Montag, 6. Juni 2022
Alte Hüte aktuell
Mein liebstes Pfingstlied stammt aus dem vorletzten Jahrhundert und ich verstehe es etwa so:

Komm, Geist der Wahrheit, ergreife Besitz von uns, bring Licht ins Dunkel, sorge für klare Sicht, gib Betrug und blendender Schaumschlägerei keine Chance. Lass unser Herz und unsere Rede für dich brennen, damit wir uns trauen, zu unserem Glauben zu stehen.

Diese Kraft der Wahrheit und des Glaubens soll uns trösten und Mut machen. Wir leben in einer Zeit, in der die Religionen an Bedeutung verlieren. Gerade darum brauchen wir heute dieselbe geistliche Kraft wir die ersten Christ*innen.

Eine unreflektierte, pauschale Religionsfeindlichkeit, Verhöhnung und Verspottung gläubiger Menschen verbreitet sich mehr als je zuvor. Darum brauchen wir göttliche Unterstützung, wir bitten um Kraft, Geduld, Durchhaltevermögen und ein großes Herz für alle Menschen.

Allen Widerständen zum Trotz wollen wir nicht aufhören, die guten Gedanken der Evangelien weiterzugeben.

Manchmal wirkt es. Menschen kommen zum Glauben, von denen es keine*r erwartet hätte. Also sollten die, die schon lange dazu gehören doch auch in den Genuss einer besseren Welt kommen.

Aber sind nicht viele, die offiziell zur Kirche gehören weiter vom Glauben entfernt, als alle die ihn neu für sich entdeckt haben? Wir sollten das Licht in unserem Leben einfach mal wieder wahrnehmen; alles was gut läuft, was schön ist, was uns glücklich macht.

Ach wenn wir doch da, wo wir von unserem Glauben erzählen, von dieser Geistkraft durchdrungen und begleitet würden. Wenn wir die Zähne auseinander bekämen und die Dinge erzählten, die guttun und Gutes bewegen, wenn die Herzen der Menschen sich für die guten Worte öffneten und sie aufnähmen und umsetzten.

Möge er wehen, der Geist der Wahrheit und den Verschwörungstheoretikern, Volksverhetzern, Despoten, Kriegstreibern, Ausbeutern, Unterdrückern, Schmiergeldzahlern und -Empfängern den Wind aus den Segeln nehmen. Den Geldhahn müssen wir selbst zudrehen.

Und so lautet der Text von Philipp Spitta im Original

136:1 O komm, du Geist der Wahrheit, und kehre bei uns ein, verbreite Licht und Klarheit, verbanne Trug und Schein. Gieß aus dein heilig Feuer, rühr Herz und Lippen an, dass jeglicher getreuer den Herrn bekennen kann.
2 O du, den unser größter Regent uns zugesagt: komm zu uns, werter Tröster, und mach uns unverzagt. Gib uns in dieser schlaffen und glaubensarmen Zeit die scharf geschliffnen Waffen der ersten Christenheit.
3 Unglaub und Torheit brüsten sich frecher jetzt als je; darum musst du uns rüsten mit Waffen aus der Höh. Du musst uns Kraft verleihen, Geduld und Glaubenstreu und musst uns ganz befreien von aller Menschenscheu.
4 Es gilt ein frei Geständnis in dieser unsrer Zeit, ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit, trotz aller Feinde Toben, trotz allem Heidentum zu preisen und zu loben das Evangelium.
5 In aller Heiden Lande erschallt dein kräftig Wort, sie werfen Satans Bande und ihre Götzen fort; von allen Seiten kommen sie in das Reich herein; ach soll es uns genommen, für uns verschlossen sein?
6 O wahrlich, wir verdienen solch strenges Strafgericht; uns ist das Licht erschienen, allein wir glauben nicht. Ach lasset uns gebeugter um Gottes Gnade flehn, dass er bei uns den Leuchter des Wortes lasse stehn.
7 Du Heilger Geist, bereite ein Pfingstfest nah und fern; mit deiner Kraft begleite das Zeugnis von dem Herrn. O öffne du die Herzen der Welt und uns den Mund, dass wir in Freud und Schmerzen das Heil ihr machen kund.

Und so hört er sich an:
https://www.youtube.com/watch?v=K0Ku9NrKRII

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Samstag, 4. Juni 2022
Pfingsten für Anfänger*innen
https://www.instagram.com/p/CeZGAZfrOMN/

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Samstag, 28. Mai 2022
Der Heilige Geist wird's schon richten - Vier Gedanken zum Predigttext am 29. Mai 2022
Diesen Text musste ich mehrfach lesen, in allen verfügbaren Übersetzungen und tue mich noch immer schwer damit.

https://www.bibleserver.com/NG%C3%9C.NLB/R%C3%B6mer8%2C26-30

Vier wesentliche Aussagen finde ich darin, zu denen mir das nun Folgende durch den Kopf gegangen ist:

1. Christ*innen oder Gläubige müssen keine gewieften Theolog*innen sein, da kann ruhig Chaos im Kopf herrschen, Unsicherheit, Zweifel, Unverständnis? der gute Geist wirkt von ganz allein, man muss es nur zulassen - gegenüber der schöpferischen Kraft muss man keine Angst haben sich zu blamieren oder es beim Beten zu vergeigen und damit Schaden anrichten.

Im gelebten Glauben in christlichen Kirchen, vorzugsweise in den Evangelischen, gibt es zwei ungesunde Extreme: Das eine ist die perfektionistische kleinkarierte Theologie des blasierten Bildungsbürgertums, das die meisten ausgrenzt, demütigt und heimlich verhöhnt. Hier findet eine zutiefst unchristliche Selbstüberhöhung der "Eingeweihten" statt, die einen nicht unerheblichen Anteil am Sinken der Mitgliederzahlen hat.
Das andere Extrem ist die Banalisierung der Religion. Hauptsache, ich habe Spaß, es ist was los, ich fühle mich wohl, die Musik ist cool, die Ausstattung ansprechend, die Aktionen spannend? Inhalte sind egal. Da füllen sich plötzlich Gotteshäuser mit Menschenmassen, weil die Musik von einer Band begleitet wird, der Altarraum mit bunten Scheinwerfern ausgeleuchtet ist und es am Ausgang pfiffige Give-aways gibt. Inhaltlich kommt man hier oft nicht über das hinaus, was wir schon in den Fünfzigerjahren für überwunden hielten. Es ist nichts als der alte Kack im neuen Frack. Theologisches Fastfood fürs blöde Volk. Das kann es doch auch nicht sein.

Können wir nicht klugen Gedanken Raum geben, in einer Kirche, in der Menschen sich wieder aufs selber Denken einlassen? Leider haben die meisten dazu keine Lust, obwohl die Mehrheit der Kirchenmitglieder durchaus nicht aus gedankenlosen Trotteln besteht. So bleibe ich frustriert und ratlos zurück.


2. Für diejenigen, die im Einklang mit Gott, mit der Schöpfung leben, nimmt jede Entwicklung ein gutes Ende.

Ich kenne dieses Gefühl, dass sich am Ende irgendwie alles fügt, wenn ich so auf mein bisheriges Leben zurückblicke. Auch sehr schwierige Zeiten, in denen ich zutiefst verzweifelt war, haben ihren Anteil an dem Schönen und Guten, was danach kam. Aber ich lebe auch in einer privilegierten Welt. Einem jemenitischen Kind muss so eine Aussage doch vorkommen wie der blanke Hohn.
Andererseits ist eine solche Haltung vielleicht ein guter Plan, um ein Leben lang durchzuhalten.


3. Gott hat Menschen ausgesucht, die am Ende genauso werden sollen wie Jesus, so wie kleine Geschwister, die erst ein angemessenes Sozialverhalten lernen müssen.

Und was ist mit dem Rest?
Ich mag dieses paulinische Elitedenken nicht. Warum sollte Gott Einzelne auswählen und den Rest in der Hölle verrotten lassen? Warum sollen wir uns anstrengen, wenn sowieso schon alles vorherbestimmt ist?
Aber mir gefällt der Gedanke, dass wir alle Gottes Kinder sind, unterwegs um das Niveau unseres großen Bruders Jesus zu erreichen, ohne den Anspruch, von vorneherein schon alles drauf zu haben. Wir müssen ein Leben lang an uns arbeiten - aber wir haben alle das Zeug dazu. Und wenn ich "wir" sage, dann meine ich ausnahmslos alle Menschen.


4. Wo diese Menschen nun schon einmal ausgesucht wurden, hat Gott auch vor, sie für alle Ewigkeit bei sich zu behalten. Es kann also gar nichts schiefgehen.

Ich gehe davon aus, dass wir alle ausgesucht wurden, einfach weil wir Menschen sind, von denen jede/r Einzelne von Gott gewollt und geliebt ist. Vielleicht müssen wir uns alle mal etwas mehr entspannen. Uns schon anstrengen, das Richtige zu tun, für andere da zu sein, die Schöpfung zu bewahren, niemandem zu schaden usw., aber nicht an uns zu verzweifeln, wenn wir an unsere Grenzen stoßen. Bedauern, ja, aber nicht mit uns selbst hadern. Das schadet nicht nur uns sondern auch allen anderen, denn das macht uns unleidlich, leistungsschwach und unkreativ.

Wir kriegen es schon irgendwie hin. Lassen wir uns helfen. Öffnen wir uns für den Heiligen Geist.

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