Samstag, 14. Mai 2022
Wenn man sich vom Predigttext verhöhnt fühlt.
Lesen Sie Kolosser 3, 12-17
https://www.bibleserver.com/HFA/Kolosser3%2C12-17
Es geht um die Liebe untereinander, den achtsamen, respektvollen Umgang miteinander, beides Voraussetzungen für Frieden, den wir gerade so schmerzlich vermissen.
Sollen die Ukrainer*innen jetzt den Angreifern vergeben, weil Jesus ihnen ihre Sünden auch erlassen hat? Wohl kaum, denn Vergebung setzt Einsicht, Reue und Bereitschaft zur Besserung voraus.
Trotzdem wird es vielleicht besondere Momente geben, in denen Menschen sich von der Liebe leiten lassen, überall da, wo der Hass dem Verständnis weicht, wo Gegner aufeinander zugehen, um zu verhandeln.
Von gegenseitiger Ermahnung und Unterweisung ist die Rede. Es muss nicht alles hingenommen werden, aber man darf auch nicht aufhören, im Gespräch zu bleiben. Obwohl es angesichts all der Ungeheuerlichkeiten schwer fällt, geradezu unmöglich erscheint.
Und schließlich werden alle Christ*innen zum Gotteslob aufgefordert. Das soll an diesem Sonntag auch für uns gelten. Geht's noch? Klimawandel, Artensterben, Demokratien scheitern, schon zweieinhalb Jahre Pandemie und jetzt noch dieser Scheißkrieg. Und dann Gott loben. Ist das nicht zynisch?
Au contraire. Natürlich gibt es reichlich zu beklagen. Aber das gibt es immer, zu jeder Zeit. Vor ein paar Jahren war es vielleicht gerade nicht so präsent, doch das Grauen fährt immer mit. Aber eben auch alles Schöne, Gute, Lebendige, Fröhliche. Ich bin zum Beispiel dankbar für den blühenden Frühling, den verlässlichen Selenski, das besonnene Vorgehen der Politiker*innen in unserem Land, den wachsenden Widerstand in Russland und den unfassbaren Mut dieser Menschen. Es gibt wirklich viele Gründe.
Es tut gut, zu loben, denn das setzt voraus, dass man wahrnimmt, was gut ist und dass man sich freut. Es tut gut sich zu freuen, ganz besonders in Zeiten, in denen einem so viel Schrecken begegnet, in denen man so voller Angst und Unsicherheit ist. In solchen Zeiten braucht man Kraft, Hoffnung, Oasen der Regeneration, Resilienz.
Also: Einfach mal freuen - jetzt erst recht!

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Freitag, 6. Mai 2022
Sie haben die Wahl
Am übernächsten Sonntag wird in NRW der Landtag gewählt und alle, die bereits 18 sind, dürfen wählen.
Es ist ein Segen, dass wir hier freie und geheime Wahlen haben, dass wir unsere Vertretung, die Entscheidungsträger*innen, durch Abstimmung auf begrenzte Zeit aussuchen dürfen. Das gibt es noch nicht lange und bei weitem nicht überall. Tatsächlich verschwinden immer mehr Demokratien, denn sie sind fragil und anfällig für Störungen.
Bei einer Demokratie kommt es nicht nur auf die politischen, formalen Strukturen an, es geht auch um die Haltung, den Willen, Lösungen zu finden, die möglichst allen gerecht werden, niemanden zu übervorteilen, zu verletzen oder auszugrenzen.
Diese Haltung gehört zu den wesentlichen christlichen Werten, aber um diese Werte leben zu können, braucht es eine Verbindung zum Ursprung dieser Werte, zum Schöpfer. Der Predigttext für den 8.Mai ist der Schöpfungsbericht am Anfang der Bibel. Interessanter fand ich aber das Evangelium dieses Sonntags, dort geht es um die Verbindung zu den Wurzeln oder wie es im Johannes-Evangelium heißt: zum Weinstock.
Den Text finden Sie hier:
https://www.bibleserver.com/HFA/Johannes15%2C1-8
Nicht nur Christ*innen können diese Verbindung aufbauen, ja vielleicht nicht nur religiöse Menschen, vielleicht finden die heilsamen, lebensbejahenden, schöpferischen Kräfte, die wir unter dem Wort "Gott" zusammenfassen auch ihren Weg zu betont rationalen Menschen, die mit Religion nichts anfangen können. Aber ich bin sicher, auch solche Leute leben eine Form von Spiritualität, nehmen sich Zeit zum Hinhören, Hinsehen, Innehalten und öffnen ihren Geist. Ich glaube, ohne diese Verbindung zum Göttlichen, wird alles was wir tun hohl, sinnlos und wirkungslos.
Darum denken Sie bei Ihrer Wahl nicht nur an Ihren persönlichen Vorteil oder den Ihres eigenen Staates. Nehmen Sie das Ganze in den Blick, die Menschen, die Schöpfung, das Leben. Und halten Sie die Verbindung.

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Samstag, 30. April 2022
Hoher Preis
Der Predigttext für den 1. Mai kann einem Angst machen. Ein wiederholtes entschiedenes Bekenntnis zum christlichen Glauben kann tödlich sein.

https://www.bibleserver.com/HFA/Johannes21%2C15-19

Vielleicht muss man sich nicht nur einmal im Leben entscheiden, sondern immer wieder. So wie Petrus werden wir als Christ*innen regelmäßig aufgefordert, uns zu bekennen und das könnte auch Folgen haben, die wir uns nicht wünschen. Die erste Folge des Bekenntnisses bedeutet immer, aktiv zu werden und Verantwortung für Andere zu übernehmen. (Weide mein Lämmer) Lippenbekenntnisse ohne Taten sind sinnlos. Das man etwas tun muss und nicht nur reden, das können die meisten sicher so stehen lassen. Aber in diesem Text wird noch weitaus mehr verlangt.
Von Petrus heißt es, er sei ebenfalls wie Jesus am Kreuz gestorben, angeblich sogar kopfüber. Der Evangelist interpretiert diesen grausamen Tod sogar als großes Privileg, Gott habe Petrus damit geehrt. Solche Bewertungen erscheinen mir reichlich suspekt. Können wir nicht einfach für eine bessere Welt eintreten, ohne uns dafür zu Tode foltern zu lassen?

Vermutlich schon. Aber es richtig und gut zu machen, kann gelegentlich mit Verzicht, Gefahr, Verlust und Verletzung einhergehen, Lebensgefahr inklusive.

Ist aber sicher besser, vorsichtig zu sein und am Leben bleiben zu wollen. Wer den Opfertod stirbt, kann danach nämlich nichts mehr ausrichten.

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