Samstag, 14. August 2021
Keine Asis
Kennen Sie Atze Schröder? Ein begnadeter Ruhrgebietskünstler, Comedian, Kabarettist, was auch immer. Es gibt eine Nummer von ihm, da erzählt er, wie sich zwei Typen am Baggersee unterhalten, wie schön es doch da ist. Und schließlich meint einer: "Un weißt du, was das geilste ist? Weißt DU, was das geilste ist?" Kunstpause "Keine Asis."

Das Publikum lacht. Worin besteht die Pointe? Nun, diejenigen, die hier parodiert werden, werden selbst in die Schublade Asis einsortiert. Das sind die, von denen man sich abgrenzt, die Unkultivierten, Breitbeinigen, Lauten, Undisziplinierten, Ungebildeten, denen es an allem fehlt: Status, Einkommen, Würde. Das Lachen beinhaltet: Ich bin ja nicht so, ich bin kein Asi. Und dann merkt man nicht, dass man in genau das gleiche Muster verfällt wie die, über die man gerade lacht.
Ein uraltes Thema. Darum geht es auch im Evangelium für den 15.08.

https://www.bibleserver.com/NG%C3%9C/Lukas18%2C9-14

Jesus erzählt eine Geschichte von zwei Betenden: von einem Pharisäer, einem geistlichen Würdenträger und einem Zöllner, der jede Menge Dreck am Stecken hat. Der Pharisäer dankt Gott, dass er nicht so missraten ist wie der Zöllner. Der Zöllner fleht Gott um Gnade an. Und dem Zöllner gibt Jesus den Vorzug.
Alle Texte an diesem Sonntag handeln von der Demut, die der Selbstüberhöhung vorzuziehen ist. Vordergründig wird das von uns Christenvolk gern ziemlich übertrieben. Aber im Alltag des kirchlichen Lebens, sind die meisten doch wie der Pharisäer. Warum?

Ich gebe zu, ich habe auch keine Lust auf breitbeinig ausschreitende, dummes Zeug grölende, besoffene, Kette rauchende Kerle, die 2000 Volt in den Armen haben und oben kein Licht. Das ging mir schon als Kind so. Ich wollte nicht im Sportverein mitmachen, wo nur Sprüche gekloppt wurden zum Herrengedeck, Bumsmusik, Einwegsex, Filterzigaretten, Pommes und Flachnasenfernsehen. Das gleiche galt für alle anderen Vereine auf dem Dorfe. Nur in der Kirche gab es geistreiche Konversation, Neues zu entdecken, ein kultiviertes Miteinander, Raum für die Schwachen und Stillen, die etwas länger brauchten, um aus sich heraus zukommen, politische Auseinandersetzung, Sinn für schöne Dinge, Kunst, Musik, Kultur. Und dann und wann auch mal Wettkampf, Sport oder Würstchen. Aber immer mit Augenzwinkern und gegenseitiger Wertschätzung.

Wenn jetzt die "Asis" am Gemeindeleben teilnehmen wollen, dann bekommt mein inneres Kind Angst, dass die meine sichere Insel zertrampeln und es am Ende in meinem Biotop genauso verrotzt und abgerockt aussieht wie im Rest der Welt. Da regt sich Widerstand. Ich will mein Revier verteidigen. Ich bin auch nur ein Tier wie alle anderen.

Ich habe die Demut nicht im Blut. Und das ist auch gut so, sonst würde das Leben mich plattmachen. Aber sie ist schon nicht verkehrt, diese Haltung, sich nicht selbst zu erhöhen. Neugierig auf andere sein, statt sich täglich selbst zu inszenieren. Fragen zu stellen, statt anderen die Welt zu erklären. Zuhören und hinsehen statt belehren und sich um die eigene Welt drehen.

Wenn es nur nicht so viel Kraft kosten würde.

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