Samstag, 25. September 2021
Sprachlos
Der Predigttext im Römerbrief 10,9-17 (kann man hier nachlesen: https://www.bibleserver.com/LUT/R%C3%B6mer10%2C9-17) erschien mir etwas diffus, darum habe ich eine Mind-Map erstellt, um mir den Inhalt besser erschließen zu können:



Ich glaube verstanden zu haben: Wer einen tiefen, überzeugten Glauben in sich trägt und nicht müde wird, anderen davon zu erzählen, von Erlebnissen, Erfahrungen und Gedanken dazu, der wird gerettet, was vermutlich einen Ehrenplatz in der Ewigkeit bedeutet, nie mehr Angst, Schmerz, Hunger oder Kummer. Vielleicht auch schon im Hier und Jetzt, was das innere Erleben betrifft, das Mit-sich-selbst-im Lot-sein.
Eigentlich hat laut Jesus ja jeder das Recht auf so einen Ehrenplatz im Himmel, nur gibt es da ein logisches Problem, das dem alten Paulus aufgefallen ist:
Wie sollen Menschen zu einem Gott beten, an den sie nicht glauben und wie sollen sie an einen Gott glauben, von dem sie noch nie etwas gehört haben?
Wie sollen Menschen von einem Gott hören, von denen ihnen niemand etwas erzählt?
Und wer traut sich schon anderen von Gott zu erzählen, wenn er nicht offiziell damit beauftragt ist?
Und wer zum Teufel nimmt Menschen, die von ihrem Glauben erzählen heutzutage überhaupt noch ernst?
Damit so etwas gelingen kann, braucht man aber den passenden Input: Jesu Worte, die Überlieferungen in den Evangelien.

Es gibt ja viele Aktive in den Kirchen, die sind eigentlich nicht so religiös, die schätzen die Gemeinschaft, das allgemeine Betriebsklima und die Möglichkeiten, sich einzubringen. Für die ist dieser Predigttext eher irrelevant.

Es gibt aber auch einige, die sind wirklich auf irgendeine Weise gläubige Christ*innen. Die überlassen trotzdem die sogenannte Verkündigung, also das Auslegen von Texten, das Berichten von Erfahrungen, Ansichten und Gedanken zum eigenen Glauben den Berufschrist*innen. Wir reden doch sonst über jeden Scheiß. Sogar über Sex. Warum ist Religion so ein Tabuthema? Woher kommt diese Sprachlosigkeit?

Die Schere im Kopf. Es gibt so viel religiösen Extremismus, der oft beängstigende Auswüchse annimmt, mit erschütternden Folgen. Mit denen will ich mich nicht gemein machen, nicht mit ihnen verwechselt werden. Viele gewohnte Begriffe und Redewendungen sind aber von diesen Gruppen besetzt. Und beim Versuch, eine neue religiöse Sprache zu entwickeln, macht man sich schnell lächerlich.

Ich wünsche mir aber eine bleibende Gemeinschaft von Menschen, mit denen ich meine religiösen Gedanken und Gefühle gemeinsam reflektieren kann, in einer Sprache, die alle verstehen und die niemanden befremdet. Also müssen viele sich trauen, darüber zu reden, damit die Kirche nicht schrumpft.

Vielleicht brauchen wir das: eine neue Sprache, damit aus antiquierten, sinnentleerten Worthülsen wieder starke Worte mit gewichtigem Inhalt werden.

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