weihnachten verpackte Geschenke im Kleiderschrank der Eltern entdeckt. Der Glaube und das Vertrauen in die zauberhafte Welt der guten Geister hatte bereits einen Riss bekommen. Und jetzt das: überdeutliche Indizien elterlichen Betruges. Unser Kind sagte: „Das sind doch Süßigkeiten aus Deutschland. Die habt ihr doch mitgebracht. Den Osterhasen gibt es gar nicht, das seid ihr.“
Wenn einem die Kinder auf die Schliche kommen, sollte man ihnen nicht länger etwas vormachen und wir fürchteten uns ein wenig, denn wir kannten Geschichten von Kindern, die maßlos enttäuscht von ihren Eltern waren, weil die sie so schamlos angelogen hatten. Also erklärten wir: „Wir wollten dir mit der Geschichte vom Osterhasen alles ein bisschen schöner machen.“
Sie sah uns an: „Und der Nikolaus, seid ihr das auch?“
Wir nickten.
„Und die Befana?“
Wir nickten erneut.
„Und Weihnachten? Das Christkind? Gibt es das etwa auch nicht?“
„Das haben wir auch nur so erzählt, weil es schön ist.“
Sie schwieg einen Moment und dachte nach. Dann fragte sie: „Aber die ganzen Geschenke. Habt ihr die etwa gekauft?“
Wir nickten erneut.
„Alles?!“
„Ja.“
Sie war gerührt. Ich erinnere mich nicht mehr, was genau sie dann sagte, aber sie war fassungslos, dass wir ihr zuliebe jahrelang auf ihren Dank und ihre Anerkennung verzichtet hatten. Aber wie man deutlich sieht, sind wir vielfach dafür entschädigt worden.
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