Samstag, 8. Januar 2022
Gamechanger
Vor einem Jahr kam es in den USA zum Sturm auf das Capitol. Auf telegram rufen Faschisten dazu auf, Politiker zu ermorden, in mehr als 250 Fällen in einem Zeitraum von nur zwei Monaten, unwidersprochen auch in Chats mit mehr als 50000 Mitgliedern. Rechtsextremisten versuchen wie vor hundert Jahren durch brutale Einschüchterung gewaltsam die Macht an sich zu reißen und der Mehrheit ihren Willen aufzuzwingen. Ich wünsche mir einen Staat, der ihnen entschieden entgegentritt. Keinen Fußbreit den Faschisten. Null Toleranz.

Ja, ich glaube wirklich, dass man ihnen entschieden entgegentreten muss. Nur muss man sich davor hüten, die Situation eskalieren zu lassen. Das ist nicht einfach. Ich wünsche mir einen Gamechanger. Ein Ereignis, eine Bewegung, irgendwas. Ich gebe zu, dass auch Gewaltphantasien dabei eine Rolle spielen, weil ich so empört bin, mich so ohnmächtig fühle, denn ich kann niemanden verhaften, verprügeln, einsperren, verbannen. Ist bestimmt auch besser so.

Was wäre der richtige Weg? Die Peitsche schwingen? Auslachen? Ignorieren? Ich weiß es nicht. Aber die Gegengewalt, die sich in meinen Phantasien aufdrängt, ist es sicher nicht. Im Predigttext für den 1. Sonntag nach Epiphanias, in dem der Prophet Jesaja beschreibt, wie Gott seinen ersten Diener vorstellt, stehen zwei umwerfende Verse:

"Er schreit nicht und ruft nicht laut. Seine Stimme schallt nicht durch die Straßen. Ein geknicktes Schilfrohr zerbricht er nicht. Einen glimmenden Docht löscht er nicht aus."
(Jesaja 42, 2f)

Wir brauchen Intelligenz. Humor. Phantasie. Empathie. Sensibilität. Liebe. Mut und Kraft. Und wir müssen drüber reden. Immer wieder.

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