Sonntag, 5. Mai 2019
Die spinnen, die Evangelen
Da geht am Donnerstag durch die Fernsehnachrichten und am Freitag durch die Tageszeitung die Kunde vom Schrumpfen der Kirchen in Deutschland. Kein Grund zur Panik, davon geht die Welt nicht unter. Sind künftig eben nur noch die im Verein, die das auch wirklich wollen, könnte finanziell enger werden, aber es gibt Schlimmeres.

Dann finde ich aber in der Zeitung vom gleichen Tag eine Notiz auf der Regenbogenseite – hups, war das jetzt ein Freudscher? Ich meinte die Rubrik „Aus aller Welt“ - mit der Überschrift: „335 Pfarrer sagen Nein zur Homo-Segnung“.

Um es etwas zu präzisieren: die Evangelische Landeskirche in Württemberg, also im Muschterländle, wo man weiß, dass man dort lebt, wo die Welt noch in Ordnung ist und zwar nur dort ;-) - ausgerechnet diese Landeskirche hat in ihrer Synode im März Ja zur öffentlichen Segnung gleichgeschlechtlicher Paare gesagt. Ein Schritt in die richtige Richtung. Halleluja. Und was passiert dann?

335 Pfarrer erklären auf einer Unterschriftenliste, solche Segnungen nicht zu vollziehen. Warum? Weil sie „für eine vom Wort Gottes nicht gedeckte Segnung nicht zur Verfügung stehen.“

Von Gottes Wort nicht gedeckt? Stimmt, das steht ja im 1. Spasemacko, Kapitel 08, Vers 15: „Segnet, die Euch fluchen, aber keine Homos.“

Scherz beiseite. Was mich am meisten alarmiert ist die Tatsache, dass ausgerechnet Nachwuchs-Theologen hier den Ton angeben. Sie wollen „nicht in einer Kirche der theologischen Beliebigkeit arbeiten.“, sagen sie.

Wie weit wollen wir denn noch nach rechts rücken, wenn wir jetzt schon wieder Pfarrer mit vernageltem Horizont auf die Gemeinden loslassen? Und dazu für die nächsten Jahrzehnte, denn es sind ja die Junghirten, die hier so entschieden antreten. Wovor haben die Angst? Dass ihnen die unbemannten Pastorenschwalben die Bude einrennen? Oder dass ihnen die zu verhochzeitenden Lesben nicht zur Verfügung stehen?

Kann mal einer von den Befürwortern dieses Aufstands der Konservativen antworten? Ich würde gern wenigestens im Ansatz verstehen, worum es Euch eigentlich geht.

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