Sonntag, 7. Oktober 2018
Liebe
"Ich beschwöre euch, ihr Töchter Jerusalems, dass ihr die Liebe nicht aufweckt und nicht stört, bis es ihr selbst gefällt."
Lesung Hoheslied 8, 4

Sonja kriegt immer rote Ohren, wenn Louis sie angrinst. Luna findet, es ist Zeit, den beiden auf die Sprünge zu helfen und Louis zu stecken, dass Sonja auf ihn steht, damit er mal was macht.

Johann verbringt gern viel Zeit mit Max. Manchmal fragt er sich, ob er sich nicht doch eher zu Männern hingezogen fühlt als zu Frauen, aber er hat überhaupt keine Ahnung, wie das bei Max ist, darum ist er auch ziemlich pissig, wenn jemand von außen Witze macht, dass die beiden wie ein schwules Pärchen rüber kommen.

Janine ist schon lange scharf auch Lukas, aber sie ist sehr vorsichtig und lässt es ganz langsam angehen. Nach einem halben Jahr tut sie einen mutigen Schritt, sie lädt ihn zum Geburtstag ein und er sagt zu. Zwei Tage später erzählt ihr eine Freundin, dass eine andere Freundin Lukas anvertraut hat, Janines Geburtstagsparty werde sterbenslangweilig und sie gehe auch nur da hin, weil sie sie so lange kenne und nicht verletzen wolle.

Karsten hatte noch nie eine Freundin, seine Kumpels sind alle schon lange in festen Händen. Adrian organisiert einen lustigen Abend zu viert: Karsten, Adrian, Adrians Freundin und eine Freundin der Freundin, die noch Single ist.

Sabrina und Carina sind unzertrennliche Freundinnen – seit kurzem sind sie auch ein Liebespaar, möchten das aber noch nicht an die große Glocke hängen. Nun hat Irina sie aber beim Küssen beobachtet und erzählt das überall rum.

Obwohl Niklas und Anna-Lena kein Paar sind, machen sie oft etwas zusammen, so oft, dass es allen auffällt. Ständig müssen sie sich zweideutige Bemerkungen anhören und scheele Blicke ertragen.


Wie steht ihr zu diesem Vers, der sagt, dass man die Liebe weder aufwecken noch stören soll, bis es ihr selbst gefällt? Könnt Ihr damit etwas anfangen? Mir fällt dazu ein Bild von einem zarten Pflänzchen ein. Die allzu Eifrigen, die den vermeintlich bei der Liebe zu langsam Vorgehenden auf die Sprünge helfen wollen, wirken wie zu viel Dünger, das zarte Pflänzchen kann das gar nicht verarbeiten und verbrennt. Die Spötter und Lästerer, die sich nicht raushalten können, ihre Beobachtungen unbedingt rausschreien müssen, um sich überlegen zu fühlen, sind wie achtlose Tölpel, die einfach alles platt trampeln. Das Pflänzchen wird zerdrückt oder geknickt und stirbt.

Ich habe dazu dieses Gebet formuliert:

Gott, unser Schöpfer und Begleiter,
wir danken Dir, dass Du uns die Liebe gegeben hast,
sie macht unser Leben reich, aufregend, warm und fröhlich.

Manchmal ist die Liebe auch eine schmerzliche Erfahrung,
dann würden wir gern auf sie verzichten.

Obwohl wir wissen, wie stark das Gefühl der Liebe sein kann,
nehmen wir sie bei anderen Menschen oft nicht ernst,
lachen sie aus, demütigen und verletzen sie.

Gib uns gegenüber anderen die Feinfühligkeit, die wir selbst erleben möchten.
Schenk uns und allen Menschen ein Leben voll von Liebe,
voll von guten und auch schwierigen Erfahrungen,
so dass wir am Ende unseres Lebens sagen können,
dass die Liebe unser Leben erfüllt hat.
Amen

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