Samstag, 4. September 2021
Mehr! - Gedanken zum Monatsspruch im September
c. fabry, 12:35h
Übergewicht, Schuldenberge, Zivilisationskrankheiten, Plastik-Inseln...
Werdet reicher, erfolgreicher, kauft ein größeres Auto, brillantere Bildschirme, exklusivere Lebensmittel, räumt mehr Follower auf Insta ab, lauft schneller, weiter, seht blendender aus...
Das sind die unausgesprochenen Worte der Propheten unserer Zeit. Das ist aber gar nicht so neu. Das prangerte schon der Prophet Haggai im Jahr 520 vor Christus an. In der Zeit nach dem babylonischen Exil bestand ein Dissens darüber, ob der zerstörte Jerusalemer Tempel sofort in alter Pracht wieder aufgebaut werden sollte oder ob die knappen Ressourcen angesichts einer wirtschaftlich desolaten Lage für die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen eingesetzt werden sollten.
Insofern bin ich persönlich eher bei Jesaja und Jeremia, die lieber in das Wohl der Menschen als in heilige Steine investieren wollten. Haggai erinnert mich an hemdsärmelige Kirchmeister, die sich mit Bauwerken ein persönliches Denkmal setzen wollen, die nicht abstrahieren können und Bleibendes nur im Materiellen sehen, nicht aber in der Liebe, die erfahren und weitergegeben wird.
Trotzdem liegt im Monatsspruch eine Wucht, der ich mich nur schwer entziehen kann:
"Ihr sät viel und bringt wenig ein; ihr esst und werdet doch nicht satt; ihr trinkt und bleibt doch durstig; ihr kleidet euch und könnt euch doch nicht erwärmen; und wer Geld verdient, der legt's in einen löchrigen Beutel." (Haggai, 1,6)
Haggai vermutete, dass alle Mühe, sich aus dem wirtschaftlichen Elend zu befreien, vergeblich sei, solange man sich nur auf Weltliches beschränkte. Ohne den Segen Gottes konnte nichts gelingen. Er meinte, ein strahlendes Heiligtum in der Mitte der Gläubigen sei die Grundlage jeder vorteilhaften Entwicklung. Ein Fundament, ohne das jedes Bauwerk sofort zusammenbricht.
Aber warum ein Prunkbau?
Vielleicht meinte er, dies sei ein Ausdruck der Lebenshaltung, der Schöpfer und der Glaube an ihn rücken ins Zentrum des Lebens, des Denkens, des Alltags. Sie stehen an erster Stelle und der Prachtbau sorgt dafür, dass diese Haltung täglich bestätigt wird, der bloße Anblick prägt das Bewusstsein. Vielleicht nicht so dumm, wie es auf den ersten Blick erscheint. Aber schon sehr alte Schule.
Doch die Unersättlichkeit in unserer Überflussgesellschaft ist in diesem uralten Vers treffen beschrieben.
Wir können nicht gewinnen, kein Ziel erreichen, niemals zufrieden sein und nichts Bleibendes schaffen, wenn wir nur für den Konsum leben, für die Befriedigung oberflächlicher Bedürfnisse.
Wir müssen keine Kathedralen bauen, es gibt genug Orte zum Stillwerden, Horchen, Nachdenken. Wir müssen an einer gerechteren Welt bauen, die jeden versorgt und niemanden ausgrenzt. Wir müssen an stabilen,
menschlichen Beziehungen bauen: Heilen, trösten, zuhören, wertschätzen, loben, ermutigen und lieben. Dann wird sofort alles besser. Amen.
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Das sind die unausgesprochenen Worte der Propheten unserer Zeit. Das ist aber gar nicht so neu. Das prangerte schon der Prophet Haggai im Jahr 520 vor Christus an. In der Zeit nach dem babylonischen Exil bestand ein Dissens darüber, ob der zerstörte Jerusalemer Tempel sofort in alter Pracht wieder aufgebaut werden sollte oder ob die knappen Ressourcen angesichts einer wirtschaftlich desolaten Lage für die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen eingesetzt werden sollten.
Insofern bin ich persönlich eher bei Jesaja und Jeremia, die lieber in das Wohl der Menschen als in heilige Steine investieren wollten. Haggai erinnert mich an hemdsärmelige Kirchmeister, die sich mit Bauwerken ein persönliches Denkmal setzen wollen, die nicht abstrahieren können und Bleibendes nur im Materiellen sehen, nicht aber in der Liebe, die erfahren und weitergegeben wird.
Trotzdem liegt im Monatsspruch eine Wucht, der ich mich nur schwer entziehen kann:
"Ihr sät viel und bringt wenig ein; ihr esst und werdet doch nicht satt; ihr trinkt und bleibt doch durstig; ihr kleidet euch und könnt euch doch nicht erwärmen; und wer Geld verdient, der legt's in einen löchrigen Beutel." (Haggai, 1,6)
Haggai vermutete, dass alle Mühe, sich aus dem wirtschaftlichen Elend zu befreien, vergeblich sei, solange man sich nur auf Weltliches beschränkte. Ohne den Segen Gottes konnte nichts gelingen. Er meinte, ein strahlendes Heiligtum in der Mitte der Gläubigen sei die Grundlage jeder vorteilhaften Entwicklung. Ein Fundament, ohne das jedes Bauwerk sofort zusammenbricht.
Aber warum ein Prunkbau?
Vielleicht meinte er, dies sei ein Ausdruck der Lebenshaltung, der Schöpfer und der Glaube an ihn rücken ins Zentrum des Lebens, des Denkens, des Alltags. Sie stehen an erster Stelle und der Prachtbau sorgt dafür, dass diese Haltung täglich bestätigt wird, der bloße Anblick prägt das Bewusstsein. Vielleicht nicht so dumm, wie es auf den ersten Blick erscheint. Aber schon sehr alte Schule.
Doch die Unersättlichkeit in unserer Überflussgesellschaft ist in diesem uralten Vers treffen beschrieben.
Wir können nicht gewinnen, kein Ziel erreichen, niemals zufrieden sein und nichts Bleibendes schaffen, wenn wir nur für den Konsum leben, für die Befriedigung oberflächlicher Bedürfnisse.
Wir müssen keine Kathedralen bauen, es gibt genug Orte zum Stillwerden, Horchen, Nachdenken. Wir müssen an einer gerechteren Welt bauen, die jeden versorgt und niemanden ausgrenzt. Wir müssen an stabilen,
menschlichen Beziehungen bauen: Heilen, trösten, zuhören, wertschätzen, loben, ermutigen und lieben. Dann wird sofort alles besser. Amen.
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