Samstag, 6. August 2022
Scherflein der Witwe


Teilt ein Prekarier sein letztes Bier mit dir und du weißt das zu schätzen, bist du wohl selbst einer.

Alle anderen rümpfen die Nase, wenn zum Essen den falschen Wein serviert bekommen oder jemand zum Party-Buffet das Aufback-Baguette aus dem Discounter mitbringt.

In einer Überfluss-Gesellschaft gelten nur noch Superlative und absolute Zahlen. Der Schampus, den der Besserverdienende aus der Portokasse bezahlt, wird mehr gewürdigt als das Niedrigpreis-Piccolöchen, das sich der Prekarier vom Mund abgespart hat.

Unsere Kirche ist da auch nicht besser. Ist eben auch ein Spiegel der Verhältnisse. Gerade kürzlich hat sie erneut bewiesen, wie gern sie sich für den schnöden Mammon prostituiert: die Lindners durften mondän kirchlich heiraten, obwohl beide nicht in der Kirche sind.
"Kirche muss auch mal großzügig sein.", rechtfertigte die verantwortliche Pfarrerin ihre Entscheidung. Ich kann gar nicht so viel fressen wie ich kotzen möchte.

Ob sie bei zwei Hartzer*innen genauso großzügig wäre? Wohl kaum. Aber vom Herrn Finanzminister kann man dann vielleicht wohlwollende Lobbyarbeit erwarten.
Vielleicht. Wenn er Lust hat. Er hat ja schon bezahlt. Ist eben nur ein Freier.

So schaufelt sich die Kirche ihr eigenes Grab. Und was hat das mit dem Bibeltext vom Scherflein der Witwe zu tun?
Lesen Sie selbst! Bei Markus 12, 41-44

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Samstag, 30. Juli 2022
Öfter mal den Popo waschen
VOM HAMSTERHAFTEN IM MENSCHEN UND SEINER ÜBERWINDUNG

Ich leide am Landfrauen-Syndrom. Meine größte Sorge, wenn ich Gäste habe, besteht darin, jemand könne bei irgendeiner der dargebotenen Speisen und Getränke leer ausgehen. Ist das nicht eigenartig? Ich bin in einer Überflussgesellschaft aufgewachsen und habe ständig Angst, dass es nicht reicht.

Kennen Sie das auch?
- Bei der Busfahrt des Schulausflugs blieben die Gummibärchen in der Tasche, weil sonst alle etwas davon haben wollten und die Tüte sofort leer gewesen wäre?
- Es kommen mehr Gäste zur Party als erwartet und man hat nur eine Kiste Bier?
- Die Kiffer verkrümeln sich klammheimlich auf den Balkon, damit sie niemand um ihr heiliges Dope anbettelt und sie sich am Ende gar nicht richtig abschießen können?
- Das Küchenteam auf der Kinderfreizeit hat falsch kalkuliert und man sieht auf den ersten Blick, dass heute niemand satt wird?
- Man stand am Anfang der Corona-Krise und zu Beginn des Ukraine-Krieges oft vor leeren Regalen, wenn man Mehl, Nudeln, Öl oder Toilettenpapier kaufen wollte. Wenn es dann etwas gab, hat man selbst zugeschlagen, man wusste ja nicht, wie es in den nächsten Tagen um das Angebot bestellt war.
- Es wird eng mit den fossilen Brennstoffen und schon sind die Termine bei den Errichtern von Solaranlagen auf Monate ausgebucht und Brennholz wird immer begehrter.
- Die Getreideverknappung auf dem Weltmarkt durch die russische Blockade-Politik bedroht Millionen von Menschen mit dem Hungertod. Es hat keine Neurose, der sich davor fürchtet, sondern eine berechtigte Angst.
- Die Welternährung ist seit Jahrhunderten ein Problem-Thema, spätestens seit der Kolonialzeit, in der stärkere Nationen schwächere Staaten ausplünderten, einfach weil sie es konnten. Und wir tun es noch immer.

Menschen hamstern aus Todesangst. Manchmal ist diese Angst berechtigt, meistens ist sie jedoch irrational. Eigentlich reichen die vorhandenen Ressourcen, sie müssen nur gerecht verteilt werden. Und beim Mehl-Nudel-Klopapier-Engpass war es überdeutlich. Die Ware war eigentlich nicht knapp. Sie wurde es nur, weil Viele viel mehr hamsterten, als sie verbrauchen konnten. Und als es dann erst einmal so war, schien es unmöglich, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Jesus von Nazareth hat das Unmögliche hinbekommen. Nachzulesen u.a. im Evangelium das Johannes, Kapitel 6, Verse 1-15
https://www.bibleserver.com/HFA/Johannes6%2C1-15

Die Speisung der 5000 ist hinlänglich bekannt. Fünf Brote, zwei Fische. Jesus, der Zauberkünstler. Oder eben Jesus, der die Ängste der Menschen kannte, den Igel in der Tasche aus Angst vor dem sozialen Druck, wenn die mitgebrachten Lebensmittel ausgepackt werden. Teilen müssen, was gerade für einen selbst reicht und dann nicht satt werden.

In der Johannes-Version befinden sich die bescheidenen Vorräte, mit denen das Wunder seinen Lauf nimmt, ursprünglich nicht im Besitz Jesu und seiner Jünger. Ein kleines Kind macht den Anfang, bringt den Heiligen Männern alles, was es hat. Vielleicht war es dieses Kind, das in seiner gedankenverlorenen, bedingungslosen Liebe und Freigebigkeit Jesus beschämt hat und ihn auf die Idee brachte, dass Beschämen durch Teilen des Wenigen, das man besitzt, eine ansteckende Wirkung hat, Wellen schlägt und Situationen verändern kann.

Lernen wir daraus! Probieren Sie mal was Neues!
- Laden Sie Ihre Party-Gäste mit der Bitte um mitgebrachte Speisen und Getränke ein. Jeder kann später seine Reste mitnehmen und sicherlich verbrauchen. So wird nichts verschwendet und weggeworfen.
- Teilen Sie im Zug Ihre Brote mit hungrig aussehenden Mitreisenden.
- Wenn das Bier alle ist: servieren Sie Wasser in Sektgläsern, spielen Sie Spiele, erzählen Sie Witze, singen Sie gemeinsam.
- Wenn Sie gern kiffen, überstehen Sie auch mal einen Abend mit lieben Freundinnen und Freunden, an dem alle - Sie einschließlich - nur minimal gedopt sind, dafür aber alle gemeinsam.
- Wenn auf einer Freizeit zu knapp gekocht wurde: Holen Sie doch mal kreative Vorschläge von den Kindern ein. Wenn die nichts taugen und Sie haben noch Mehl, Wasser und Öl, sind schnell leckere vegane Pfannkuchen gebacken. Machen Sie ein Happening draus und die Laune steigt wieder.
- Wenn die Regale sich leeren: Probieren Sie neue Rezepte aus mit dem, was noch da ist.
- Und falls es kein Klopapier gibt: Popo waschen statt wischen. Ist auch viel hygienischer. :-)

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Freitag, 22. Juli 2022
Der Zug hat keine Bremse
Was für eine Hitze am Dienstag und Mittwoch! Und das soll schlimmer werden? Öfter, länger, heißer? Wir wissen alle, woran es liegt. Wir kennen die Menschen-gemachten Ursachen, wissen, wo die Hebel angesetzt werden müssen.

Wir kennen auch die tausend Ausreden und haben selbst hundert parat. Und kennen Sie auch dieses Gefühl? Das schafft man ja gar nicht! Das ist nicht mehr aufzuhalten. Der Zug ist abgefahren und: "Der Zug, der Zug, der Zug hat keine Bremse." (Party-Schlager aus diesem Sommer)

Aber das ist doch Quatsch! Natürlich können wir das schaffen! Gerade als Christinnen und Christen, die glauben, dass sie eine Verantwortung tragen für diese wunderbare Erde, die Gott uns geschenkt hat, oder die meinetwegen ein Produkt aus fortlaufenden Prozessen von Ursache und Wirkung ist. Das ist in diesem Zusammenhang irrelevant.

Der Predigttext für den 24.07.22 steht im Römerbrief 6,3-11. Ich verstehe ihn als Ermutigung. Hier nachzulesen:
https://www.bibleserver.com/NG%C3%9C/R%C3%B6mer6%2C3-11

Paulus meint, dass mit der Taufe etwas von uns stirbt, der Teil von uns, der uns im Weg steht, wenn wir es gut und richtig machen wollen. Darum haben wir in der Taufe Anteil am Tod Jesu. Und so wie Jesus auferstanden ist, erheben wir uns aus der Taufe als neue Menschen.
Wer ?mit Christus stirbt?, wird auch ?mit ihm auferstehen?, kann es also schaffen mit dem neuen Menschen, der nicht mehr Sklave seiner Gier und seiner Ängste ist. Denn es sind meines Erachtens vor allem die Gier und die Angst, aus denen alles "Böse", Verletzende und Destruktive entsteht.
Weil Jesus das alles besiegt hat, können wir das auch. Trotz all seiner Ängste hat er einen Foltertod auf sich genommen und überstanden. Genauso können wir auch oft mehr aushalten und schaffen, als wir für möglich halten. Wir können also auch diese Erde retten. Fangen wir doch sofort damit an!

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