Samstag, 15. Mai 2021
Freies Assoziieren
FLIEßEN
Bewegung - Gurgeln - gleichmäßig - vergänglich - unaufhaltsam - Flüssigkeit - Flexibilität - durch alle Ritzen dringen

WASSER
klar - transparent - neutral - überlebenswichtig - Durststiller - Brandlöscher - Nährstoffträger - allgegenwärtig - immer knapper - umkämpft - erfrischend - Bach - Tümpel - Fluss - See - Meer - Regen

LEBENDIG
beweglich - fröhlich - im Prozess - vernichtend - kreativ - Atem - Puls - Wärme - Glück

STRÖME
Energie - Gewalt - Durchsetzung - Effizienz - Massen - Macht - Überfluss

GLAUBEN
Gefühl - Vertrauen - kindlich -andere Dimension - Verbindung - Wahrnehmung

Im Predigttext für den Sonntag Exaudi (Erhöre!) - Johannes 7,37-39 - kommen diese Worte vor.

"Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen:" (Verse 37b-38)

oder aus der Neuen Genfer Übersetzung:
"Wer Durst hat, soll zu mir kommen und trinken! Wenn jemand an mich glaubt, werden aus seinem Inneren, wie es in der Schrift heißt, Ströme von lebendigem Wasser fließen."

Diese starken Bilder finde ich sehr poetisch und berührend. Natürlich sind das Metaphern, es geht nicht um die Trinkwasserversorgung. Aber so essentiell Wasser für das Leben ist, so auch das seelische Gleichgewicht. Wer nicht im Lot ist, hat Durst. Diesen Durst versprach Jesus zu stillen. Mit dem Hinweis auf die Schrift, bezog er sich auf den Propheten Jesaja, Kapitel 58, Vers 11. Auch so ein Lieblingstext von mir, wo es um das Fasten geht. Wer für andere da ist, der stabilisiert sich selbst.
Doch um die Quelle von Strömen lebendigen Wassers zu sein, eine Energiequelle für andere, müssen Menschen auftanken. Für andere da zu sein, erfordert viel Kraft. Die entsteht teilweise aus den positiven Resonanzen, die von denen kommen, denen geholfen wird, so wie Muskeln stärker werden, wenn sie regelmäßig trainiert werden.
Aber Glaube braucht auch Spiritualität. Davon wird im Text dieses Sonntags im nächsten Vers gesprochen:

"Er sagte das im Hinblick auf den 'Heiligen' Geist, den die empfangen sollten, die an Jesus glaubten. Der Geist war zu jenem Zeitpunkt noch nicht gekommen, weil Jesus noch nicht in seiner Herrlichkeit offenbart worden war."

Damit dieses Gefühl des Verbundenseins sich einstellen kann braucht jede und jeder etwas Anderes: Gemeinschaft, Stille, Natur, Bewegung, Zeit zum Nachdenken, Musik, besondere Texte, Kreativität...das kann alles zum Gebet werden.

Manchmal passiert es, dass Menschen, die tief im Glauben verwurzelt sind, zu einer Kraftquelle für mich werden und mich stabilisieren und ich kenne auch das Gefühl, wenn Kraft von mir ausgeht und gleichzeitig etwas zurückfließt.

Wäre doch schön, wenn wir alle einander Kraftquellen sein könnten.

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Mittwoch, 12. Mai 2021
Heiliger Boden? Ausgerechnet zu Himmelfahrt?
Mir ist zum ersten Mal beim Lesen des Himmelfahrttextes https://www.bibleserver.com/LUT/Apostelgeschichte1 aufgefallen, dass sich das Event auf dem Ölberg abspielte, jenem Ort, an dem Jesus an Gründonnerstag betete, während die Jünger immer wieder einschliefen und wo er schließlich von Judas verraten und von den Soldaten des Hohen Rates verhaftet wurde. Von dort startete er auch den Einzug in Jerusalem und dort weinte er auch über Jerusalem.

Das war kein hoher Berg (809 Meter und nur 65 Meter über dem Tempelberg), am Stadtrand von Jerusalem.

Allerdings hatte er im Judentum eine tiefe symbolische Bedeutung, denn er galt als der Berg, von dem aus der Messias, der lang ersehnte Erlöser, in Jerusalem einziehen werde, um das jüngste Gericht abzuhalten. Und so sagten es ja auch die Himmelsboten zu den Jüngern, nachdem Jesus entschwebt war, dass er an diesem Ort auf die gleiche Weise zurückkehren werde, wie er gerade gegangen war.

Vermutlich liegt der Ölberg auch neben dem leeren Grab Jesu, denn am Fußes dieses Hügels befindet sich der jüdische Friedhof, auf dem noch heute Gräber aus biblischer Zeit zu finden sind. Vom Ölberg aus hat man eine phantastische Aussicht auf die gesamte Stadt.

Warum haben heilige Orte in den Religionen so eine Bedeutung? Gibt doch nur Ärger, aktuell gerade in Jerusalem, gleich drei Religionen, die sich um die heiligen Stätten streiten, obwohl sie alle die gleichen religiösen Wurzeln haben.

Dabei geht es doch gar nicht um Berge, Plätze, Tempel, heilige Haine, sondern um Glaube, Haltung, die richtigen Entscheidungen, Heilung, Trost, Liebe, Unterstützung. Das alles braucht keine heiligen Orte. Orte mit Atmosphäre gibt es überall. Orte denen für einen Menschen persönlich eine besondere Bedeutung zukommt, das verstehe ich, da wo es den ersten Kuss gab, das Elternhaus, die Geburt des eigenen Kindes, den tollsten Urlaub...das sind persönliche Heiligtümer. Aber die kollektiven, brauchen wir die wirklich?

Und gerade nach der Himmelfahrt, die einer Entkörperlichung gleichkommt. Ob der religiöse Teil der Menschheit es wohl schafft, sich eines Tages von diesem Zwang zu befreien? Ich hoffe es sehr.

Genießen Sie den Feiertag!

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Samstag, 8. Mai 2021
Betet! - Gedanken zum Sonntag Rogate
Letzte Woche wurde in Deutschland eine Kirchentür von der Polizei aufgebrochen. Wie ich finde: völlig zu Recht! Man traf sich zum Gottesdienst und sperrte das Ordnungsamt aus, um sich der Kontrolle zu entziehen. Leider gibt es unter gläubigen Christ*innen solche, die davon überzeugt sind, dass ihr Glaube sie vor einer Corona-Infektion schützt, wenn sie nur regelmäßig (mehrmals die Woche) als Gemeinde zusammenkommen und zusammen singen und beten, am besten Schulter an Schulter und ohne störenden Mundschutz. Und natürlich ohne Impfung. Glücklicherweise ist das nicht die Mehrheit.

Der Kommende Sonntag trägt den Namen Rogate, das heißt: Betet! Der Predigttext steht beim Propheten Daniel. Für die weniger Bibelfesten: Das Buch Daniel berichtet aus der Zeit des babylonischen Exils, d.h., die Bewohner*innen von Juda waren als Kriegsgefangene in das Gebiet zwischen Euphrat und Tigris verschleppt worden und konnten erst sechzig Jahre später in ihre zerstörte Heimat zurückkehren.
Gemäß der Auffassung der meisten Verfasser alttestamentarischer Schriften war das Volk Israel für seine zahlreichen Krisenzeiten weitestgehend selbst verantwortlich. Auf Fehlverhalten folgte Gottes Strafe.

Dieses Gottesbild von einem autoritären Herrscher, der bedingungslose Unterwerfung fordert, ist nicht mehr zeitgemäß und meines Erachtens auch wenig hilfreich.
Andererseits entsteht das meiste Elend, dem Menschen ausgesetzt sind, durch menschliches Fehlverhalten. Blöd ist nur, dass dabei meistens nicht die Verursacher bestraft werden. Das wird aber wohl auch zur Zeit des babylonischen Exils nicht anders gewesen sein.
Covid 19 ist keine Strafe Gottes, auch nicht der Klimawandel, die Finanzkrise oder Vulkanausbrüche. Aber von den Vulkanausbrüchen einmal abgesehen liegen die meisten Katastrophen in menschlicher Gier begründet.

Die Folgen lassen sich nicht wegbeten. Wir müssen etwas tun. Die Verantwortlichen mit Briefen, Demos, Petitionen und Wahlen unter Druck setzten. Unser eigenes Sozial- und Konsumverhalten auf den Prüfstand stellen und ggf. etwas ändern. Aber auch:
Innehalten.
Still werden.
Hingucken.
Hinhören.
Nachdenken.
Suchen.
Beten.

Das Gebet ist nicht das Mittel, etwas zu ändern, aber es kann helfen, stärker zu werden, besonnener und wirksamer.

Und hier der Predigttext für Sonntag, in der Übersetzung der Guten Nachricht:
Daniel 9,4-5 + 16-19
4 Vor ihm legte ich ein Bekenntnis unserer gemeinsamen Schuld ab und sagte: »Ach Herr, du großer und Ehrfurcht gebietender Gott! Du stehst in unerschütterlicher Treue zu deinem Bund und zu denen, die dich lieben und nach deinen Geboten leben. 5 Wir sind schuldig geworden, wir haben dir die Treue gebrochen, wir haben uns gegen dich aufgelehnt und deine Gebote und Weisungen nicht befolgt. 16 Immer von neuem hast du in der Vergangenheit deine Treue an uns erwiesen. Sei auch nun nicht länger zornig über deine Stadt Jerusalem und über den Zion, deinen heiligen Berg! Durch unsere Schuld und die Schuld unserer Vorfahren ist es so weit gekommen, dass alle Völker ringsum über deine Stadt Jerusalem und über dein Volk spotten. 17Darum, unser Gott, höre mein Gebet, höre mein demütiges Bitten! Blicke wieder freundlich auf dein verwüstetes Heiligtum, tu es um deiner eigenen Ehre willen! (Hes 36,20) 18Mein Gott, wende dich mir zu und höre mich! Sieh doch, wie elend wir dran sind und wie es um die Stadt steht, die dein Eigentum ist.[2] Wir wissen, dass wir es nicht verdient haben. Wir vertrauen nicht auf unsere Leistungen, sondern allein auf dein großes Erbarmen. 19 Höre mich, Herr! Vergib uns! Sieh unser Elend und greif ein! Lass uns nicht länger warten! Tu es um deiner Ehre willen; denn du hast doch deine Stadt und dein Volk zu deinem Eigentum erklärt!«

Mehr zu den weiteren Sonntagstexten im Kommentar.

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