Donnerstag, 14. März 2019
Thermowichs
Gestern lief im WDR-Fernsehen eine Sendung, die ich nur verfolgte, weil ich nach der Tagesschau zu faul zum Umschalten war. So erreichte mich die irritierende Nachricht, dass es im Internet einen Shitstorm gegen die Firma Vorwerk gibt, weil der neueste Thermomix viel zu früh auf den Markt kommt. Ich konnte mir beim besten Willen nicht erklären, was da vor sich geht, wurde dann aber aufgeklärt.
Diese völlig überteuerte Hochleistungs-Küchenmaschine mit Entmündigungsfunktionen für kulinarisch Unfähige wird regelmäßig optimiert. Das Gerät ist an sich ein Statussymbol – und so wie Tupperware nur bei Verkaufsveranstaltungen zu erwerben – wer aber ganz weit vorne sein will, der braucht natürlich die aktuellste Version, sonst ist man in der Peergroup direkt unten durch. Viele hatten sich das Geld für den neuesten Thermomix zum Weihnachtsfest vom Munde abgespart und sich vergewissert, dass dieses Modell mindestens für die nächsten zwei Jahre der neueste Schrei sei. Und nun das: Jetzt kommt das total durchoptimierte Gerät auf den Markt: Leiser, komfortabler in der Handhabung, schicker, teurer. Das hat die, die ihre Seele dafür verkaufen, immer das allerbeste zu besitzen, unendlich erbost.

Haben die noch alle Latten am Zaun? Was ist los mit diesen Leuten? Ein derartiges Suchten nach High-End-Produkten zieht sich ja durch den gesamten Elektronik-Markt: Playstation, Smartphones, Fernseher, Laptops, Dampfbügeleisen… und Autos natürlich. Mal abgesehen davon, dass diese konsumgeilen Warenfetischist*innen nur von zwölf bis Mittag denken und völlig außer Acht lassen, dass uns allmählich die Ressourcen ausgehen, unser Planet im Müll erstickt und sich immer weiter aufheizt bis uns bald alles um die Ohren fliegt:
Warum ist es so wichtig, immer das Größte, Beste, Schnellste und Wertvollste zu besitzen? Zufrieden macht es offenkundig nicht, es ist ja ein permanentes Nachjagen wie im Märchen von Hase und Igel: Der Hase ist der Konsument*in, der Igel, das sind die Produzent*innen, die sich an der Berechenbarkeit ihrer Kund*innen eine goldene Nase verdienen und sich ins Fäustchen lachen. Alle anderen können dabei nur verlieren.

Aber was versprechen sich die Käufer*innen davon? Sie wären selbst gern der Höchste, die Größte, der von allen bewundert wird, auf die alle hören. Mit den Statussymbolen wollen Menschen sich selbst aufwerten, weil sie im Grunde wissen, dass sie kleine Würstchen sind. Je kleiner das Würstchen, desto härter der Kampf um Bedeutung und Anerkennung. Und mit dieser Bedeutung und Anerkennung versuchen sie, ihre kranken Seelen zu heilen – und scheitern täglich.

Es gibt dazu eine schöne Geschichte in den Evangelien, die vom Rangstreit unter den Jüngern. (Mt 18,1-5; Mk 9,33-47; Lk 9 46-50) Sie streiten darum, wer unter ihnen der Größte ist. In der Markusversion sagt Jesus dazu: „Wenn jemand will der Erste sein, der soll der Letzte sein von allen und aller Diener.“

Allen dienen? Wie geht das? Einkäufe erledigen, Schuhe putzen, Tasche tragen? Der Prophet Jesaja hat einen Text über falsches und echtes Fasten verfasst. Passt gut in die gegenwärtige Passionszeit. Er lehnt die Selbstkasteiung, das selbst gewählte Leiden, den Verzicht um des Verzichts willen kategorisch ab. Aber er bringt deutlich auf den Punkt, was es heißt, anderen zu dienen.

Jesaja 58, 6-8:
„Das aber ist ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: ungerechte Fesseln öffnen und des Joches Stricke lösen, die Bedrückten frei entlassen und jegliches Joch zerbrechen. Dein Brot dem Hungrigen brechen und obdachlose Arme aufnehmen in dein Haus; den Nackten, den du siehst, bekleiden und dich deinen Mitmenschen nicht entziehen. Dann bricht wie Morgenröte dein Licht hervor, schnell wird deine Heilung sprossen.“

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