Sonntag, 6. Februar 2022
Fragen zum Predigttext in Matthäus 14
Zur Vorgeschichte: Gerade hatte Jesus die Speisung der 5000 organisiert und war wohl etwas ausgelaugt. Und da beginnt unsere Geschichte:

"22 Und alsbald drängte Jesus die Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm ans andere Ufer zu fahren, bis er das Volk gehen ließe."
Warum hat er die Jünger weg geschickt? Neigten sie dazu, die Menschen einzuschüchtern, sodass sie sich nicht trauten, sich Jesus zu nähern? Oder hatte er sie einfach mit pragmatischen, organisatorischen Aufgaben betraut, damit er in den nächsten Tagen einen Schlafplatz und etwas zu essen hatte?

" 23 Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er auf einen Berg, um für sich zu sein und zu beten. Und am Abend war er dort allein."
Musste Jesus Kräfte tanken? Brauchte er Zeit für sich, weil die Jünger auch nur Energie von ihm abzogen?

"24 Das Boot aber war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen."
Was dachten die Jünger? Fühlten sie sich von Jesus im Stich gelassen oder sogar verraten? War er als Sohn Gottes am Ende für das Unwetter verantwortlich oder hatte es womöglich vorher gewusst?

"25 Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem Meer."
Was hat das zu bedeuten? Warum setzt Jesus sich in diesem Text über sämtliche Gesetze der Physik hinweg? Sparen wir uns die Versuche mit den Trittsteinen, der Surfbrett-Planke, dem besonders kraftvollen Wassertreten. Warum wird diese Geschichte erzählt?

"26 Und da ihn die Jünger sahen auf dem Meer gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. 27 Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht! 28 Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser."
Was denkt Petrus sich bei seiner Bitte? Soll Jesus sich beweisen? Oder ist es sein ewiger übertriebener Ehrgeiz, immer der beste, opferbereite Vorzeige-Jünger zu sein? Des Rabbis bester Buddy? Wollte er es den Mitjüngern so richtig zeigen? Und wenn ja, warum?

"29 Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu."
Warum fordert Jesus Petrus auf , aus dem Boot zu steigen? Und warum hat Petrus keine Angst?

"30 Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, rette mich!"
Warum versinkt Petrus in dem Moment, in dem er sich der realen Gefahr bewusst wird? Sind wir resilienter, wenn wir die Gefahr ausblenden? Oder hat Petrus sich in die Gefahr begeben, weil er von Jesus gerettet werden wollte?

"31 Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?"
Warum sagt Jesus das? Petrus hat sich doch auf ihn verlassen, nur nicht auf die eigenen Fähigkeiten. Geht es am Ende darum, ass wir das scheinbar Unmögliche schaffen können, wenn wir nur konsequent auf unsere Fähigkeiten vertrauen?

"32 Und sie stiegen in das Boot und der Wind legte sich."
Legte der Wind sich, weil Jesus mit seinem konfrontativen Pädagogik-Programm durch war?

"33 Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn!"
Wovon sind die Jünger so beeindruckt? Von der Wasserlauferei oder von der plötzlichen Beruhigung des Wetters?

Gibt es Antworten?

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Samstag, 29. Januar 2022
Gratwanderung - Gedanken zum Predigttext am 30.01.2022
Lesen Sie mal, das ist wirklich eine wilde Geschichte:

https://www.bibleserver.com/EU/2.Mose34%2C29-35

Auch wenn Chagall es wunderschön gemalt hat: ich glaube nicht an Lichtstrahlen die vom Gesicht des Mose ausgingen, nachdem er vom Berg Sinai herabgestiegen war, dass er eine Priestermaske tragen musste, um seine Leute nicht zu erschrecken, dass er nur im unmittelbaren Kontakt mit Gott diese Maske abnehmen konnte.
Ich frage mich vielmehr: Was genau ist die theologische Intention dieser Geschichte?

Da geht der Anführer einer großen Gruppe in die Einsamkeit auf einen hohen Berg, verbindet sich mit der Quelle spiritueller Kraft, meditiert oder denkt nach, hält die Ergebnisse seiner Überlegungen/Eingebungen/Ideen/Erleuchtungen zeitgemäß fest, kehrt zurück und hat plötzlich etwas Beängstigendes an sich. Das Licht des Schöpfers hat auf ihn abgefärbt, dieses Licht, das so hell ist, dass es weh tut, weil es eben weh tut, wenn alles ausgeleuchtet wird, weil dann die Wahrheit ans Licht kommt. Und mit der Wahrheit kommt die Scham, das Bedauern, das schlechte Gewissen und die Angst vor Konsequenzen.

Kennen Sie das? Menschen, die so gut sind, dass sie einen damit krank machen? Also nicht Leute, die gute Entscheidungen treffen, ihren Verstand benutzen und konsequent nach gewissen moralischen Grundsätzen leben.
Ich meine diese Leute, die immer immer alles alles richtig machen und das auch wissen und dann gönnerhaft lächeln, wenn du es nicht ganz so richtig machen kannst wie sie, weil du es eben nicht kannst, weil du nicht so perfekt bist, aber das tolerieren sie, weil sie ja so gut sind...denen geht man dann besser aus dem Weg.

Und dann gibt es diese Leute, die sich selbst für von der Wahrhaftigkeit er- und ausgeleuchtet halten und in ihrer Selbstwahrnehmung alles überstrahlen, die in der Außenwahrnehmung aber eher verstrahlt sind und denen so manche*r Psycholog*in eine ausgewachsene Religionspsychose bescheinigen würde - oder zumindest ein Neuröschen.

Und dann gibt es natürlich diejenigen, die wirklich Dinge verstanden haben und die das nicht eitel für sich behalten, sondern mit anderen teilen wollen, um zu retten, zu heilen, sich für das Wohl aller einzusetzen. Die - so wie Mose - noch nicht einmal merken, dass sie eine unglaubliche Ausstrahlung besitzen, die manche Menschen in ihren Bann zieht, anderen aber Angst macht.

Es gelingt nicht immer, die Strahlenden von den Verstrahlten zu unterscheiden. Denn auch die Strahlenden verunsichern und konfrontieren uns mit unserer eigenen Unvollkommenheit. Das wollen wir nicht. Denen gehen wir aus dem Weg und wir wenden uns ab.

Und was tut die Lichtgestalt? Pragmatisch und uneitel verbirgt er den Glanz der von ihm ausgeht. Er trägt sein Wissen, seine Macht und seine Überlegenheit nicht wie eine Monstranz vor sich her, er verschont seine Mitmenschen und macht sich wieder nahbar.

Vielleicht ist das ein gutes Rezept in den unruhigen Zeiten, in denen wir leben, Menschen zu begegnen, denen der gesunde Menschenverstand abhanden gekommen ist, die einfach Tatsachen ignorieren und diejenigen, die unbequeme Wahrheiten aussprechen, direkt an die Wand stellen wollen, die sich von klugen, eloquenten, wissenschaftlich argumentierenden Erfolgsmenschen geblendet fühlen, bis es weh tut. Die nicht mit der eigenen Unzulänglichkeit, den Fehlern und der Schuld oder Verantwortung konfrontiert werden wollen, für die die Wahrheit ein Grauen ist, dem sie nicht ins Gesicht sehen können.

Eine Maske aufsetzen, um nahbar zu sein, um andere Menschen erreichen zu können, auch die mit dem zerbrechlichen Selbstwertgefühl.
Ich weiß nur nicht, was für eine Maske das wäre, mit welchen Inhalten diese Metapher zu füllen wäre, aber vielleicht fällt mir dazu ja noch etwas ein. Oder Ihnen.

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Samstag, 22. Januar 2022
Let the story begin at the end - Matthäus 8, 5-13
"Ich war von einem Moment auf den anderen wieder fit."
"Und was hat Sie geheilt?"
"Wenn ich das wüsste. Mein Chef hat da angeblich irgendwas gedreht, aber ich habe gar nicht mitbekommen, was er da eigentlich gemacht hat. Frag ihn doch mal."

"Ach, ich war beim Heilpraktiker und der hat gesagt, geh zurück zu deinem Angestellten. Der wird wieder. Das hat er Dir zu verdanken. Du hast dich an den Richtigen gewandt."
"Wie, der hat den Kranken geheilt, ohne ihn anzusehen?"
"Ja, einfach so, per Ferndiagnose"
"War Ihnen das vorher klar?"
"Ja. Ich wusste, dass der das hinbekommt."
"Warum wussten Sie das?"
"Er ist Profi, genau wie ich. Er weiß was er tut. Ich bin Top Manager und wenn ich einem von meinen Leuten sage, kümmere dich um diesen Kunden oder bring jenes Projekt voran, dann tut er es. Er ist erfolgreicher Heilpraktiker, also bin ich zu ihm, um ihn um Rat zu fragen. Sein Ruf eilt ihm voraus."
"Haben Sie ihn denn nicht konsultiert, damit er sich Ihren Angestellten ansieht?"
"Das war gar nicht nötig. Ich wollte ihn nicht von der Arbeit abhalten. Ich konnte ja die Symptome genau beschreiben. Was sollte er sich da extra auf den Weg machen?"
"Wollte er denn einen Hausbesuch machen?"
"Doch, ja, er hat es direkt angeboten."

In der alten Geschichte vom Hauptmann von Kapernaum geht es um bedingungsloses Vertrauen. Das passt vielleicht nicht immer, aber es kann ein gutes Rezept für den Umgang mit anderen sein. Um Hilfe bitten, anderen vertrauen, dass sie etwas hinbekommen, jemandem etwas zutrauen, einen Vertrauensvorschuss geben. In der Pädagogik mit Kindern und Jugendlichen eine vielfach bewährte Methode, den Heranwachsenden zu helfen, die eigenen Stärken zu entdecken und zu entwickeln. Doch auch für Menschen im fortgeschrittenen Alter kann diese Methode hilfreich sein, nicht immer alles allein hinbekommen wollen, sich Unterstützung holen und anderen die Chance geben, zu zeigen, was in ihnen steckt.

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