Samstag, 16. Dezember 2023
Hat sich seit 2000 Jahren nichts geändert
Einen schönen, facettenreichen Predigttext gibt es am 3. Adventssonntag:

https://www.bibleserver.com/HFA/Matth%C3%A4us11%2C2-20

Meine Gedanken dazu sind leider etwas unfertig.

In den Versen 2-3 geht es darum, dass Johannes der Täufer unsicher ist, ob sein entfernter Verwandter - Jesus von Nazareth - wirklich der richtige Messias ist, obwohl er ihn selbst als solchen erkannt und getauft hat.
Warum zweifelt er? Hat er einen Feldherren erwartet, der mit Sturm und Donner das Land überrollt, die Besatzer verjagt, alle "Bösen" bestraft? War ihm der sanfte Prediger, Zuhörer und Heiler zu weichgespült, zu leidenschaftslos oder gar zu machtlos?

In den Versen 4-6 erklärt Jesus, dass seine Zeichen und Wunder für ihn sprechen, besser, man ist auf seiner Seite.
Man kann auch heute meist deutlich sehen, wer in der Politik wirklich arbeitet, zum Wohl der Mehrheit, nachhaltig, verantwortungsbewusst und menschlich. Es wäre besser, wenn dann die Mehrheit auch auf der Seite solcher gestaltungsfähigen Menschen wäre.

In den Versen 7-10 erklärt Jesus Johannes zum großen Propheten, seinen Wegbereiter.
Johannes sei der bedeutendste aller bisher geborenen Menschen, aber der Geringste im Reich Gottes sei größer als er. Was meinte Jesus wohl damit?
War Johannes nicht im Reich Gottes, weil er an Jesus zweifelte? Fehlte ihm die Liebe und Empathie für seine Mitmenschen, war er vielleicht ein Besserwisser, ein spiritueller und intellektueller Snob? Es ist interessant, wenn man einen Menschen für großartig und gleichzeitig geringfügig erklärt. Jesus betont die großen Stärken und gleichzeitig die große Schwäche seines Wegbereiters. Er ist unverzichtbar, aber unvollkommen. Es sind nicht nicht die Starken und Berühmten, die Anführer und Revolutionäre, die am Ende ihren inneren Frieden finden. Sie zahlen wirklich einen hohen Preis.

In Vers 12 erklärt Jesus, dass das Reich Gottes kontinuierlich näher kommt, auch wenn es immer Menschen gibt, die das mit Gewalt verhindern wollen.
Auch wenn ich als alternde Person gelegentlich unter Früher-war-alles-besser-Schüben leide, denke ich, dass die Welt in Wirklichkeit tatsächlich immer ein bisschen besser wird, menschlicher, gewaltärmer, gerechter - auch wenn das angesichts von Kriegen, Hunger und Elend wie Hohn klingen mag, aber tatsächlich war doch etliches in der Vergangenheit um vieles schlimmer. Es gibt eben immer noch die, die eine bessere Welt mit Gewalt verhindern wollen.

In den Versen 13-14 weist Jesus darauf hin, dass von diesem Reich Gottes in allen jüdischen Schriften die Rede ist und es sich bei Johannes um den reinkarnierten Elia handelt. "Seid aufmerksam!", lautet seine Botschaft.
Das ist genau das, was uns auch heute noch fehlt: Aufmerksamkeit an der wesentlichen Stelle, im richtigen Moment. Wie abgelenkt wir sind von viel zu viel überflüssigem Ballast

In den Versen 16-19 kritisiert Jesus die modernen Menschen und es könnte sich dabei ebensogut um die von heute handeln. Sie sind beleidigt, wenn man nicht ihren Vorstellungen entspricht, sich nicht ihren kulturellen Gepflogenheiten, Meinungen, Gefühlslagen und aktuellen Wertvorstellungen anpasst. Wer nicht ins Schema passt wird kategorisch abgelehnt. Der asketische Johannes ist irre, weil er in Askese lebt, der gesellige Jesus ist ein Fresser und Säufer, weil er isst und trinkt wie normale Menschen. Auch diese Mentalität vernebelt den Blick, verhindert Aufmerksamkeit

Und auch die in Vers 20 beschriebene Ignoranz gegenüber dem Offensichtlichen gab es schon damals. Jeder macht sich seine eigene Welt und diese Sicht ist unerschütterlich, unangefochten von der Realität.

Manchmal würde ich mein Leben gern entrümpeln, tue mich nur so schwer mit den Entscheidungen. Vielleicht fange ich morgen damit an. 🤩

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Samstag, 9. Dezember 2023
Nur Geduld - es brennt ja schon die 2. Kerze
Der Predigttext für den zweiten Advent steht Apk 3,7-13:
Diese Auslegung ist fast ein Plagiat. Ich habe die Predigt von Dr. Wolfgang Vögele gelesen, von 2021, auf einer Webseite der Universität Zürich und fasse sie hier nur zusammen, denn der Predigttext, der diesmal ausgeschrieben ist, erscheint mir besonders schwierig.

„Dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf: Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und meinen Namen nicht verleugnet. Siehe, ich werde schicken einige aus der Synagoge des Satans, die sagen, sie seien Juden, und sind’s nicht, sondern lügen; siehe, ich will sie dazu bringen, daß sie kommen sollen und zu deinen Füßen niederfallen und erkennen, daß ich dich geliebt habe. Weil du mein Wort von der Geduld bewahrt hast, will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die auf Erden wohnen. Siehe, ich komme bald; halte, was du hast, daß niemand deine Krone nehme! Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“

In diesem Brief aus der Offenbarung, verfasst von Johannes von Pathmos, geht es nicht um den Advent sondern um das Ende der Welt, wie wir sie kennen.
Er richtet sich an eine Gruppe von Christ:innen, die Verfolgungen ausgesetzt sind. Kein Kontext für Vorfreude.

Lassen wir die Passage über die „Synagoge des Satans“ außen vor. Es geht um Wichtigeres.
Zum Beispiel um diesen Vers: „Weil du mein Wort von der Geduld bewahrt hast, will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung (…).“

Geduldigsein. Gerade in Zeiten der Verfolgung ist das schwierig, aber auch überlebenswichtig.

Geduld braucht man in so vielen Alltagssituationen: auf etwas warten, Schlange stehen. Wer ungeduldig ist verbreitet Unruhe, schadet damit anderen und tut sich selbst nicht gut.
Diese kleine Geduld lässt sich mit Selbstdisziplin meistern. Was ist aber mit der großen Geduld, mit einer allgemeinen Gelassenheit als Lebenseinstellung?

Das Gegenteil davon ist: Ich will alles, jetzt und sofort. Ich muss immer den kürzesten, direkten Weg nehmen. Mir muss alles gelingen. Ich muss alle Gelegenheiten, die sich mir bieten unerschöpflich ausnutzen, das Beste für mich herausholen.
Diese Ungeduld entsteht vor allem aus der Angst vor Verlust und Unterversorgung. Was fehlt, ist ein gewisses Urvertrauen in das Leben, die Menschheit, die Mächte des Himmels.

Die Geduld kann warten, darf nicht alles schaffen, darf Fehler machen und Umwege gehen. Diese Gelassenheit entsteht aus dem Vertrauen, dass sich alles finden wird, dass man getragen wird von anderen Menschen, vom Universum oder von Gott.

Geduld bedeutet aber nicht, sich alles gefallen zu lassen. Es gibt Dinge, um die muss man sich aktiv kümmern. Aber es gibt eben auch Dinge, auf die man keinen Einfluss hat.

Das bedeutet auch, dass der "liebe Gott" nicht der Weihnachtsmann ist, dass ich die göttliche Wahrheit nicht in ihrer Komplexität begreife und dass ich meistens nichts von den Kräften des Himmels spüre - nur ganz selten vielleicht, in besonderen Momenten, auf deren Kommen und Gehen ich keinen Einfluss habe.

Johannes lobt die Gemeinde in Philadelphia für ihre Geduld. Die Christ:innen blieben bei ihrem Bekenntnis trotz Bedrohung und Verfolgung. Er schreibt aber auch davon, die Christinnen und Christen hätten nur eine „kleine Kraft“ besessen. Warum hatten sie trotzdem diese Stärke?
Es könnte eine Sache des Charakters sein oder eine Sache des Willens.
Aber es ist wohl eine Sache des Glaubens, speist sich mehr aus dem Gefühl als aus der planvollen Entschlossenheit, etwas zu schaffen. Dieses Gefühl wuchs vielleicht aus der Erfahrung. Es war noch nicht so lange her, dass Jesus von Nazareth predigend, heilend und helfend durch die Lande gezogen war. Die Geschichten waren noch ganz frisch. Er hat den Menschen ein neues Gottesbild vermittelt, das von einem liebenden, geduldigen und barmherzigen Gott. Das mag das Vertrauen der Christ:innen von Philadelphia gestärkt haben.

Wir feiern den zweiten Advent. Wir hoffen auf das Ende der Kriege, auf eine bahnbrechende Wende in der Klimapolitik, auf den Rückzug der Despot:innnen.

"Wir warten auf Weihnachten, an dem wir die Geburt des kleines Kindes feiern, in dem sich Gott gezeigt hat wie in keinem anderen Menschen. Daraus lässt sich unendlich viel Kraft schöpfen und Geduld gewinnen, Geduld, die jeder von uns brauchen kann, um seine kleine Kraft weiterzuentwickeln."
(Dr. Wolfgang Vögele)

Ihnen allen einen gesegneten 2. Advent

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Freitag, 1. Dezember 2023
Wir brauchen keinen starken Mann


https://www.bibleserver.com/GNB/Psalm24

Ein Text aus uralter Zeit. nicht zeitgemäß. Wer will denn heute noch einen streitbaren Heerführer, der durch ehrwürdige Tore einzieht?
Leider wollen das aktuell immer mehr Menschen. Weil sie wollen, dass endlich jemand ratz fatz alle Probleme löst. Dass das nicht funktioniert, wollen sie nicht wahrhaben.

Und so war es auch schon in der uralten Zeit. Kriege, Hunger, Elend, Vertreibung, Unterdrückung, Ausbeutung, das hörte nie dauerhaft auf.

Und dann klingt der altmodische Psalm plötzlich ganz aktuell in meinen Ohren. Es gibt nur einen König /Anführer / Retter / Problemlöser, der es schafen kann: der dreieinige Gott.

Kein donnernder General mit schlagkräftiger Streitmacht. Dieser Gott schläft in jedem von uns. Wir müssen ihn wecken, zur Welt bringen, damit er wirken kann.

Wir brauchen Politiker:innen, Diplomatie, Journalismus, Infrastruktur, Produktion, Handel, Wissenschaft und Forschung.
Wir brauchen Kunst, Musik, Philosophie und Poesie.

Aber wir brauchen auch Liebe, Empathie, Barmherzigkeit und Vergebung.

Sonst wird das nie was.

Einen schönen ersten Advent!

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