Mittwoch, 8. November 2017
Reformstau
Kann es sein, dass die Evangelische Kirche in ihren festgefahrenen Strukturen und ihrer festgezurrten Kirchenordnung stecken bleibt, weil sie zum überwiegenden Teil nur noch aus Karteileichen besteht?

Um einen Reformprozess voranzutreiben, braucht es Leute, die das wollen, denen die Diskrepanz zwischen den aktuellen Verhältnissen in "ihrer Kirche" und den aktuellen, brennenden gesellschaftlichen und politischen Fragen auf den Senkel geht. Der Mehrheit geht das aber eigentlich am Allerwertesten vorbei.

Was brauchen die Leute eigentlich?

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Funktionierenden Kommunismus, um auf Deine Frage zu antworten.

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Meine Frage zielte eher auf die spirituellen Bedürfnisse. Politökonomisch würde ich dagegen halten, dass funktionierende Anarchie die bessere Lösung wäre. Kommunismus ist was für Zwangsgestörte mit Regelwut und einem Gerechtigkeitssinn auf Grundschulniveau.

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Naja ...
... ich bin nicht der Meinung, dass Marx und Engels auf Grundschulniveau ihre Thesen verfassten.

Anarchie KANN aus meiner Sicht gar nicht funktionieren.
NOCH weniger als "echter" Kommunismus.

Aber zur Spiritualität der evangelischen Kirche kann ich mich nicht äußern.
Null Ahnung.

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Kommunismus-Bashing auf Kindergartenniveau ;)
Was funktionieren kann und was nicht, das steht in den Sternen. Kann man vorher nie wissen. Faschismus kann auch funktionieren. Alles kann irgendwie funktionieren. Was ist denn erstrebenswert, was wäre denn überhaupt nicht nur funktionstüchtig, sondern auch gut für die Menschen? Der Kommunismus hat tausende von Intellektuellen beschäftigt und tut es immer noch, viele davon ein Leben lang. Das Thema ist noch lange nicht durch. Das lässt sich nicht so einfach mit "Grundschulniveau" abwiegeln. Da muss man schon was Substanzielleres bringen, oder man muss sich enthalten und sagen: Habe ich keine Ahnung von, aber irgendwie nicht mein Ding. So in Bausch und Bogen den Kommunismus als reines Symptom einer psychischen Störung darzustellen, das ist gut funktionierende antikommunistische Propaganda, aber intellektuell natürlich wertlos. Das kann man natürlich machen, wenn man eine Agenda hat oder von irgendjemandem dafür bezahlt wird, aber den Eindruck hatte ich jetzt bisher nicht bei dir, Cristina. ;)
Deine Frage, was die Menschen brauchen, würde ich auch materialistisch beantworten. Die Menschen brauchen ein besseres Leben, bessere Arbeitsbedingungen, gerechte Verteilung von Wohlstand. Das ist die Grundlage für alles andere. Spiriuelle Bedürfnisse sind Ersatzbedürfnisse. Opium des Volkes. Kann man aber gut Kohle mit machen, deshalb sind die Spirituellen in der Regel ja auch gute Kapitalisten.
Wenn du unbedingt die Kirche reformieren willst, warum auch nicht - wenn man schonmal drinsteckt, dann kann man wenigstens die Politik mit "reinholen", dann würde ich an deiner Stelle sowas wie "Befreiungstheologie" und ähnliche Strömungen untersuchen und da nach Anregungen schauen, man muss ja nicht immer das Rad neu erfinden.

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Dass Leute einen immer falsch verstehen müssen
Ich habe nie behauptet, dass Marx und Engels auf Kindergarten-Niveau agiert haben. Ich habe MEW 23 in einer AG durchgeackert und später im Studium meine Fachprüfung in politische Ökonomie über Rosa Luxemburg mit 1 gemacht. Ich finde nach wie vor, dass Karl Marx ein brillianter Wissenschaftler war, der eine messerscharfe Analyse geliefert hat. Den 10-Stufen-Plan im kommunistischen Manifest halte ich allerdings für Traumtänzerei. Ich glaube ja auch nicht dass Anarchie einfach so funktioniert, das ist eine Utopie, nur ist das Konzept Kommunismus etwas, das mir widerstrebt, weil ihm der Wahn zugrunde liegt, man könne politökonomische Prozesse bis ins Detail planen. Das Schlimmste ist der Kappes, die kommunistische Gesellschaft über die sozialistische Umerziehung zu erreichen, muss ich jetzt nicht weiter ausführen oder?
Mit Befreiungstheologie habe ich mich nie eingehend beschäftigt, würde mir aber sicher gefallen, da ich ja auch für gerechte Verteilung und ein größtmöglichstes Maß an persönlicher Freiheit bin.
Das Grundschulniveau bezog sich lediglich auf den Gerechtigkeitssinn. Kinder unter sieben Jahren achten peinlichst genau darauf, dass es immer ganz gerecht zugeht, allerdings extrem undifferenziert und wenig empathisch, weil sie dazu entwicklungspsychologisch noch nicht in der Lage sind. Die plädieren auch noch für Schulverweis für Unterrichtsstörer.
Auf materieller Ebene, finde ich, müssen die Menschen aushandeln, wie sie die vorhandenen Güter verteilen und die MAchtverhältnisse müssen so beschaffen sein, dass die einen die anderen nicht übervorteilen können.

Man kann behaupten, dass Spiritualität Opium fürs Volk ist. Es gibt aber haufenweise Menschen, denen geht es materiell gut und die sind trotzdem unzufrieden, trotz Eigenheim, Topjob, geregeltem Einkommen, Familie, Hund und Sportverein.
Menschen waren schon immer auf der Suche nach einer Verbindung zu dem, was sie sinnlich nicht wahrnehmen können, was sie aber trotzdem manchmal spüren oder wonach sie sich sehen. Das ist nicht nur Fressen, Ficken, Freunde.

Die Esoterik-Szene boomt vielleicht nicht mehr (oder vielleicht doch) aber es gibt sie noch, die Leute vollziehen in Fußballstadien Religionsähnliche Rituale, da muss man schon was in sich abgetötet haben oder massiv davon ferngehalten wordensein, wenn man nicht irgendeine Form der spirituellen Erfahrung als wohltuend empfindet.

Ich glaube, die Leute kehren der Kirche den Rücken, weil sie da nicht das finden, was sie suchen. Ich gehe ja Sonntags auch meistens nicht hin, aber ich weiß, was mir guttut und biete das manchmal an, manchmal mögen Leute das auch, manchmal sogar sehr. Das reicht aber nicht.

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Die Leidenschaft für Gerechtigkeit zu beten
wie sie z.B. in den total tabuisierten Rachepsalmen zum Ausdruck kommt. Wir brauchen keine Kirche der ergebenen Schafe die sich nie empören und immer nur alles ergeben als Schicksal hinnehmen. Das ist nicht christlich sondern paganistisch, und erinnert mich unangenehm an Hitlers Geschwätz von der Vorsehung.

http://www.dietrich-bonhoeffer-gemeinde.de/gottesdienste/predigtreihe-2012-psalmen/rachepsalm-psalm-58-pfr-ulrich-wehmann-am-29072012/

Neulich in Twitter wollte eine Frau (die auch Teile des Koran ablehnt) die Tempelreinigungsszene als zu gewalttätig aus dem Neuen Testament streichen, weil das ihr Gandhi-haftes Bild vom lieben Jesulein und Opferlamm in Frage stellt. In der Evangelischen Kirche ein total falscher Spin drin, da wird man sogar in der katholischen Befreiungstheologie noch eher fündig. Die Ursache ist IMHO das "aufgeklärte" stoizistische Emotionstabu das hierzulande, typisch perfektionistischer Idealismus, total auf die Spitze getrieben wurde.
Dazu hab ich auch schon was geschrieben.
https://unidas.blogger.de/stories/2665190/

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Die Predigt aus der Bielefelder Bonhoeffer-Gemeinde
fand ich sehr ansprechend, Deinen Text allerdings sehr irritierend, das klingt mir ziemlich nach Veschwörungstheorie, obwohl es schon stimmt, dass Emotionen nicht en vogue sind. Aber das ist auch nicht erst seit kurzem so, dass man seine Emotionen kontrollieren können muss, wenn man seine Ziele erreichen will. Wer das nicht lernt, dem wird in der Regel eine Entwicklungsverzögerung attestiert.
Ich mag den Jesus, der im Tempel ausrastet und das AT hat mich schon als Kind mehr angesprochen als das NT. Ich glaube auch an einen rächenden Gott, auch wenn es oft nicht so aussieht, als würde er ausgleichend eingreifen. Aber "Mein ist die Rache" meint ja auch, dass man das Urteilen und Strafen dem überlassen soll, der den besseren Überblick hat. Täter - auch die Schlimmsten - handeln meistens aus verletzten Gefühlen. Das entbindet sie weder von ihrer Schuld noch von ihrer Verantwortung, aber wir sollten nicht den Racheengel spielen. Rachepsalmen schreiben ist da besser, um die eigene Seele zu reinigen. Und Anklagen und für rechtskräftige Verurteilung sorgen, das hilft wohl auch.
Ich bete auch regelmäßig, dass Trump, Putin, Erdogan, Kim Jong Un, also die echten Gefährder, aus dem Weg geräumt werden, meinetwegen soll sie der Blitz beim Kacken erschlagen. Wenn sie einfach zu Herz und Verstand kämen, wäre das aber auch eine tolle Lösung.

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Ich wollte es wäre nur eine Verschwörungstheorie
aber die Agenda der Umerziehung zum emotionslosen Zombie ist in in Georgia wörtlich und physikalisch in Stein gemeißelt und im vollem Gange, und zwar ganz besonders hierzulande, denn uns kann man ja grundsätzlich jede schlechte Idee einreden und dazu bringen sie radikal umzusetzen.

Ich vermute, Deutschland ist wieder mal ein Testfall für global geplante Grausamkeiten. Hast du nie den Film "Equilibrium" gesehen? Da wird eine solche Horror-Zukunft beschrieben, in der Gefühle und alle nicht rein funktionalen Gegenstände verboten und dämpfende Psychopharmaka für alle Pflicht sind.

https://de.wikipedia.org/wiki/Equilibrium_(Film)

Natürlich ist das nur ein Scifi-Film und entsprechend übertrieben, aber der gesellschaftliche Konsens geht in genau diese Richtung.

"Aber das ist auch nicht erst seit kurzem so, dass man seine Emotionen kontrollieren können muss, wenn man seine Ziele erreichen will. Wer das nicht lernt, dem wird in der Regel eine Entwicklungsverzögerung attestiert."

Du hast sicher auch verfolgt was in Spanien wegen Katalonien los war, und du möchtest sicher nicht ganz Südeuropa eine Entwicklungsverzögerung unterstellen, nur weil sie sich nicht so wie wir von ihren Emotionen abgeschnitten haben und ihre politischen Gefechte nicht immer ohne weiteres rational nachvollziehbar sind.

Wer darf die Regel aufstellen, daß Kontrolle immer besser ist? Darf das wirtschaftlich dominierende Deutschland auch die Kultur(??) dominieren? Das ist genau diese einseitig nördliche Perspektive, von der ich mich aus guten Gründen verabschiedet habe.

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Bin immer noch irritiert.
Dass das Ausleben von Emotionen kulturell unterschiedlich gelebt wird, weiß ich auch. In Südamerika kommt es bei Gesprächen zu erheblich mehr Körperkantakt als bei uns, in Sizilien gehört lautes Wehklagen zur Trauerarbeit und das will ich überhaupt nicht abwerten. Wenn ich von Entwicklungsverzögerung spreche, dann beziehe ich mich nur auf unseren Kulturkreis.

Aber ich teile Deine Einschätzung nicht, dass Emotionen keine Rolle mehr spielen sollen und schon gar nicht, dass die AfD und die Grünen an einem Strang ziehen, das klingt für mich vollkommen absurd.

Es ist vielmehr so, dass wir in unserer Kultur in den letzten Jahrzehnten gelernt haben, bewusster mit Emotionen umzugehen, sie zuzulassen, Männern nicht mehr das Weinen zu verbieten, Ehen zu beenden, die nicht mehr funktionieren, Rücksicht zu nehmen, auf die Gefühle anderer Menschen.

Es geht nicht darum, seine Gefühle zu verleugnen, es geht darum, seine emotionalen Affekte zu kontrollieren. Es ist in meinen Augen ein Fortschritt, dass Eltern nicht mehr ungebremst die Sau rauslassen, wenn sie von ihrem Kind genervt sind und einfach draufschlagen, damit es mit dem Gequengel oder Gekreische aufhört, sondern dass Eltern solche Affekte wahrnehmen, sich aber bremsen, weil sie wissen, dass sie ihrem Kind schaden würden, wenn sie es schlagen oder anbrüllen. Sie sind so aufgeklärt, dass sie schon mal etwas von der Trotzphase gehört haben, dass Kinder rebellieren müssen, um sich gesund zu entwickeln und dass das auch wieder vorbei geht.

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Sehr amüsant!
Ich bin auch gerade wieder am Ůberlegen, ob ich vor der Kur nochmal in die richtige Psychiatrie gehen soll. Kommt doch einfach mit! :)

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Schöner Witz ;-)

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